Augsburger Allgemeine (Land West)

Bei Errdeka geht alles Schlag auf Schlag

Gerade hat der Rapper seine Tour beendet, da steht sein nächstes Konzert in seiner Heimatstad­t an. Die vielfach diskutiert­e Textzeile von Farid Bang und Kollegah findet er geschmackl­os. Aber ihn stört, wenn jetzt auf Rap-Musik „herumgetra­mpelt“wird

- Im März haben Sie Ihr drittes Album „Solo“herausgebr­acht, vergangene Woche ihre Tour in ihrer Heimatstad­t Augsburg beendet und arbeiten jetzt schon wieder an einem Mixtape. Das geht gerade ganz schön Schlag auf Schlag. Ihr gemeinsame­s Lied „Funkeln“hört s

Errdeka: Das stimmt. Zwischen meinem Album „Rapunderdo­g“und dem „Solo“-Album habe ich mir ein bisschen lang Zeit gelassen. Das waren zweieinhal­b Jahre. Da bin ich in mich gegangen und habe mich weiterentw­ickelt. Das hat Zeit in Anspruch genommen. Dann waren gefühlt 80000 neue Rapper am Start, als ich mich zurückgeme­ldet habe. Jetzt will ich schneller nachlegen.

Wann erscheint dann das nächste Mixtape?

Errdeka: Das soll im Sommer erscheinen. Zwölf Tracks sind schon fertig. Aber es geht nicht mehr um neues Album oder neues Mixtape. Es geht eigentlich nur noch um Songs. Das Konsumverh­alten von Musik hat sich total verändert.

Wie meinen Sie das?

Errdeka: Früher bin ich auch noch in den Laden gegangen und habe mir ein neues Album gekauft, das auf den Markt kam. Dann habe ich es mir zu Hause komplett angehört. Das macht heute niemand mehr. Heute nutzen die Leute Streamingd­ienste wie Spotify oder Apple Music und speichern sich dann die Songs auf ihrer Playlist ab, die ihnen besonders gefallen. Für einen Künstler bedeutet das, dass er eigentlich kontinuier­lich Output leisten muss, um am Start zu sein.

Wer immer dasselbe abliefert, der ist schnell. Das wollen Sie nicht. Oder?

Errdeka: Nein. „Rapunderdo­g“war ein typisches Hip-Hop-Album. Das kann man immer schnell mal machen. Es kommt aber darauf an, was man für ein Künstler ist. Das Einfachste wäre es doch, immer dasselbe zu machen. Das ist aber nicht mein Anspruch. Für das Solo-Album habe ich beispielsw­eise einen Song mit dem Sänger Oliver Gottwald aufgenomme­n. Da prallen zwei unterschie­dliche Welten aufeinande­r. Doch es ist ein guter Song rausgekomm­en, der von dem Album am zweithäufi­gsten abgerufen wird.

Wie kam es zu der Zusammenar­beit?

Errdeka: Natürlich kenne ich Oliver Gottwald noch aus seiner Zeit als er bei Anajo war. Aber mit der Band habe ich mich damals nicht so intensiv beschäftig­t. Doch dann habe ich das Video „Halluzinat­ionen“von den Augsburger Kegelbahnk­onzerten gesehen und fand ihn total cool mit seiner Kippe in der Hand und habe ihn gefragt, ob wir was zusammen machen wollen. Es gibt in Augsburg viele Leute, die etwas können, da sollte man sich auch gegenseiti­g unterstütz­en. Errdeka: Wir waren in Stuttgart im Studio und Oli hat erst einmal so gesungen wie immer. Ich habe ihm ge- sagt, dass er der Schmutz auf dem Song ist und auch so singen muss. Das Ergebnis finde ich voll cool. Grundsätzl­ich habe ich keine Angst vor Pop und höre mir auch selber Popsongs an, wenn sie gut gemacht sind. Derzeit dominiert Rap-Musik, aber gerade in den Charts steckt in den Rap-Songs doch auch viel Pop drin. Dennoch ist es eine schöne Entwicklun­g: Hip-Hop-Musik ist gerade voll am Start.

Und wird auch heiß diskutiert: Die Echo-Verleihung an Kollegah und Farid Bang hat Proteste ausgelöst. Ihnen wird Antisemiti­smus vorgeworfe­n. Der Rapper Spongebozz, der selber Jude ist, findet die viel diskutiert­e Textzeile zwar geschmackl­os, aber nicht antisemiti­sch. Wie sehen Sie das?

Errdeka: Ich finde die Zeile auch geschmackl­os, aber ich weiß wie die beiden ticken. Die machen das doch aus Kalkül. Sie überschrei­ten Grenzen, um für Aufsehen zu sorgen. Sie provoziere­n, um damit Geld zu machen. Das klappt gut. Im Grunde geht es beim Rap doch immer um Provokatio­n. Das ist nicht neu, die Proteste nach einer Preisverle­ihung auch nicht. Als Bushido den Bambi für Integratio­n erhalten hat, gab es auch viel Kritik. Mich stört, wenn dann insgesamt auf der Rap-Musik herumgetra­mpelt wird.

Natürlich wird beim Rap provoziert; Farid Bang etwa steht schon wieder in den Schlagzeil­en. Diesmal hat er in einem Song-Ausschnitt Alice Weidel, die Co-Vorsitzend­e der AfD-Bundestags­fraktion als „Nazi-Bitch“bezeichnet. Gibt es für Rapper irgendwo Grenzen?

Errdeka: Es gibt kein Regelwerk, das pauschal eingrenzen kann, inwieweit ein Künstler provoziere­n darf. Falls es so etwas geben sollte, müsste es auch bei Buchautore­n, Filmemache­rn, Karikaturi­sten etc. eingesetzt werden. Es obliegt ganz alleine dem, der die Provokatio­n, in welcher Form auch immer, ausdrückt und welche Konsequenz­en er bereit ist, dafür zu tragen.

In Ihren Songs finden Sie auch deutliche Worte, nutzen dafür aber andere Themen. In welchen Bereichen wollen Sie provoziere­n?

Errdeka: In meiner Musik geht es oftmals darum, Leute zum Denken anzuregen. Ich drücke das aus, was viele vielleicht ausspreche­n möchten, aber es nicht in Worte verpacken können. Kommt natürlich auch immer auf die Thematik an.

Sie haben in der Augsburger Kantine das letzte Konzert ihrer Tournee gespielt. Wie war Ihre vierte Tour?

Errdeka: Das war meine größte Tour bislang: Wir waren sechs Wochen unterwegs und haben 20 Konzerte gegeben. Errdeka: Das stimmt. Ich trete dieses Jahr zweimal auf. Einmal zusammen mit Oliver Gottwald auf der Verleihung des Poppreises Roy. Am Freitag trete ich vor Trettmann auf. Da wird Oli sicherlich auch auf die Bühne kommen. Modular ist ein wichtiges Festival für Augsburg. Das Festivalge­lände im Wittelsbac­her Park macht den Charme aus.

Was sind hier Ihre Lieblingsp­lätze?

Errdeka: Ich bin total gerne im CityClub und im dazugehöri­gen Café. Das Hallo Werner ist auch ein Lieblingss­pot von mir. Ich mag an Augsburg, dass man überall schnell ist.

In welche Richtung werden Sie sich nun auf Ihrem neuen Mixtape weiterentw­ickeln?

Errdeka: Das Tape wird von dem Augsburger Elektro-DJ Daniel Bortz produziert, der auch immer mal wieder etwas im Bereich HipHop macht. Das werden ganz neue Beats sein.

Der Augsburger Rapper Errdeka heißt Raphael Endraß und ist 27 Jahre alt. Seinen Job als Grafikdesi­gner hängte der gelernte Mediengest­al ter vor fünf Jahren an den Nagel, um sich ganz der Musik zu widmen.

 ?? Foto: Bernd Rottmann ?? In der Kantine gab Rapper Errdeka das Abschlussk­onzert seiner Tour. Es war seine größte Tournee bislang, doch eine Pause gönnt sich der 27 Jährige jetzt nicht: Sein nächster Auftritt ist auf dem Modular Festival kommende Woche.
Foto: Bernd Rottmann In der Kantine gab Rapper Errdeka das Abschlussk­onzert seiner Tour. Es war seine größte Tournee bislang, doch eine Pause gönnt sich der 27 Jährige jetzt nicht: Sein nächster Auftritt ist auf dem Modular Festival kommende Woche.

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