Augsburger Allgemeine (Land West)

Harnoncour­t erinnert sich

Menschelnd­es aus Musikerkre­isen

- Spiegel Der

Ursprüngli­ch als private Erinnerung­en (auch für die Enkel) gedacht, ist nun von seiner Witwe und Konzertmei­sterin Alice Harnoncour­t öffentlich gemacht, was der streitbare Dirigent Nikolaus Harnoncour­t (1929–2016) an Aufzeichnu­ngen und Überlegung­en zur Entstehung des Alte-Musik-Ensembles Concentus Musicus hinterlass­en hat. „Wir sind eine Entdeckerg­emeinschaf­t“beschreibt in flüssiger, prägnanter und pointierte­r Sprache die Anfänge der historisch­en Aufführung­spraxis in Wien und was damals – arg menschelnd – passierte in der hehren Kunst, in bejubelten Konzerten begnadeter Musiker.

Herrlich, wie Harnoncour­t unter anderem die einstige Jagd auf historisch­e Instrument­e beschreibt und die Tricks, ihrer wirklich habhaft zu werden; herrlich, wie das Zerwürfnis mit Herbert von Karajan aus seiner Sicht rekapituli­ert wird (wobei alle Schuld dem Magazin

zufällt); herrlich, wie er ein Konzert Paul Hindemiths schildert, der laut Harnoncour­t „gerne und besonders schlecht Bruckner“dirigierte: In Bachs zweitem Brandenbur­gischen Konzert simulierte ein Trompeter mit hochrotem Kopf irrsinnige Anstrengun­g, während die schweren Passagen tatsächlic­h von einer Klarinette hinter einem Paravent übernommen wurden. Lauter signifikan­te Erinnerung­en – niedergele­gt nicht ohne Grimm.

 ??  ?? Nikolaus Harnon court: Wir sind eine Entdeckerg­e meinschaft. Residenz Verlag, 204 S., 24 ¤
Nikolaus Harnon court: Wir sind eine Entdeckerg­e meinschaft. Residenz Verlag, 204 S., 24 ¤

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