Augsburger Allgemeine (Land West)
Das kleinste Dorf des DFB Pokals
Der TSV Steinbach freut sich auf den FC Augsburg, doch richtig begeistert war man in Hessen nicht. Der Dorfklub wird manchmal auch als „Mini-Hoffenheim“bezeichnet
Wie man Feste feiert, weiß man beim TSV Steinbach. Schließlich ist der Verein aus dem kleinen hessischen 800-Einwohner-Dorf innerhalb von sieben Jahren aus der untersten Liga in Hessen in die Regionalliga Südwest aufgestiegen. Seit
2015 spielt man nun dort und hält sich wacker. Zwölfter, Fünfter, Achter lauten die Platzierungen. Und in dieser Saison qualifizierten sich die Steinbacher als Hessenpokalsieger (2:0 im Finale gegen KSV Hessen Kassel) erstmals in der Vereinsgeschichte für die erste Hauptrunde des DFB-Pokals. Deshalb wurde hinter der Haupttribüne des heimischen Sibre-Sportzentrums Haarwasen am Freitag die PublicViewing-Zone für die Weltmeisterschaft auch gleich genutzt, um die Pokalauslosung nach dem Testspiel Deutschlands gegen Saudi-Arabien zu übertragen. Rund 200 Zuschauer sahen dann noch, wie der FC Augsburg ihrem TSV zugelost wurde.
„Na ja, es war jetzt nicht so, dass der Haarwasen gebebt hätte“, sagt der Medienbeauftragte Sven Firmenich, „aber es gab schon Beifall. Wir waren froh, dass es ein Bundesligist war.“Es war zwar jetzt nicht das große Los, wie das vom SV Drochtersen-Assel, der den FC Bayern München zugelost bekam, aber Firmenich ist auch so zufrieden: „Wenn es wirklich ein ganz großer Klub geworden wäre, hätten wir auf alle Fälle entweder nach Siegen oder irgendwo nach Hessen umziehen müssen. So gehen wir davon aus, dass wir bei uns zu Hause antreten.“
Mit Zusatztribünen soll das Fassungsvermögen des Stadions von derzeit 4700 auf 7000 bis 7500 Zuschauer für dieses Spiel ausgebaut werden. In der Regionalliga lag der Schnitt bei 1100. Das Sibre-Sportzentrum in Haiger, Steinbach ist ein Ortsteil der 20 000-EinwohnerStadt im Lahn-Dill-Kreis, ist ein Schmuckkästchen mit überdachter Haupttribüne und einem VIP-Bereich mit Logen. Und es trägt den Namen der Firma, die den kometenhaften Aufstieg des Dorfklubs von ganz unten möglich machte.
Daran waren und sind immer noch viele Helfer beteiligt, doch der Macher war und ist Roland Kring. Der 58-jährige Steinbacher, der noch in seinem Heimatdorf wohnt, führt dort mit seinem Bruder zusammen die Siegerland Bremsen GmbH, ein Unternehmen, das industrielle Bremssysteme herstellt und einen Jahresumsatz von rund 50 Millionen Euro hat. Seit Ex-Spieler Kring, der jetzt seinen Heimatverein auch führt, den TSV Steinbach unterstützt, geht es steil nach oben. Die Parallelen zum Aufstieg der TSG 1899 Hoffenheim und Dietmar Hopp sind nicht zu verleugnen, wenn auch alles ein paar Nummern kleiner vonstattengeht. Von Kritikern wird der TSV Steinbach trotzdem schon mal als „Mini-Hoffenheim“bezeichnet.
Kommende Saison liegt der Etat bei rund 2,5 Millionen Euro. Damit lässt es sich für die Steinbach-Profis hinter den Großklubs Waldhof Mannheim, 1. FC Saarbrücken oder Kickers Offenbach ganz gut leben. Mittelfristig ist die 3. Liga ein Thema. „Wir wollen das aber nicht überstürzen“, sagt Firmenich. Thomas Brdaric, 43, ging das zu langsam. Der Ex-Bundesliga-Profi trainierte Steinbach von Oktober 2015 bis Mai 2016. Als er kam, war der damalige Aufsteiger schon wieder Richtung Oberliga unterwegs. Doch Brdaric, der 204 Bundesligaspiele für Stuttgart, Düsseldorf, Leverkusen, Hannover und Wolfsburg absolvierte, brachte den Umschwung. Steinbach blieb in der Regionalliga, doch dann wollte Brdaric schnell weiter nach oben. Zu schnell für Steinbach. „Er war mitverantwortlich für den Klassenerhalt in unserem ersten Jahr, aber dann ging die Meinung über das weitere Vorgehen auseinander“, sagt Firmenich.
Seitdem hat Matthias Mink, 50, das sportliche Sagen. Im Westen ist der Ex-Zweitliga-Spieler ein Begriff, so wie einige seiner Spieler auch, doch im Rest der Fußball-Republik ist Steinbach unbekannt. Das würde man am Wochenende vom 17. bis 20. August liebend gerne ändern. „Wir würden gerne am Samstag oder Sonntag spielen, weil wir Firmenparkplätze rund um das Stadion nützen müssen“, hofft Firmenich auf eine wohlwollende Terminplanung des DFB. Ansonsten freut er sich auf das Aufeinandertreffen mit dem FCA. „Ein Bekannter von mir ist Augsburg-Fan“, sagt Firmenich und erklärt stolz: „Bisher war der SV Eichede mit 850 Einwohnern das kleinste Dorf im DFB-Pokal. Das unterbieten wir mit 811 Einwohnern auf jeden Fall.“
Trotzdem will der FCA Steinbach auf keinen Fall unterschätzen, aber Manager Stefan Reuter sagt auch deutlich: „Wir wollen in die nächste Runde einziehen. Wie schwer das sein kann, haben wir leider zwei Mal in Magdeburg erfahren. Das werden wir in diesem Jahr besser machen.“