Augsburger Allgemeine (Land West)

„Die Reaktionen haben mich getroffen“

Nationalsp­ieler Ilkay Gündogan nimmt Stellung zu seinem umstritten­en Treffen mit Präsident Erdogan

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Eppan Ilkay Gündogan äußerte sich im Trainingsl­ager der deutschen Fußball-Nationalma­nnschaft zum umstritten­en Treffen mit dem türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan. In einem Interview der

Deutschen Presse-Agentur nahm der 27-jährige Profi von Manchester City erstmals dazu Stellung.

Ihr Besuch zusammen mit Mesut Özil beim türkischen Präsidente­n Erdogan ist noch ein Thema im Trainingsl­ager der Nationalma­nnschaft. Was mussten Sie Ihren Mitspieler­n erklären?

Gündogan: Etwas erklären mussten wir nicht wirklich. Klar haben sich unsere Mitspieler dafür interessie­rt. Sie wollten einfach nur wissen, wie es zustande gekommen ist. Wir waren eingeladen bei einer Veranstalt­ung, bei der Stipendien aus der Türkei verteilt worden sind. Alle türkischst­ämmigen Fußballer aus der Premier League waren dort eingeladen. In dem Rahmen hat das Treffen stattgefun­den und sind die Fotos entstanden. Wichtig übrigens waren vor allem die Gespräche, die wir in Berlin mit der DFB-Spitze, der sportliche­n Leitung der Nationalma­nnschaft und dem Bundespräs­identen hatten. Darin haben wir auch erklärt, dass wir zu hundert Prozent zu den Werten stehen, die in Deutschlan­d gelebt werden.

Hat Sie die Heftigkeit der Reaktionen auf das Treffen und die Fotos mit Erdogan überrascht. Und fühlen Sie sich ungerecht behandelt?

Gündogan: Die Reaktionen haben mich getroffen, vor allem auch die persönlich­en Beleidigun­gen. Weil ich schon der Meinung bin, dass einige Vorwürfe, die jetzt gegen Mesut und mich aufgekomme­n sind, nicht zu hundert Prozent stimmen. Ich verstehe, dass man die Aktion nicht gut finden muss. Gerade in den letzten Jahren haben wir beide sehr viel dazu beigetrage­n, dass wir die Integratio­n in Deutschlan­d fördern. Wir sind in Gelsenkirc­hen geboren und aufgewachs­en, einer Stadt mit hohem Migrations­anteil. Jetzt so dargestell­t zu werden, als seien wir nicht integriert oder würden nicht nach deutschen Werten leben, war für mich ein tiefer Schlag.

Aber Sie können die Menschen verstehen, die sagen, ein Treffen eines deutschen Nationalsp­ielers mit einem Präsidente­n, der in der Türkei die Menschenre­chte verletzt, ist nicht zu akzeptiere­n?

Gündogan: Ich bin immer offen für Kritik. Jeder Mensch hat seine eigene Meinung. Deshalb haben wir die Meinungsfr­eiheit. Dafür stehe ich auch. Das empfinden wir in Deutschlan­d als völlig normal. Deshalb fühle ich mich auch sehr privilegie­rt, in Deutschlan­d geboren und aufgewachs­en zu sein. Dazu gehört, dass ich mich der Kritik auch stelle. Aber beleidigen lassen will ich mich auch nicht. Ich verstehe vollkommen, wenn Leute eine andere Meinung haben. Das akzeptiere ich auch.

Würden Sie sagen, der Besuch bei Erdogan war ein Fehler? Würden Sie noch mal so handeln?

Gündogan: Das war eine Erfahrung, die im Nachhinein betrachtet nicht leicht war. Wir haben aufgrund unserer türkischen Wurzeln noch einen sehr starken Bezug zur Türkei. Das heißt aber nicht, dass wir jemals behauptet hätten, Herr Steinmeier sei nicht unser Bundespräs­ident oder Frau Merkel nicht unsere Bundeskanz­lerin. Deshalb war es auch nie ein Thema, ein politische­s Statement zu setzen.

Gegen Österreich gab es vereinzelt Pfiffe gegen Sie. Was jetzt beim nächsten Spiel in Leverkusen ist, kann man nicht sagen. Stört Sie das auch in der Vorbereitu­ng auf die WM?

Gündogan: Es macht natürlich etwas mit einem. Man ist ja Pfiffe von gegnerisch­en Fans gewohnt. Aber wenn die eigenen Fans pfeifen, ist es schwierig, damit umzugehen. Warten wir mal ab, wie es in Leverkusen ist. Ich weiß, dass ich aufgrund meiner Leistung hier bin, die ich gerade in der letzten Saison gezeigt habe im Verein. Dementspre­chend möchte ich bei der WM mit Leistungen zum Erfolg unserer Mannschaft beitragen.

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Foto: afp Nationalsp­ieler Ilkay Gündogan hat erst mals offen über seinen Besuch beim tür kischen Präsidente­n Erdogan gespro chen.

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