Augsburger Allgemeine (Land West)
Trinken, abkochen oder chloren
Wie geht es mit der Wasserversorgung aus Oberschöneberg weiter? Das will das Staatliche Gesundheitsamt heute entscheiden
Dinkelscherben Können die Menschen in der Reischenau das Trinkwasser wieder bedenkenlos trinken? Oder müssen sie es weiterhin abkochen? Oder wird das Wasser künftig sogar gechlort? Seine Entscheidung darüber will das Staatliche Gesundheitsamt heute verkünden.
Seit dem 15. Mai müssen etwa 2000 Bürger aus zwölf Ortsteilen von Dinkelscherben sowie Osterkühbach und Schönebach ihr Trinkwasser abkochen. Der Grund: Im Hochbehälter Breitenbronn war ein coliformer Keim auf 100 Millilitern nachgewiesen worden – der Grenzwert liegt bei 0. Die Probe am Tag darauf brachte noch einmal das gleiche Ergebnis. Doch seitdem wurde in keiner der täglichen Proben aus den Teststellen der Oberschöneberger Wassergruppe mehr ein Keim gefunden. Bürgermeister Edgar Kalb hofft deshalb, dass das Gesundheitsamt die Abkochanordnung nun aufhebt.
Doch es könnte auch ganz anders kommen: Die Behörde droht nämlich mit einer Sicherheitschlorung. Bei einer Begehung der Wasserversorgung hat das Gesundheitsamt nämlich „umfangreiche und teilweise gravierende (hygienische) Mängel festgestellt“, heißt es in einem Brief an die Gemeinde. Deshalb bestehe die „Besorgnis einer Gesundheitsgefährdung“. Das Landratsamt überlegt darum, eine Sicherheitschlorung anzuordnen – und zwar nicht nur für die Oberschöneberger Wassergruppe, sondern auch für das zweite Wassernetz im Norden des Gemeindegebiets Dinkelscherben.
Nach diesem Brief des Landratsamts hatte die Gemeinde knapp eine Woche Zeit um Stellung zu nehmen. Das hat Bürgermeister Edgar Kalb getan. In dem sechsseitigen Brief argumentiert er klar gegen eine Chlorung. Die Ursache für den „Störfall“(also den Keim im Hochbehälter) sei schnell gefunden worden: der außergewöhnlich starke Pollenflug im Frühjahr – der kann Nährboden für Keime sein. Die Gemeinde habe gleich Sofortmaßnahmen ergriffen, zum Beispiel zusätzliche Filter angebracht. „Problem erkannt, Problem beseitigt, Ursache erkannt, Ursache beseitigt“, schreibt Kalb.
Doch das Gesundheitsamt führt in seinem Brief noch weitere Mängel an. Zum Beispiel entsprächen wesentliche Bestandteile wie Hochbehälter, Brunnen und Aufbereitungsanlagen nicht den Regeln der Technik; außerdem gebe es eine unklare Anzahl von Totleitungen und eine fehlende Absicherung von Viehtränken. Die Gemeinde antwortet auf die Anhörung folgendermaßen: „Die Einschätzung, dass es sich bei den im Audit festgestellten Mängeln um gravierende hygienische Mängel handelt, teilen wir nicht“, steht darin. Einige Mängel seien schon behoben worden, für andere Fachfirmen beauftragt. Außerdem realisiert die Gemeinde derzeit für sechs Millionen Euro eine neue Wasserversorgung – bis diese fertig ist, wird es allerdings noch mehrere Jahre dauern.
Abkochen oder nicht, chloren oder nicht: Das ist eine „Risikoabwägung“, sagt Kalb. Seiner Meinung nach sei das Risiko einer Chlorung höher. Denn welche Gefahren gechlortes Trinkwasser mit sich bringe, das sei noch gar nicht richtig erforscht. Der Bürgermeister betont aber auch: Die Entscheidung liege allein beim Gesundheitsamt.
Dieses hätte eigentlich gestern seine weiteren Schritte verkünden wollen. Auf Wunsch Kalbs haben die Mitarbeiter des Landratsamts aber am Dienstag noch mit dem Labor Dr. Scheller gesprochen, das seit Jahren die Proben in Dinkelscherben nimmt und die Situation dort gut kennt. Am heutigen Mittwoch soll nun die Entscheidung fallen, heißt es aus der Pressestelle. Falls das Wasser dann wirklich gechlort werden muss, dann könnte das monate- oder jahrelang so bleiben, sagt Kalb: Einen neuen Hochbehälter zum Beispiel baue man ja nicht in ein paar Tagen.