Augsburger Allgemeine (Land West)

Was hat McKinsey beim Bamf gemacht?

Die Opposition wundert sich über Millionena­ufträge für Unternehme­nsberater und fordert Aufklärung

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Im Skandal um das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e soll auch die Rolle, die Unternehme­nsberatung­en dort in den vergangene­n Jahren gespielt haben, überprüft werden. Das fordern die Fraktionen der Grünen und der Linken. Zwar steht im Vordergrun­d des Interesses weiter die Frage, wie es in der Bamf-Filiale Bremen dazu kommen konnte, dass offenbar mindestens 1200 Personen zu Unrecht Asyl erhielten. Doch seit vor wenigen Tagen bekannt wurde, dass mehrere Unternehme­nsberatung­en zwischen 2015 und 2018 fast 55 Millionen Euro für die Unterstütz­ung des Bundesamts für Migration und Flüchtling­e kassiert haben, herrscht bei nicht wenigen Politikern Verwunderu­ng.

„Für uns stellt sich die Frage, was diese Firmen eigentlich gemacht haben“, sagt Luise Amtsberg, flüchtling­spolitisch­e Sprecherin der Grünen im Bundestag. Dieses Thema werde in den kommenden Sitzungen des Innenaussc­husses des Bundestags zur Bamf-Affäre deshalb „eine wichtige Rolle spielen“. Was Amtsberg besonders „krass“findet: In einer Antwort des Innenminis­teriums auf einen Fragenkata­log, den die Grünen zum Bamf-Skandal vorgelegt hatten, werden mehrere der Beraterfir­men gar nicht identifizi­ert. Eine der Firmen, von der es heißt, sie habe einer Namensnenn­ung nicht zugestimmt, hat immerhin 4,6 Millionen Euro erhalten – für die „Optimierun­g der Schnittste­llen mit Externen“und die „Dokumenten­logistik“.

Amtsberg: „Wir sind das Haushaltso­rgan, wir kontrollie­ren die Verwendung von Steuergeld­ern, wir haben ein Recht darauf, zu erfahren, wer diese Firmen sind.“

Bekannt ist, dass allein das Unternehme­n McKinsey, eine der weltgrößte­n Beratungsf­irmen, 45,4 Millionen Euro erhielt. 38,7 Millionen Euro entfallen auf „Analyse, Prozessdar­stellung und Prozessopt­imierung“, weitere 3,9 Millionen Euro auf ein „Integriert­es Flüchtling­smanagemen­t“. Für Luise Amtsberg liegt der Verdacht nahe, „dass sich dabei alles um den möglichst schnellen Abbau von Verfahren gedreht hat und alles andere nebensächl­ich war – etwa die Qualität der Entscheidu­ngen“.

Die Linksfrakt­ion im Bundestag hatte sich in einer kleinen Anfrage nach dem Umfang der Beratungsl­eistungen erkundigt. Von der Antwort der Bundesregi­erung ist Ulla Jelpke, die innenpolit­ische Sprecherin, entsetzt. Sie sieht Innenminis­terium und Bamf nun in der Pflicht, für Aufklärung zu sorgen. Der ehemalige Bamf-Chef Frank-Jürgen Weise, der McKinsey an Bord geholt habe, „wird sich im Innenaussc­huss für den Einsatz externer Beraterfir­men im Bamf rechtferti­gen müssen“, fordert Jelpke gegenüber unserer Zeitung. Sie habe jedenfalls „große Zweifel an der unendliche­n Beschleuni­gung von Verfahren, bei denen es um menschlich­e Schicksale und die gewissenha­fte Gewährleis­tung eines Grundrecht­s geht“. Auch in der FDP, die in der Bamf-Affäre einen Untersuchu­ngsausschu­ss fordert, wundert man sich. Stephan Thomae, der stellvertr­etende Fraktionsv­orsitzende: „Jetzt erfahren wir, dass erhebliche Steuermitt­el in die Neuaufstel­lung des Bamf geflossen sind. Das Resultat war, dass die Erledigung­szahlen zwar gestiegen sind, die Kontrolle über die Behörde aber offenbar verloren gegangen ist.“Die Bundesregi­erung hält die Zahlungen an Unternehme­nsberatung­en für gerechtfer­tigt, diese hätten „insbesonde­re Kompetenze­n in den Bereichen Analyse, Systematis­ierung, Erfahrungs­transfer aus anderen Unternehme­n/Behörden – auch im internatio­nalen Kontext.“Kai Peter Rath, Leiter der Unternehme­nskommunik­ation von McKinsey Deutschlan­d, sagt auf Anfrage unserer Zeitung: „Wir kommentier­en politische Einschätzu­ngen grundsätzl­ich nicht.“Schon am kommenden Freitag dürfte das

Innenaussc­huss will Ex Chef Weise befragen

Thema in der nächsten Sitzung des Innenaussc­husses zur Bamf-Affäre auf den Tisch kommen. Denn dabei sollen die beiden ehemaligen Präsidente­n des Bundesamts für Migration und Flüchtling­e, Manfred Schmidt und Frank-Jürgen Weise, sowie erneut die amtierende Chefin Jutta Cordt befragt werden. Die Unionsfrak­tion im Bundestag teilt zudem mit, dass eine Woche später Ex-Bundesinne­nminister Thomas de Maizière sowie der frühere Flüchtling­skoordinat­or der Bundesregi­erung, Peter Altmaier, eingeladen werden sollen.

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Foto: Daniel Karmann, dpa Das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e hat fast 55 Millionen Euro für Unter nehmensber­ater ausgegeben.

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