Augsburger Allgemeine (Land West)
Neue Baugebiete mit Augenmaß entwickeln
Der Bevölkerungszuzug der vergangenen Jahre ändert das Gesicht der Stadt: Während vor 20 Jahren der Bau von Mehrfamilienhäusern so gut wie stillstand, hat es eine Trendwende gegeben. Im bebauten Stadtgebiet wird dieser Haustyp bei den Neubauten in den kommenden Jahren dominieren. Denn das Einfamilienhaus mit Garten – der klassische Traum junger Familien – ist die ressourcenfressendste Art von Gebäude. Verdichtetes Bauen hat nicht automatisch etwas mit Trabantenstädten zu tun. Das Bismarckviertel ist voll mit fünfstöckigen Mehrfamilienhäusern aus der Gründerzeit – und zählt zu den gefragtesten Stadtvierteln.
Ganz auf Einfamilienhäuser verzichten wird die Stadt aber sicher nicht. Es ist deren erklärtes Ziel, junge Mittelschichtfamilien im Stadtgebiet zu halten, um die Bevölkerungszusammensetzung zu beeinflussen und um Einnahmen aus der Einkommensteuer zu haben. Das ist verständlich, führt dann aber auch zu Überlegungen wie dem Baugebiet Radegundis, die zumindest stark zu hinterfragen sind. Hier würde ein besonders sensibler Fleck des Außenbereichs der Stadt mit Wohnbebauung überzogen.
Die Stadt steht dabei unter Druck: Wer vom Einfamilienhaus träumt und in der Stadt keinen Bauplatz bekommt, zieht eben aufs Land, wo noch genug Einfamilienhaus-Neubaugebiete entstehen. Ökologisch ist damit nichts gewonnen – die Fläche wird ebenso verbraucht, die Verkehrsmenge steigt aber noch stärker. Die Stadt wird Alternativen wie Reihenhäuser und vor allem attraktiven Geschosswohnungsbau forcieren müssen. Und die Überlegungen aus der Wohnraumoffensive, älteren Menschen den Auszug aus dem zu groß gewordenen Haus zu erleichtern, harren noch einer Umsetzung.
Mit Haunstetten Südwest geht die Stadt demnächst die größte Stadtentwicklungsmaßnahme (neben der Kasernen-Konversion) in ihrer jüngeren Geschichte an. Sie wird zur Folge haben, dass Augsburg mit Königsbrunn auf größerer Strecke zusammenwächst – Prozesse, die sich seit Jahrzehnten an allen Ecken beobachten lassen. Damit ändern sich die Gliederungsstrukturen im Randbereich. Es ist das erste Mal seit Jahrzehnten, dass die Stadt Wohnbauflächen im Außenbereich plant, noch dazu in gigantischer Größe. Damit geht große Verantwortung einher.