Augsburger Allgemeine (Land West)

Wie eine Digitalste­uer gegen Trump helfen könnte

Ifo-Experte Felbermayr spricht sich dafür aus, die Umsätze von US-Riesen wie Google oder Facebook in Europa zu besteuern. Das könnte eine wirkungsvo­lle Waffe in einem sich verschärfe­nden Handelskon­flikt mit den USA werden

- VON STEFAN STAHL

München Das exportstar­ke Deutschlan­d hat einem Österreich­er eine interessan­te Erkenntnis zu verdanken. Sie könnte zu einer wirkungsvo­llen argumentat­iven Waffe im Handelskri­eg mit den USA werden. Denn der in Steyr geborene Volkswirts­chafts-Professor Gabriel Felbermayr fand heraus, dass der Handelskon­flikt auch aus Sicht von Donald Trump eine „wirtschaft­liche Torheit“ist. Schließlic­h stünden in der Summe für den US-Präsidente­n genauso viele Geschäfte auf dem Spiel wie für die Europäer in den USA, erklärt der Leiter des Zentrums für Außenwirts­chaft des Münchner IfoInstitu­ts, unserer Zeitung.

Felbermayr hat auf Grundlage umfangreic­hen US-Zahlenmate­rials recherchie­rt, die Leistungsb­ilanz der EU mit den USA sei ungefähr ausgeglich­en. „Das ist die gute Nachricht. Als ich sie in Amerika vorgetrage­n habe, waren die Zuhörer verdutzt“, berichtet der Wissenscha­ftler. Zwar stimme es, dass die USA gegenüber den Ländern der Europäisch­en Union, was den Außenhande­l betrifft, ein Defizit bei Gütern hinnehmen müsse. So werden also etwa mehr deutsche Autos und Maschinen in die USA exportiert, als amerikanis­che nach Deutschlan­d gehen. Aber im Hinblick auf Dienstleis­tungen und Unternehme­nseinkomme­n verhalte es sich eben umgekehrt, hat der 41-jährige Ökonom ausgerechn­et. Es kommen hier ja die amerikanis­chen Googles, Facebooks und Apples ins Spiel, die Trump gerne verschweig­t und lieber über Stahl, und Autos, also Themen seiner Wähler spricht.

Felbermayr sagt: „Gerade Digital-Unternehme­n aus den USA haben immateriel­le Wirtschaft­sgüter wie Patente in Tochterunt­ernehmen verbucht, nicht zuletzt aus steuerlich­en Gründen.“So würde Amerika gerade aus den Niederland­en und Irland immense Gewinne beziehen. Kein Wunder: Beide Länder gelten in Europa als Unternehme­ns-Steueroase­n und sind unter amerikanis­chen Konzernen beliebt.

Der schwäbisch­e Europa-Abgeordnet­e Markus Ferber verweist hier gerne auf das Beispiel des iPhone-Konzerns: „Die nationalen euro- Apple-Töchter, also auch die deutsche, müssen an die irische Lizenzgebü­hren zahlen.“Apple Deutschlan­d überweise für jedes iPhone an Apple Irland eine Gebühr. Das sei ein Abgaben-Vermeidung­smodell, denn Apple rücke so in Deutschlan­d kaum Steuern raus und sei in Irland vom Staat finanziell extrem geschont worden, beklagt CSU-Mann Ferber. Brüssel hat jedoch den Druck auf Irland erhöht, was Wirkung zeigt.

Nachdem sich die Regierung in Dublin lange gewehrt hat, von Apple zu wenig gezahlte Steuern von gut 13 Milliarden Euro einzuforde­rn, kam es zu einem SinneswanA­luminium del. Die Iren verlangen jetzt diese gigantisch­e Summe. Doch noch gibt es genug Möglichkei­ten für US-Riesen, in Europa kräftig Steuern zu sparen und immense Gewinne einzufahre­n. So kam bei der Ifo-Untersuchu­ng auch ans Tageslicht, dass Unternehme­n aus den USA in Europa sehr viel höhere Einkommen als Firmen der EU in Amerika erzielen.

All diese Fakten sieht Felbermayr als gewichtige Argumente bei der Verschärfu­ng des Handelskon­flikts: „Im Ernstfall stünde das alles im Feuer.“So dürfe die EU nicht allein mit lächerlich­en Symbolzöll­en auf Orangensaf­t oder Whiskey antworten. Der Ifo-Experte fordert: „Eupäischen ropa muss dort ansetzen, wo die Amerikaner das Geld verdienen. Zum Beispiel mit einer Digitalste­uer auf Online-Dienstleis­tungen.“Felbermayr hofft, mit diesem Trumpf im Ärmel könne ein echter Handelskon­flikt vielleicht vermieden werden. Eine solche Digitalste­uer, die vor allem US-Giganten wie Google und Facebook treffen würde, wird auf EU-Spitzenebe­ne seit längerem heiß diskutiert. Nach einem Brüsseler Konzept könnten die InternetKo­nzerne in Europa mit drei Prozent Umsatzsteu­er belangt werden. Da käme einiges zusammen.

Dazu müsste auf EU-Ebene zunächst aber ein einheitlic­her Beschluss gefasst werden. Doch dieser Traum Felbermayr­s „wird auf absehbare Zeit nicht Realität“, glaubt jedenfalls Ferber. Denn während Deutschlan­d und Frankreich hinter der Digitalste­uer stünden, würden

Länder wie die Niederland­e nicht mitziehen.

Somit fehlt Europa in einem sich hochschauk­elnden Handelskon­flikt mit den USA noch eine entscheide­nde Waffe. Eine Digitalste­uer wäre nämlich ein starkes Druckmitte­l, nachdem die Europäisch­e Union zunächst auf US-Zölle mit Strafzahlu­ngen gegen amerikanis­che Produkte wie Orangensaf­t, Whiskey, Jeans und Harley-DavidsonMo­torräder reagiert hat. Am Ende will Trump ja so lange hart bleiben, bis „keine Mercedes-Modelle mehr auf der Fifth Avenue in New York rollen“. Zu der knackigen Drohung sagt Ferber im Gespräch mit unserer Zeitung: „Solche Sätze kennt man eher aus Nord-Korea oder Kuba, nicht aber aus der freien Welt.“

Amerikanis­che Zuhörer reagierten verdutzt

 ?? Foto: Nicholas Kamm, afp ?? Eine der entscheide­nden Fragen der europäisch­en Politik ist, wie man auf den von US Präsident Donald Trump losgetrete­nen Han delskrieg reagieren soll. Eine Gegenmaßna­hme auf US Zölle könnte eine Digitalste­uer der EU sein.
Foto: Nicholas Kamm, afp Eine der entscheide­nden Fragen der europäisch­en Politik ist, wie man auf den von US Präsident Donald Trump losgetrete­nen Han delskrieg reagieren soll. Eine Gegenmaßna­hme auf US Zölle könnte eine Digitalste­uer der EU sein.
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G. Felbermayr

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