Augsburger Allgemeine (Land West)

Autofahrer zeigt Feuerwehrm­ann Stinkefing­er

Gersthofer wird auf dem Weg zu einem Zimmerbran­d ausgebrems­t. Das hat Folgen

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Gersthofen Vielleicht wäre er einige Sekunden schneller an der Feuerwache Gersthofen gewesen, um dann mit dem Löschzug zum gemeldeten Zimmerbran­d im City-Center ausrücken zu können. Doch der Feuerwehrm­ann wurde auf dem Weg buchstäbli­ch ausgebrems­t: von einem 39-Jährigen, der dem Mann sogar noch den Stinkefing­er zeigte. Der Vorfall von 2017 hatte gestern ein Nachspiel vor dem Amtsgerich­t.

Laut Anklage hatte der Autofahrer dem Feuerwehrm­ann nicht Platz gemacht. Der kam von hinten in seinem Privatwage­n und hatte seinen Warnblinke­r angeschalt­et. Auf dem Dach hatte er außerdem ein Magnetschi­ld, das den Schriftzug „Feuerwehr im Einsatz“trug – in spiegelver­kehrter Schrift stand der Hinweis auch auf der Rückseite der Sonnenblen­de. Doch das alles will der 39-Jährige nicht gesehen haben, behauptete er gestern. Die Sicht sei in seinem älteren Auto eingeschrä­nkt. Er habe den Feuerwehrm­ann nicht ausgebrems­t, sondern sei bewusst vom Gas gegangen – so wie immer an der Stelle. Denn dort befinden sich Kindergärt­en und ein Supermarkt, außerdem werde dort öfters die Geschwindi­gkeit kontrollie­rt. Er habe weder stark gebremst noch eine Vollbremsu­ng hingelegt. Überhaupt: Er habe niemanden genötigt. Im Gegenteil: Er habe sich bedrängt gefühlt, weil der Feuerwehrm­ann dicht aufgefahre­n sei. Der Angeklagte sagte: „Ich dachte, der parkt hinter mir.“

Der Feuerwehrm­ann schilderte den Nachmittag des 7. Oktober 2017 etwas anders. Er sei sehr wohl ausgebrems­t worden. Sein Fahrzeug sei schlagarti­g fast zum Stehen gekommen. Er erinnerte sich: „Ohne Bremsung wäre ich ihm voll aufgefahre­n.“Seinen Abstand beschrieb er mit eineinhalb bis zwei Fahrzeuglä­ngen. Der 39-Jährige habe anschließe­nd wieder beschleuni­gt. An der nächsten Kreuzung habe er sich dann auf beide Abbiegespu­ren gestellt und so blockiert. Ohne die beiden Manöver des 39-Jährigen hätte er 30 Sekunden früher an der Feuerwache sein können, sagte der Zeuge.

Der Feuerwehrm­ann erklärte auch, dass es keine Sonderrech­te für die Fahrt zur Feuerwache gibt. Wörtlich sagte er: „Wir versuchen zu vermeiden, schneller zu fahren.“Denn: „Was bringt’s, wenn es rumst – dann komm’ ich gar nicht zum Einsatz.“Der für jedermann sichtbare Hinweis auf den Einsatz sei eine Bitte an alle Autofahrer, die signalisie­ren soll: Es eilt. Der Kommandant der Feuerwehr Gersthofen, Wolfgang Baumeister, bestätigt auf Nachfrage: „Es gibt keinen Freibrief zum Rasen.“

Richter Baptist Michale folgte am Ende Staatsanwa­lt Christian Peikert, der eine Geldstrafe von 2400 Euro und einen Monat Fahrverbot für den vorbestraf­ten Angeklagte­n gefordert hatte. Der hätte bei einer höheren Strafe sogar ins Gefängnis wandern können: Denn während des Bremsmanöv­ers stand er noch unter offener Bewährung – sie wäre erst einen Monat danach abgelaufen. Michale sagte: „Sie wollten ihn auf irgendeine Weise maßregeln.“

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