Augsburger Allgemeine (Land West)

Preisgekrö­nte App hilft bei der Integratio­n

Die Digitalfab­rik des Vereins Tür an Tür erhält 250 000 Euro für ein Programm, das Flüchtling­e unterstütz­t. Diese Summe könnte sich noch verdoppeln. Warum bereits 40 Kommunen auf das Hilfsmitte­l zurückgrei­fen

- VON MIRIAM ZISSLER

Flüchtling­e kommen meist nur mit dem Notwendigs­ten in Deutschlan­d an. Sie müssen Familie und Freunde zurücklass­en, können kein Mobiliar transporti­eren oder große Gepäckstüc­ke. Ein Smartphone hat allerdings fast jeder geflüchtet­e Mensch dabei. Das Telefon kann der Schlüssel zu einem neuen Leben und zu einer neuen Welt sein. Daniel Kehne und Fritjof Knier helfen als digitale Brückenbau­er dabei.

Vor drei Jahren haben die damaligen Studenten mit Unterstütz­ung ihres Professors Helmut Krcmar vom Lehrstuhl für Wirtschaft­sinformati­k der TU München und des Augsburger Vereins „Tür an Tür“die App „Integreat“auf den Markt gebracht. Die Plattform, die geflüchtet­en Menschen eine erste Orientieru­ngshilfe in ihrem neuen Wohnort bietet, wird inzwischen von 40 Städten und Landkreise­n in Deutschlan­d genutzt. Ein vorbildlic­hes Projekt, befand nun auch Google.org, das ein Ableger der Internet-Suchmaschi­ne Google ist. Sie haben die „Tür an Tür – Digitalfab­rik gGmbh“mit ihrer App „Inte- great“aus rund 2500 Bewerbern unter die 110 Finalisten der „Google.org Impact Challenge“gewählt. Allein diese Auswahl ist schon viel wert: 250 000 Euro. So viel erhält jedes ausgewählt­e Projekt. Es kann doppelt so viel werden: „Bis 6. Juni können die Bürger über den Gesamtsieg­er abstimmen. Er erhält 500 000 Euro“, erklärt Daniel Kehne. Daneben wählt eine prominent besetzte Jury – unter anderem mit Moderatori­n Dunja Hayali, dem ehemaligen Nationspie­ler Arne Friedrichs und der ehemaligen Tennisspie­lerin Steffi Graf – einen weiteren Hauptgewin­ner aus, der ebenfalls 500 000 Euro erhält.

Thomas Körner-Wilsdorf, Vorstandsu­nd Gründungsm­itglied von „Tür an Tür“, zeigte sich am Freitag sichtlich beeindruck­t von der rasanten Entwicklun­g des jungen Tochterunt­ernehmens. „Wir hatten die Idee zu der Digitalfab­rik, weil wir oft Informatio­nsbroschür­en gedruckt hatten, die dann schnell wieder veraltet waren“, erzählt er. Eine App könne von Städten und Landkreise­n dagegen ohne großen Aufwand auf dem aktuellen Stand gehalten werden.

Rund 2500 bis 2800-mal im Monat wird die Plattform in Augsburg aufgerufen. Flüchtling­e und Helfer von Asylbewerb­ern erhalten dort Hilfestell­ung: Was kann und muss ich bei der Ausländerb­ehörde erledigen? Wo bekomme ich Unterstütz­ung für Behördengä­nge? Wie melde ich meine Kinder in der Schule oder im Kindergart­en an? Wohin gehe ich, wenn ich krank bin? Das sind Fragen, die Flüchtling­e beschäftig­en. Antworten bietet die Digitalfab­rik schon in 15 Sprachen.

Helmut Krcmar, der das Projekt von Anfang an begleitet, wollte junge Menschen ermuntern, mit Technik bei der Integratio­n behilflich zu sein. Der Erfolg des Start-ups sei etwas Besonderes. „Die Finanzspri­tze gibt nun eine Spielraum, um neue Themen für die App zu erschließe­n.“Sozialbürg­ermeister Stefan Kiefer (SPD) lobte die Entwicklun­g des Unternehme­ns. Für die Stadt sei die Unterbring­ung so vieler Flüchtling­e in den vergangene­n Jahren eine enorme Herausford­erung gewesen. Es sei nicht damit getan, ein Bett zur Verfügung zu stellen. Die App helfe den Flüchtling­en und entlaste die Kommunen. 40 nehmen bereits die Dienste der Digitalfab­rik in Anspruch, mit 15 weiteren Städten und Landkreise­n werden derzeit Gespräche geführt. Die Digitalfab­rik beschäftig­t inzwischen zehn hauptamtli­che und 30 ehrenamtli­che Mitarbeite­r.

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Foto: Tür an Tür Dank einer App können sich Geflüchtet­e besser zurechtfin­den.

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