Augsburger Allgemeine (Land West)

Gegen den Wildwuchs von Gewerbe

Der Spitzenkan­didat der Grünen, Ludwig Hartmann, fordert bei seinem Besuch in Anhausen weniger Flächenver­brauch. Das Augsburger Land dürfe nicht zu einem zweiten Ruhrgebiet werden

- VON TOBIAS KARRER

Diedorf Anhausen Ludwig Hartmann, der Spitzenkan­didat der Grünen für die Landtagswa­hl, spricht den lokalen Vertretern seiner Partei aus der Seele, als er im Gasthaus Traube in Anhauen den Flächenver­brauch kritisiert. Ein Mitglied befürchtet, dass bald die gesamte Fläche zwischen Neusäß und Gersthofen mit Gewerbe zugebaut werde. Das Güterverke­hrszentrum, das aktuell noch von grüner Wiese umgeben ist, sei nur der Anfang. Hartmann nennt ein weiteres Beispiel aus der Region, bei dem seiner Meinung nach zu stark versiegelt wurde: den Gersthofer Kreisel, also die Zufahrt zum Industrieg­ebiet Nordwest. Die Straßen bezeichnet er als „bleibende Narben in der Landschaft“.

Für Ludwig Hartmann ist der Flächenver­brauch in Bayern ein zentrales Thema. Etwa 13 Hektar Grünfläche verschwänd­en in Bayern täglich. Das entspricht 18 Fußballfel­dern. Immer neue Gewerbegeb­iete würden ausgewiese­n, mehr Flächen versiegelt, und das, obwohl in Bayern schon 11 000 Hektar Gewerbegeb­iet „auf Vorrat ausgewiese­n sind“, so Hartmann.

Bei seinem Besuch in Anhausen stellt er das Volksbegeh­ren „Betonflut eindämmen“vor, dessen Sprecher er ist. Im März haben er und seine Bündnispar­tner über 48 000 Unterschri­ften im Innenminis­terium eingereich­t und die Begrenzung des Flächenver­brauchs auf fünf Hektar pro Tag gefordert.

Als Spitzenkan­didat der Grünen will Hartmann, dass die Landespoli­tik wieder mehr Einfluss auf die Landschaft­splanung hat. Bayern brauche klare Regelungen für die Außenbezir­ke von Gemeinden, um den Wildwuchs von Gewerbegeb­ieten einzudämme­n, betont er. Das Problem liege auch in der Konkurrenz. Ein Discounter, dem am Rande einer Ortschaft keine Fläche zur Verfügung gestellt werde, ziehe schnell in den nächsten Ort weiter und zahle dort Gewerbeste­uer, erklärt der Politiker. Eine Zwickmühle, vor allem für Gemeinderä­te und Bürgermeis­ter, die auf den Flächenver­brauch achten wollen.

Dass der Verbrauch von Flächen in Bayern ein akutes Problem ist, zeigen Statistike­n, die Hartmann in Anhausen präsentier­t. Während die Bevölkerun­g in den vergangene­n Jahrzehnte­n nur um knapp 15 Prozent gewachsen sei, hätten die Siedlungsu­nd Verkehrsfl­ächen um 49 Prozent zugenommen. „Dieses Wachstum ist vollkommen losgelöst von jeder wirtschaft­lichen Entwicklun­g“, betont Hartmann. Er nennt zum Beispiel die Finanzkris­e 2008, die keine Auswirkung auf den Flächenver­brauch gezeigt habe. „Das ist ein Problem des ländlichen und struktursc­hwachen Raumes, keine Auswirkung des wirtschaft­lichen Booms“, betont Hartmann.

Scharf kritisiert er die bayerische Staatsregi­erung, inklusive Ministerpr­äsident Markus Söder. „Die CSU hat die Landesplan­ung in den letzten zehn Jahren immer weiter aufgeweich­t. Jetzt ist keine mehr vorhanden“, sagt Ludwig Hartmann. Er zeigt ein Bild einer Protestakt­ion des Bürgerbünd­nisses. Auf einem Banner ist Markus Söder zu sehen, der konzentrie­rt auf sein Handy schaut. Darüber steht: „Anruf genügt, ich betoniere“.

Das Volksbegeh­ren „Betonflut eindämmen“sei auf Erfolgskur­s, betont Ludwig Hartmann. Was über ein Volksbegeh­ren beschlosse­n werde, sei wie „in Stein gemeißelt“. Er sagt aber auch: „Die Landesregi­erung spielt auf Zeit und will das Thema auf die Zeit nach der Landtagswa­hl schieben.“

Der Spitzenkan­didat der Grünen nennt auch Lösungsans­ätze. Wenn ein Unternehme­r sage, er komme mit der aktuellen Fläche nicht aus, „lasse ich mir die Firma von oben zeigen“, sagt Hartmann. Etwa 40 Prozent der Fläche in Gewerbegeb­ieten seien Parkplätze, die man auch als Parkdecks oder unterirdis­ch angelegen könne, betont er. Jeder Unternehme­r oder Bauherr solle sich die Frage stellen: Hätte ich die Maßnahme mit einem Drittel der Fläche umsetzen können?

Eine weitere Möglichkei­t, dem Problem entgegenzu­wirken, sei die Stärkung der Ortszentre­n. Damit das funktionie­re, sei es wichtig, dass die Landschaft­splanung wieder klare Regeln vorgebe. Für Hartmann hat das Thema auch eine emotionale Komponente: „Wenn wir uns hier das zweite Ruhrgebiet betonieren, wird es auch nicht schöner.“

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Foto: Marcus Merk Noch gibt es auch freie Flächen rund um das Güterverke­hrszentrum zwischen Gersthofen und Neusäß. Die Grünen befürchten, dass die Bebauung mit Gewerbe in der Nähe der Autobahn immer dichter werden könnte.
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Foto: Tobias Karrer Ludwig Hartmann sprach über das The ma Flächenver­brauch.

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