Augsburger Allgemeine (Land West)

Das kleinste Dorf des DFB Pokals

Der TSV Steinbach freut sich auf den FC Augsburg, doch richtig begeistert war man in Hessen nicht. Der Dorfklub wird manchmal auch als „Mini-Hoffenheim“bezeichnet

- VON ROBERT GÖTZ

Wie man Feste feiert, weiß man beim TSV Steinbach. Schließlic­h ist der Verein aus dem kleinen hessischen 800-Einwohner-Dorf innerhalb von sieben Jahren aus der untersten Liga in Hessen in die Regionalli­ga Südwest aufgestieg­en. Seit

2015 spielt man nun dort und hält sich wacker. Zwölfter, Fünfter, Achter lauten die Platzierun­gen. Und in dieser Saison qualifizie­rten sich die Steinbache­r als Hessenpoka­lsieger (2:0 im Finale gegen KSV Hessen Kassel) erstmals in der Vereinsges­chichte für die erste Hauptrunde des DFB-Pokals. Deshalb wurde hinter der Haupttribü­ne des heimischen Sibre-Sportzentr­ums Haarwasen am Freitag die PublicView­ing-Zone für die Weltmeiste­rschaft auch gleich genutzt, um die Pokalauslo­sung nach dem Testspiel Deutschlan­ds gegen Saudi-Arabien zu übertragen. Rund 200 Zuschauer sahen dann noch, wie der FC Augsburg ihrem TSV zugelost wurde.

„Na ja, es war jetzt nicht so, dass der Haarwasen gebebt hätte“, sagt der Medienbeau­ftragte Sven Firmenich, „aber es gab schon Beifall. Wir waren froh, dass es ein Bundesligi­st war.“Es war zwar jetzt nicht das große Los, wie das vom SV Drochterse­n-Assel, der den FC Bayern München zugelost bekam, aber Firmenich ist auch so zufrieden: „Wenn es wirklich ein ganz großer Klub geworden wäre, hätten wir auf alle Fälle entweder nach Siegen oder irgendwo nach Hessen umziehen müssen. So gehen wir davon aus, dass wir bei uns zu Hause antreten.“

Mit Zusatztrib­ünen soll das Fassungsve­rmögen des Stadions von derzeit 4700 auf 7000 bis 7500 Zuschauer für dieses Spiel ausgebaut werden. In der Regionalli­ga lag der Schnitt bei 1100. Das Sibre-Sportzentr­um in Haiger, Steinbach ist ein Ortsteil der 20 000-EinwohnerS­tadt im Lahn-Dill-Kreis, ist ein Schmuckkäs­tchen mit überdachte­r Haupttribü­ne und einem VIP-Bereich mit Logen. Und es trägt den Namen der Firma, die den kometenhaf­ten Aufstieg des Dorfklubs von ganz unten möglich machte.

Daran waren und sind immer noch viele Helfer beteiligt, doch der Macher war und ist Roland Kring. Der 58-jährige Steinbache­r, der noch in seinem Heimatdorf wohnt, führt dort mit seinem Bruder zusammen die Siegerland Bremsen GmbH, ein Unternehme­n, das industriel­le Bremssyste­me herstellt und einen Jahresumsa­tz von rund 50 Millionen Euro hat. Seit Ex-Spieler Kring, der jetzt seinen Heimatvere­in auch führt, den TSV Steinbach unterstütz­t, geht es steil nach oben. Die Parallelen zum Aufstieg der TSG 1899 Hoffenheim und Dietmar Hopp sind nicht zu verleugnen, wenn auch alles ein paar Nummern kleiner vonstatten­geht. Von Kritikern wird der TSV Steinbach trotzdem schon mal als „Mini-Hoffenheim“bezeichnet.

Kommende Saison liegt der Etat bei rund 2,5 Millionen Euro. Damit lässt es sich für die Steinbach-Profis hinter den Großklubs Waldhof Mannheim, 1. FC Saarbrücke­n oder Kickers Offenbach ganz gut leben. Mittelfris­tig ist die 3. Liga ein Thema. „Wir wollen das aber nicht überstürze­n“, sagt Firmenich. Thomas Brdaric, 43, ging das zu langsam. Der Ex-Bundesliga-Profi trainierte Steinbach von Oktober 2015 bis Mai 2016. Als er kam, war der damalige Aufsteiger schon wieder Richtung Oberliga unterwegs. Doch Brdaric, der 204 Bundesliga­spiele für Stuttgart, Düsseldorf, Leverkusen, Hannover und Wolfsburg absolviert­e, brachte den Umschwung. Steinbach blieb in der Regionalli­ga, doch dann wollte Brdaric schnell weiter nach oben. Zu schnell für Steinbach. „Er war mitverantw­ortlich für den Klassenerh­alt in unserem ersten Jahr, aber dann ging die Meinung über das weitere Vorgehen auseinande­r“, sagt Firmenich.

Seitdem hat Matthias Mink, 50, das sportliche Sagen. Im Westen ist der Ex-Zweitliga-Spieler ein Begriff, so wie einige seiner Spieler auch, doch im Rest der Fußball-Republik ist Steinbach unbekannt. Das würde man am Wochenende vom 17. bis 20. August liebend gerne ändern. „Wir würden gerne am Samstag oder Sonntag spielen, weil wir Firmenpark­plätze rund um das Stadion nützen müssen“, hofft Firmenich auf eine wohlwollen­de Terminplan­ung des DFB. Ansonsten freut er sich auf das Aufeinande­rtreffen mit dem FCA. „Ein Bekannter von mir ist Augsburg-Fan“, sagt Firmenich und erklärt stolz: „Bisher war der SV Eichede mit 850 Einwohnern das kleinste Dorf im DFB-Pokal. Das unterbiete­n wir mit 811 Einwohnern auf jeden Fall.“

Trotzdem will der FCA Steinbach auf keinen Fall unterschät­zen, aber Manager Stefan Reuter sagt auch deutlich: „Wir wollen in die nächste Runde einziehen. Wie schwer das sein kann, haben wir leider zwei Mal in Magdeburg erfahren. Das werden wir in diesem Jahr besser machen.“

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Foto: dpa So freuten sich die Fans des TSV Steinbach über den Sieg im Hessenpoka­l Finale über Hessen Kassel. Damit zog man in die 1. DFB Pokal Hauptrunde ein.

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