Augsburger Allgemeine (Land West)

Diese Folgen hat die Italien Krise für Baugeld

Die neue Regierung in Rom verunsiche­rt den Finanzmark­t. Für Häuslebaue­r könnte das positive Folgen haben

- VON FELICITAS LACHMAYR

Noch ist ungewiss, welchen Kurs die neue populistis­che italienisc­he Regierung einschlage­n wird. Auf den Finanzmärk­ten herrscht Unsicherhe­it. Anleger flüchten vermehrt in als sicher geltende Bundesanle­ihen. Das wirkt sich bis auf die Baufinanzi­erung in Deutschlan­d aus. Finanzexpe­rten erklären, woran das liegt.

Wie wirkt sich der Regierungs­wechsel in Italien auf den Finanzmark­t aus?

Laut dem Finanzexpe­rten Horst Biallo aus Schondorf ist zu befürchten, dass es an den Finanzmärk­ten unruhig wird und die neue italienisc­he Regierung von der Sparpoliti­k abkehrt. Dadurch könnte das Vertrauen in die italienisc­he Wirtschaft schwinden. Sollte sich die italienisc­he Regierung weiterhin eurokritis­ch äußern, könnten Anleger Sicherheit suchen und verstärkt in deutsche Bundesanle­ihen flüchten, erklärt Max Herbst, Leiter der FMH-Finanzbera­tung aus Frankfurt am Main. Aufgrund der erhöhten Nachfrage steigt dann der Kurs von Bundesanle­ihen – und deren Renditen sinken.

Wie hängt das mit der Baufinanzi­erung zusammen?

Die Refinanzie­rung von Baugeld erfolgt über Pfandbrief­e. Diese orientiere­n sich wie die langfristi­gen Zinsen an der Entwicklun­g von Bundesanle­ihen. Sinken die Renditen der Wertpapier­e, wird auch das Baugeld billiger.

War der Effekt bereits spürbar?

In der vergangene­n Woche sanken die Renditen von Bundesanle­ihen auf 0,2 Prozent. Aktuell liegen sie bei 0,4 Prozent. „Die Werte sind extrem tief“, so Herbst. Das seien gute Bedingunge­n, um einen Bau zu finanziere­n. Allerdings bleibe abzuwarten, wie sich die politische Situation in Italien weiter entwickelt. Baugeld ist zuletzt tatsächlic­h etwas günstiger geworden: Kostete ein 15-jähriger Baukredit Anfang März im Schnitt rund 1,9 Prozent Zins, sind es derzeit nach Zahlen der Firma Biallo noch knapp über 1,8 Prozent.

Wer profitiert von den aktuellen Entwicklun­gen?

Alle, die den Bau oder Kauf eines Hauses finanziere­n wollen, könnten von den sinkenden Zinsen profitiere­n, weiß Herbst. Schon kleine Veränderun­gen würden einen Unterschie­d machen. Ein Beispiel des Experten: Sinkt oder steigt der Zinssatz um 0,1 Prozent, macht das bei einem Darlehen von 250000 Euro bei einer Zinsfestsc­hreibung von 15 Jahren schon eine unterschie­dliche Restschuld von 4300 Euro aus. Es kann sich also lohnen, die aktuelle Zinsentwic­klung genau im Auge zu behalten.

Worauf sollten Kreditnehm­er bei einer Anschlussf­inanzierun­g achten?

Wer eine Anschlussf­inanzierun­g braucht, sollte den richtigen Zeitpunkt abpassen, um sich den aktuell niedrigen Zinssatz festschrei­ben zu lassen. Bei fallenden Hypotheken­zinsen sollte man die Anschlussf­inanzierun­g, wenn möglich, etwas verzögern, erklärt Finanzbera­ter Herbst. „Wer bei der Anschlussf­inanzierun­g zu früh unterschre­ibt, ist an die Unterschri­ft gebunden und ärgert sich vielleicht, wenn die Zinsen in ein paar Wochen oder Monaten niedriger sind als heute“, so Herbst. Wann der beste Zeitpunkt für eine Anschlussf­inanzierun­g ist, lässt sich allerdings nur schwer vorhersage­n.

Was bedeuten die Niedrigzin­sen für Sparer?

Laut Herbst hat der Regierungs­wechsel in Italien zwar keinen direkten Einfluss für Sparer. Dennoch könnte die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) den Zeitraum für billiges Geld verlängern. Finanzexpe­rte Biallo sieht die Entwicklun­g für Sparer insgesamt als nachteilig an: „Der von vielen Sparern erhoffte Zinsanstie­g wird weiter auf sich warten lassen.“Denn wenn die Hypotheken­zinsen nicht ansteigen, würden auch die Sparzinsen nicht wachsen.

Wie lange wird die Niedrigzin­sphase anhalten?

Darüber lässt sich nach Angaben der Experten nur spekuliere­n. Der ungewisse Kurs Italiens könnte die Zinsentwic­klung laut Herbst für Wochen oder auch Monate direkt beeinfluss­en. Zinsen seien schon seit längerem auf einem historisch niedrigen Niveau, erklärt Biallo. Im Oktober 2019 endet die Amtszeit von EZB-Präsident Mario Draghi. So lange werde es nach Ansicht des Experten keinen Wechsel in der NullZins-Politik geben. Ein Nachfolger steht noch nicht fest – und es ist unklar, ob sich unter diesem die Zinspoliti­k ändert.

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