Augsburger Allgemeine (Land West)
Von der Gitarrenschülerin zur Bundessiegerin
Bei „Jugend musiziert“erreichte Luisa Schilling den ersten Platz mit voller Punktzahl – ein ganz besonderer Erfolg in der Instrumentalwelt. Warum die 17-Jährige aus Neusäß an den Händen verschieden lange Nägel hat
Neusäß „Achtung, pass auf deine Nägel auf“, ruft der besorgte Vater seiner Tochter zu. Das Mädchen hobelt gerade die Gurken für den Salat und blickt verdutzt auf. Der Hintergrund für Szenen wie diese im Hause Schilling in Neusäß: Für die 17-jährige Luisa stand der Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“– Kategorie Gitarre, Altersgruppe fünf – in Lübeck an. Dafür mussten die Nägel passen. Zum Auftritt reiste Luisa Schilling mit ihrer klassischen Konzertgitarre und der Familie im Gepäck und brachte prompt den ersten Preis mit voller Punktzahl mit nach Hause zurück.
Schon mit vier Jahren wollte Luisa unbedingt das Gitarrespielen lernen. „Ich dachte damals, es gibt gar keine so kleinen Gitarren“, erzählt ihre Mutter Barbara Schilling schmunzelnd. Der Instrumentallehrer Karlheinz Augst von der Musikschule Neusäß lieh ihrer Tochter daraufhin seine kleine Oktavgitarre – und damit begann eine musikalische Reise für die kleine Luisa.
Zwölf Jahre, vier Musiklehrer und etliche gewonnene Wettbewerbe später schwirren im Hause Schilling sechs Gitarren herum – darunter eine für Kinder aus Anfangszeiten und eine elektrische in schwarzbrauner Holzoptik. „Die meisten davon hängen an der Wand in Luisas Zimmer“, schildert Anna Schilling, die große Schwester. „Doch mittlerweile breitet sie sich auch im Wohnzimmer aus.“
Neben der Ausrüstung wuchsen im Laufe der Zeit auch Luisas Wissen, Gefühl und Können rund um das Instrument. Links trägt die Elftklässlerin ihre Fingernägel kurz, rechts lang. Sie erklärt: „Zum Grei- fen müssen die Nägel kurz sein und zum Spielen lang.“Außerdem gehe es um den richtigen Winkel und darum, Fingerkuppe und -nagel im richtigen Maße einzusetzen. „Es gibt auch eine ganz besondere Art des Feilens, um den schönsten Klang zu erzeugen“, beschreibt Luisa. Wenn dann vor dem Wettbewerb ein Nagel abbricht, grenze das an eine Katastrophe.
Wenn es in der Vergangenheit doch einmal zu einem abgebrochenen Nagel vor einem Auftritt kam, hat Luisa schon einiges ausprobiert. „Ich habe einmal den Tipp bekommen, einen Tischtennisball zurechtzuschneiden und als Nagelersatz auf den Finger zu kleben“, erzählt die 17-Jährige. „Doch da klappt es besser, einfach künstliche Nägel im Drogeriemarkt zu kaufen.“Normalerweise turnt die Schülerin zweimal in der Woche: Auch das ließ sie kurz vor dem Bundeswettbewerb in Lübeck sein, um nichts zu riskieren.
Doch Voraussetzung für Luisas Einladung zum Bundeswettbewerb von „Jugend musiziert“war natürlich nicht nur die richtige Maniküre: Es waren in erster Linie ihre herausragenden Leistungen beim Augsburger Regionalwettbewerb im Februar und beim bayerischen Landeswettbewerb im März. Vergibt die Jury jeweils die erforderliche Punktzahl, rückt der Teilnehmer zum höherklassigen Wettbewerb auf – so wie die Neusässerin.
„Natürlich habe ich gehofft, es so weit zu schaffen“, sagt Luisa. Doch unbedingt damit gerechnet habe sie nicht: Sie verspielte sich, als sie im regionalen Rahmen ihre drei Stücke vor der Jury präsentierte. „Nach dem vielen Üben wissen meine Finger eigentlich, was sie tun. Doch wenn ich anfange zu denken, komme ich durcheinander.“Trotzdem kam Luisa in ihrer Altersgruppe weiter. „Der Jury geht es eben nicht um jeden einzelnen Fehler“, meint die Schülerin dazu. „Sondern um das Gesamtbild und darum, dass das Stück anfängt zu leben.“
Die Gitarre begleitet Luisa ständig: Im Moment nimmt sie Unterricht bei ihrem privaten Lehrer Stefan Schmidt aus Friedberg. An ihrer Schule, dem Maria-Stern-Gymnasium in Augsburg, spielt die Neusäs- in gleich zwei Bands und außerdem im Lech-Wertach-Orchester unter der Leitung von Wolfgang Scherer. „Manchmal gehe ich auch mit meiner Freundin in die Stadt und spiele auf der Straße“, fügt sie hinzu. Zudem übt Luisa seit ein paar Wochen mit ihrer ersten Gitarrenschülerin.
Neben der Gitarre hat es Luisa auch schon mit der Geige versucht, einmal in eine Blockflöte gepustet, und sie beherrscht ein Stück auf dem Klavier. Doch für das Mädchen kommt kein anderes Instrument an die Gitarre heran: „Es macht mir einfach Spaß, beim Spielen voll einzutauchen.“
Zur musikalischen Sammlung im Hause Schilling soll sich bald schon eine Westerngitarre mit „Lagerfeuerklang“dazugesellen und außerserin dem eine Ukulele, wie Luisa beschreibt: „Ein Geschenk, das ich noch zu meinem 17. Geburtstag von meiner Mama bekomme.“
OKonzerttermin Luisa Schilling ist beim Preisträgerkonzert des Neusässer Jugend und Musikwettbewerbs zu hören. Die Veranstaltung finden am Donners tag, 14. Juni, um 19 Uhr in der Stadthalle Neusäß statt.