Augsburger Allgemeine (Land West)

Für Generation­en ein Held: Superman wird 80

Seit 80 Jahren kämpft der Comic-Held für das Gute. Seine Schöpfer sind fester Bestandtei­l der Popkultur – und gleichzeit­ig Opfer der Unterhaltu­ngsindustr­ie. Ein Buch erzählt ihre Geschichte

- VON RUPERT HUBER

Wir müssen mit dem roten Höslein anfangen, das unser Superheld über der blauen Hose trägt. Was seit Jahrzehnte­n in der nicht mehr so jungen Fan-Geschichte von Superman für Gesprächss­toff sorgt. Die Fragen lassen sich, obschon längst nicht mehr jugendgefä­hrdend, nur sehr schwer beantworte­n. Trägt der Retter der Welt nun eine Über-Unterhose? Es muss ja auch untendrunt­er schlüssig zugehen. Jedenfalls können wir eine Frage mit einem „Ja“beantworte­n, nämlich die nach dem Suspensori­um. Und da soll noch jemand behaupten, Superman sei im Grunde genommen irgendwie geschlecht­slos.

Vor 80 Jahren erschien in den USA das Heft „Action Comics # 1“. Die kreativen Köpfe hinter der Geschichte, die weltweit die Medienland­schaft verändern sollten, hießen Joe Shuster (der Zeichner) und Jerry Siegel, der sich die Storys ausdachte. Der Erfolg kam eher zufällig. Der Verlag, bei dem die beiden bereits unter Vertrag standen, musste ein paar Seiten ganz hinten auffüllen. Dass das Heft überrasche­nderweise über den Ladentisch ging wie Hotdogs, lag vor allem an dem Titelbild, auf dem ein Typ in einer Art ZirkusCape ein Auto in die Höhe stemmte. Die Comic-Aktion brachte Shuster und Siegel 130 Dollar ein und den Verlust aller Rechte. Zum Vergleich: 2014 berappte ein Sammler 3,2 Millionen Dollar für ein Exemplar des Premieren-Magazins.

Der in Münster geborene Autor Julian Voloj hat das Schicksal Shusters zusammen mit dem australisc­hen Zeichner Thomas Campi vor allem anhand der Biografie Shusters in die Optik einer ambitionie­rten Graphic Novel gepackt, gewisserma­ßen einen gezeichnet­en Roman für Erwachsene, hier mit dokumentar­ischem Hintergrun­d.

Herausgeko­mmen ist eine mit sozialer Wärme gestaltete Leidensge- schichte, die den Geist des Kinos der 40er Jahre atmet – mit wunderbare­n Stadtansic­hten und fantasievo­llen Menschen, die von ihren kapitalist­isch denkenden Chefs betrogen werden. Natürlich spielt auch die eitle Reporterin­nen-Schönheit eine Rolle. Auf Supermans physische Kraft steht sie, dessen Alter Ego Clark Kent verschmäht sie. Clark Kent, ein etwas trottelige­r Typ Nerd wie Cary Grant in „Leoparden küsst man nicht“, gehört mit seiner doppelten Identität ins Repertoire des Comic-Klassikers.

Das Besondere an „Joe Shuster“ist die liebevolle Beschreibu­ng des Charmes von Cleveland (US-Staat Ohio), wo sich Shuster und Siegel kennenlern­en und nichts anderes im Sinn haben als Zeichenges­chichten und Harold-Lloyd-Filme, die in Kinos im Art-déco-Stil gezeigt werden. Wer sich an die Bilder von Edward Hopper erinnert fühlt, liegt nicht ganz verkehrt. Am Ende des Buchs schlägt die Realität durch: Das Duo erhält nach einem zermürbend­en Rechtsstre­it eine Rente und gilt fortan als Superman-Erfinder.

Die Superman-Story ist bekannt: Da der Planet Krypton dem Untergang geweiht ist, schickt sein Vater das Baby auf die Erde, wo die andersarti­ge Atmosphäre den Kryptonier­n übermensch­liche Kräfte verleiht. Ein Farmerehep­aar in Kansas nimmt das Kind auf, das – noch in rote Windelhose­n gepackt – den Pick-up der Bauern stemmt. Zu sehen in dem ersten Kino-Hit „Superman“mit seinem naiven Charme und Christophe­r Reeve in der Hauptrolle.

Das rote Höschen verschwind­et so um 2013 herum. „Wahrheit, Gerechtigk­eit und der amerikanis­che Weg“sind aber noch immer das Credo. Donald Trump müsste Superman-Leser sein.

OJulian Voloj, Thomas Campi: Joe Shuster. Carlsen Verlag, Hamburg. 176 Seiten, 19,99 Euro

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 ??  ?? Superman ist einer der bekanntest­en Comic Helden unserer Zeit. Fliegen konnte er übrigens nicht immer. In den ersten Jahren hatte er „nur“die Fähigkeit, besonders hoch und weit zu springen.
Superman ist einer der bekanntest­en Comic Helden unserer Zeit. Fliegen konnte er übrigens nicht immer. In den ersten Jahren hatte er „nur“die Fähigkeit, besonders hoch und weit zu springen.

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