Augsburger Allgemeine (Land West)
Behinderte in die Familie aufnehmen
Gastfamilien werden gesucht, die Interesse am Projekt „Betreutes Wohnen in Familien“haben. Monika Lutz erläutert, was wichtig ist und wer dafür in Frage kommt
Meitingen/Lechtal Die Idee klingt gut: Menschen mit Behinderung in Gastfamilien unterzubringen statt in einer stationären oder ambulant betreuten Einrichtung. Das Ziel: Wohnräume für erwachsene Menschen mit Behinderung in einem familiären Umfeld schaffen. Denn genau dieses alltägliche Miteinander in einer Familie müssen behinderte Menschen oft entbehren. Im September 2017 wandte sich die Stiftung Sankt Johannes mit dem neuen Projekt „Betreutes Wohnen in Familien“an die Öffentlichkeit im Landkreis Augsburg-Nord.
Vom Bezirk Schwaben soll das Projekt drei Jahre lang finanziell gefördert werden. Monika Lutz ist die zuständige Projektleiterin für das neue Wohnkonzept und hat damit keine leichte Aufgabe übernommen, denn bisher war die Resonanz auf den Aufruf eher gering. „Es ist natürlich nicht einfach, einen Menschen mit Behinderung in den eigenen Familienalltag einzubinden“, räumt Monika Lutz im Gespräch mit unserer Zeitung ein. Doch es könne auch eine emotionale Bereicherung für alle Beteiligten sein, gibt sie zu bedenken und will die Hoffnung noch nicht aufgeben, dass sich das Projekt doch noch realisie- lasse. „Die Chemie zwischen allen Beteiligten muss natürlich stimmen“, nennt Lutz die wichtigste Voraussetzung.
Persönliches Engagement sei ebenfalls vonnöten, denn die behinderten Menschen haben mitunter Unterstützungsbedarf. Alltagsbegleitung in lebenspraktischen Fragen wie Wäsche waschen, einkaufen oder ab und zu zusammen kochen sei ebenso gefragt wie die Einbindung in den Familienalltag.
Die Stiftung Sankt Johannes sucht also Familien, die sich ein Zusammenleben mit einem Menschen vorstellen können, der eine psychische Erkrankung oder geistige Behinderung hat. Die Gastfamilien können mit und ohne Kinder sein, auch Lebensgemeinschaften und Einzelpersonen kommen infrage.
Eine Ausbildung müssen sie nicht haben. Denn die Familie und ihr behinderter Gast werden nicht alleine gelassen, sondern regelmäßig von Fachkräften begleitet und unterstützt. Auch bei Fragen und Probleren men stehen diese Fachkräfte allen Beteiligten zur Seite. Möglich ist eine enge Integration genauso wie ein offenes nachbarschaftliches Zusammenleben. „All das wird individuell vereinbart“, erläutert Monika Lutz.
Vorhanden sein muss ein geeignetes möbliertes Zimmer oder Appartement, eine Einliegerwohnung oder etwas ähnliches. Eine Aufsichtspflicht hat die Familie jedoch nicht. Lutz: „Das Fachteam ist da und steht im Hintergrund bereit, zum Beispiel bei Krisen.“Und wenn es nicht mehr gehe, dann sei auch ein schneller Auszug möglich.
Bei den Behinderten, die in Familien vermittelt werden sollen, handele es sich aber um Menschen, die selbstständig wohnen und sich relativ gut selbst versorgen könnten, betont Lutz. Sie erhalten zudem als Betreuung einige Male in der Woche sogenannte Fachleistungsstunden, die der Bezirk Schwaben zahlt.
Angedacht ist zudem ein regelmäßiger Austausch der beteiligten Familien und Fortbildung. Die Familien erhalten ein Betreuungsgeld von bis zu 578 Euro im Monat sowie eine Kostenpauschale für Verpflegung und Unterkunft.
In Baden-Württemberg und anderen bayerischen Bezirken gibt es das Modell „Betreutes Wohnen in Familien“schon länger. „Auch dort ist es nicht leicht, Menschen dafür zu interessieren“, weiß Monika Lutz. Doch als Belohnung gehe mit diesem inklusiven Zusammenleben in einem Haushalt oft eine große emotionale Bereicherung aller Beteiligten einher.
OWer Interesse hat, Wohnraum für Behinderte anzubieten, wendet sich an Monika Lutz per Mail: bwf@sanktjohan nes.com oder telefonisch unter der Nummer 0906/70010350.