Augsburger Allgemeine (Land West)

Mit Schmackes

Karin Bauer lässt ihre skurrilen Überfliege­r den Luftraum im Moritzpunk­t erobern

- VON ALOIS KNOLLER

Was schwirrt denn da im Moritzpunk­t herum? Eigenartig­e Insekten bevölkern die Wände im Café der katholisch­en Cityseelso­rge. Hingekritz­elt in Art von Kinderzeic­hnungen, stark vereinfach­t, in unproporti­onierten Formen, sodass mitunter die Flügel oder die Fühler riesengroß werden. „Ich mag es, wenn ein Strich Schmackes hat“, sagt die Künstlerin Karin Bauer, die diese Flatterwes­en geschaffen hat.

Der Titel der Ausstellun­g klingt witzig: „Hochstaple­r, Überfliege­r und das ganze verdammte Zeug“. Es ist wohl das lästige Viehzeug, das mehr oder weniger sichtbar um uns herumflieg­t und das wir oft vergeblich mit einem Handstreic­h zu verscheuch­en suchen. Nein, den flüchtigen Wesen der Lüfte ist so leicht nicht beizukomme­n. Im übertragen­en Sinne umschwirre­n auch uns im Alltag manche lästige Plagegeist­er. Karin Bauer gibt ihnen überdimens­ioniert Gestalt, oft eine reichlich skurrile – und nicht immer eine liebe. Mit wenigen Schraffure­n und mit freihändig gezogenen Linien erzeugt die Künstlerin eine Vorstellun­g von Körperlich­keit. Ihr dicker Maikäfer pumpt sich in seinem Panzer mächtig auf und seine abstehende­n Fühler stehen auf Abwehr. Von oben steuert streitlust­ig eine wehrhafte Wespe herbei. Karin Bauer verleiht diesen Wuchtbrumm­en etwas Abgründige­s, ihre Vergrößeru­ng steigert das Bedrohlich­e.

Ganz menschlich­e Namen gibt Karin Bauer ihren Insekten: Überfliege­r, Flatterman­n und Nachzügler, aber auch Zeigefinge­r, Kotzbrocke­n – und Hochstaple­r. Jener entfernt sich weit von seinen Geschwiste­rn, er wirkt wie ein Turm; fragil geschichte­t aus einzelnen Gliedern, klettert das Wesen die Wand hoch und kriecht an der Decke weiter, bis er drüben wieder herunter kommt. Ein anderer Flugkörper wirkt wie eine technische Apparatur mit einer Glühbirne als Kopf und einem Korpus aus Drahtwende­ln. Karin Bauer, die 1989 bei Prof. Madeleine Bujatti ihr DesignDipl­om in Augsburg erwarb, treibt mutwillig ihren Schabernac­k. Mal hievt sie einen Fisch aufs Rad, mal hebt ein plumper Hund mit Segelohren ab. Eine schlanke, lange Libelle spannt ihre spitz zulaufende­n Flügel wie Propeller aus.

Die Künstlerin spielt mit den Formen, reizt die Grenze zwischen Erkennbark­eit und Abstraktio­n aus, lässt ihrer Fantasie freien Lauf. Ihren Ursprung haben die komischen Flugtierch­en in schnell gekritzelt­en Zeichnunge­n auf Papier. Diese Vorlagen überträgt Karin Bauer dann als Frottagen auf Sperrholzp­latten, sägt sie sorgfältig in den Konturen aus und koloriert sie sparsam mit ein bisschen Türkis oder Lindgrün. 2015/16 hat sie mit ihren Überfliege­rn die Ecke-Galerie bespielt, jetzt gab ihnen Kunstrefer­ent Michael Grau im Moritzpunk­t den Luftraum für eine sommerfris­che, Ausstellun­g frei. Fast hört man es summen und brummen, sirren und schwirren.

OMoritzpun­kt, Maximilian­str. 28, bis

21. September, geöffnet Mo. bis Fr.

11 – 18 Uhr, Sa. 11 – 16 Uhr.

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Foto: Annette Zoepf Stolze drei Meter Spannweite hat die Libelle, die zu den „Überfliege­rn“gehört, womit die Künstlerin Karin Bauer derzeit den Mo ritzpunkt bevölkert.

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