Augsburger Allgemeine (Land West)
Wenn der Vater gegen den Sohn
Als Trainer des TSV Gersthofen kann Gerhard Hildmann im Kampf um die Landesliga seine beiden Söhne mit dem TSV Aindling in die Bezirksliga schicken
Gersthofen Die Hildmanns aus Stettenhofen sind eine absolute Fußballerfamilie. Über viele Jahre lang war das Familienoberhaupt Gerhard als Spieler und Trainer in der Region tätig und erfolgreich. Kein Wunder, dass die beiden Söhne Michael und Tobias in seine Fußstapfen traten. Seit frühester Kindheit waren sie in den Jugendmannschaften des FC Augsburg, der TSG Thannhausen oder des SSV Ulm unterwegs. Als Fahrerin fungierte meist Mama Andrea, die auch heute noch ein straff organisiertes Zeitmanagement benötigt, um die Fußballspiele aller Hildmänner im Blick zu behalten. Entweder beobachtet sie den TSV Gersthofen, wo ihr Ehemann seit der Winterpause als Trainer die Kommandos gibt, oder den Bayernligisten TSV Schwaben Augsburg, wo Tobias spielt, oder den TSV Aindling, für den Michael kickt.
Am heutigen Donnerstag will Andrea Hildmann allerdings zu Hause bleiben und mit Familienhündin Emmy eine Runde am Lech drehen. „Das halten meine Nerven nicht aus“, sagt sie vor dem ersten Relegationsspiel zur Landesliga, in dem sich ihr Mann als Trainer des TSV Gersthofen und ihr Sohn als Spieler des TSV Aindling gegenüberstehen (18.30 Uhr, Abenstein-Arena). Sohn Tobias hat bereits für die kommende Saison in Aindling zugesagt. Das Duell Vater gegen Sohn ist schon eine ganz besondere Fußnote dieses Klassikers der beiden Nachbarvereine.
Gerhard Hildmann entschärft den Familien-internen Super-GAU: „Es geht nur um Fußball. Das wird die Familie nicht trennen, aber es ist natürlich schon eine außergewöhnli- che Situation, die ich nicht unbedingt haben müsste“, sagt der
50-Jährige. „Als Vater will man für seine Kinder ja nur das Beste, will ihnen nichts Schlechtes. Aber jeder hat seinen Ehrgeiz, das Möglichste für seinen Verein zu tun.“Und als Trainer des TSV Gersthofen habe er den Ehrgeiz, zum zweiten Mal nach
2011, als man über die Relegation den Sprung in die Bayernliga schaffte, aufzusteigen. „Das wäre die Krönung!“Damit könnte sich Gerhard Hildmann ein Denkmal setzen.
Erst vor wenigen Wochen saßen Gerhard und Michael Hildmann, die zusammen auch beim Stützpunkttraining des DFB für den Kreis Augsburg tätig sind, auf der Tribüne des Neusässer Lohwaldstadions, um mit dem TV Erkheim einen möglichen Relegationsgegner in Augenschein zu nehmen. Die Allgäuer wurden jedoch einer anderen Relegationsgruppe zugeteilt.
Im Falle eines Sieges würde der TSV Gersthofen auf den Gewinner der Partie SC Aufhausen gegen FC Stätzling treffen. Die Mittelfranken wären ein völlig unbekannter Gegner.
Den TSV Aindling hingegen kennt Gerhard Hildmann in- und auswendig. 70 bis 80 Prozent aller Spiele in dieser Saison hat er gesehen, weil er ja vor seinem Engagement beim TSV Gersthofen die Zeit hatte, seinem Sohn zuzuschauen. „Ich habe großen Respekt vor diesem Verein und ein freundschaftliches Verhältnis zu allen Beteiligten und wünsche denen nichts Schlechtes – aber ich bin halt jetzt Trainer des TSV Gersthofen.“
Beide Vereine haben übrigens ihre Generalproben verpatzt. Der TSV Aindling mit einer 0:5-Schlappe beim FC Memmingen II, der TSV Gersthofen mit einer 1:4-Klatsche beim TSV Meitingen. „Beide haben angeschlagene Spieler geschont. Wir haben zum Beispiel ohne Sieben gespielt“, misst Hildmann dieser Tatsache keine Bedeutung bei. Die Partie in Meitingen sei bei der Vorbereitung der Relegation gar kein Thema gewesen. „Das sind jetzt die Spiele, für die man das ganze Jahr trainiert, davon hat man nicht so viele in seiner Karriere. Das muss man genießen, da muss man alles geben.“
Eine ungewöhnliche Konstellation sei der Europapokal-Modus mit Hin- und Rückspiel. Eine ganz neue Situation für einen Amateurtrainer. „Das ist völlig anders als ein Relegationsspiel auf neutralem Platz“, sagt Hildmann, „hier steht zunächst einmal das ,zu null‘ im Vordergrund. Was nützt es dir, wenn du das Heimspiel 5:4 gewinnst und im Rückspiel dann 0:1 verlierst?“
Personell hat Gerhard Hildmann bis auf Michal Korenik alle Mann an Bord. Der Pole ist auf Heimaturlaub. „Schade, das tut uns weh. Aber bei den nächsten beiden Spielen ist er ja wieder da“, ist Hildmann guten Mutes: „Wir haben eine tolle Saison gespielt und im Gegensatz zum von oben kommenden TSV Aindling nichts zu verlieren.“
Ehefrau und Mama Andrea wird sowohl am Donnerstag als auch beim Rückspiel am Sonntag telefonisch über den Ausgang des VaterSohn-Konflikts informiert werden.
„Es geht nur um Fußball. Aber es ist schon eine außer gewöhnliche Situation.“Gerhard Hildmann