Augsburger Allgemeine (Land West)
Die Rückkehrerinnen
Der Fachkräftemangel ist ein bestehendes Problem. Warum gerade Frauen dafür die Lösung sein können
Das Rollenbild der Frau hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Das zeigen auch die aktuellsten Zahlen der Arbeitsagentur: Die Anzahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen ist in Augsburg in den letzten fünf Jahren um acht Prozent gestiegen. Im Vergleich liegt der Anstieg der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Männer nur bei sechs Prozent.
Immer mehr Frauen gelingt es, Arbeit und Familie unter einen Hut zu bekommen. Die gute Ausbildung der Frauen und der Fachkräftemangel spielen dabei eine wichtige Rolle. „Jemanden neu einzustellen, ist für ein Unternehmen mit hohen Kosten verbunden, daher sind Rückkehrer sehr gefragt“, erklärt Christine Neumann von der Industrieund Handelskammer (IHK).
Der 36-jährigen Polizeibeamtin Vanessa Meßner hat der Wunsch des Arbeitgebers nach einer erfahrenen und flexibel einsetzbaren Mitarbeiterin in die Karten gespielt. Die Augsburgerin steht 20 Monate nach der Geburt ihres Kindes wieder mit beiden Füßen fest im Arbeitsleben. Dabei kann sie ihren Tagdienst frei einteilen. „Mein Arbeitgeber macht es möglich“, sagt sie. Für die Beamtin war von vorneherein klar, dass sie weiterhin arbeiten wird: „Ich habe mich zu Beginn der Schwangerschaft mit meinem Arbeitgeber zusammengesetzt und wir haben darüber geredet, wie es weitergehen soll.“Da Meßner vor der Familiengründung im Schichtdienst arbeitete, musste sie sich um eine Alternative kümmern. „Ich kam in eine andere Abteilung und kann jetzt meine elternpolitische Teilzeit 30 Stunden die Woche nutzen“. Für Thomas Rieger, Chef von Vanessa Meßner, ein gelungenes Beispiel, wie die Wünsche beider Seiten unter einen Hut zu bekommen sind. Denn trotz Fachkräftemangel haben auch Chefs Anforderungen an ihre Rückkehrerinnen: „Eine Frau sollte nicht zu lange wegbleiben und auch eine Mindestzeit zum Arbeiten sollte sie zur Verfügung haben, um eine vernünftige Beschäftigung zu finden.“
IHK-Expertin Christine Neumann kennt das, weiß aber auch, dass besonders bei Großunternehmen flexible Teilzeitkräfte ein Gewinn sind, weil man sie an Stellen unterbringen kann, wo es Mangel gibt. Auch Branchen wie die Gastronomie setzen zunehmend auf arbeitende Mütter. Sie sind beispielsweise am Vormittag einsetzbar, wenn die Kinder im Kindergarten oder der Schule sind. Klingt nach einer Gewinn-Situation für alle.
Aber nicht für jede Frau ist die Rückkehr in das Berufsleben so einfach. Besonders alleinerziehende Frauen stehen unter Druck. „Das Geld einer Teilzeitbeschäftigung reicht einfach nicht aus, um sich und die Kinder zu versorgen“, sagt Annette Rosch, Beauftragte für Chancengleichheit der Bundesagentur für Arbeit. Dazu komme das Thema Altersarmut: „Wenn eine Frau erst mit Mitte 50 anfängt, in ihre Rente einzuzahlen, ist das schon fast zu spät“, sagt Rosch. Also gilt: je früher, desto besser. Um die Frauen, die ins Arbeitsleben zurückkommen wollen, zu ermutigen, gibt es spezielle Beratungsstellen. Bei Organisationsformen wie dem sogenannten „Jobsharing“können sich Frauen beispielsweise gegenseitig helfen. Zwei Mütter kommen dem Arbeitgeber entgegen, indem sie ihre begrenzte Zeit untereinander so vereinbaren, dass mit beiden Müttern ein oder zwei volle Arbeitstage gefüllt sind. Das hilft den Frauen und entlastet das Unternehmen.