Augsburger Allgemeine (Land West)
Die liebe Not mit dem Lärm
Es gibt offenbar immer mehr Beschwerden über laute Gartengeräte. Eine Stadt will auf leisere Elektrogeräte setzen
Nicht nur wenn Menschen gemeinsam im Fußballfieber stecken, kann es schon mal lauter werden. So können Gartengeräte den Nachbarn zusetzen.
Landkreis Augsburg/Stadtbergen Wenn viele Menschen wie gestern Abend gemeinsam im Fußballfieber stecken, dann wird es lauter. Damit das Public Viewing nicht mit den strengen deutschen LärmschutzVorschriften kollidiert, gibt es zur WM eine Ausnahmeregelung. Sie sieht laut Bundesumweltministerium gleichzeitig einen akzeptablen Mindestschutz für Anwohner vor. Der war jüngst auch Thema in Stadtbergen, als es um die Frage ging, ob sich der Einsatz von lauten Gartengeräten einschränken lässt.
„Wir haben landkreisweit viele Beschwerden. Die Rücksichtnahme ist zurückgegangen. Jeder macht und tut, was er will“, sagte SPDStadtrat und Landtagsabgeordneter Herbert Woerlein. Der Leiter des Stadtberger Ordnungsamtes, Mar- kus Voh, bestätigte: Die Zahl der Beschwerden über den Einsatz von Geräten mit Verbrennungsmotor und der damit verbundenen Lärmbelastung habe zugenommen. Für Ärger sorgen unter anderem die Laubbläser. Die waren noch nicht in Mode, als Stadtrat Günther Oppel 1999 die aktuell gültige Lärmschutzverordnung als Zweiter Bürgermeister unterzeichnete. 20 Jahre danach plädiert er dafür, die Regelungen fortzuschreiben. Er befürchtete ein „Wildwest“in der Stadt, wenn es keine klare Linie gebe.
Sie sieht im Augenblick vor, dass ruhestörende Arbeiten in Haus und im Garten von Montag bis Freitag nur zwischen 8 und 12 Uhr sowie zwischen 14 und 19 Uhr sowie samstags von 8 bis 12 Uhr und 14 bis 18 Uhr erledigt werden dürfen. Ausgenommen davon sind gewerbliche Dienstleister, die Landwirtschaft und Bauarbeiter. Stadtbergens Bür- germeister Paul Metz würde sich wünschen, dass zum Beispiel Hausmeisterdienste mehr auf Werkzeuge mit Elektromotor setzen. Sein Stellvertreter Michael Smischek erinnerte daran, dass es laute Elektrogeräte gibt. Die hat Grünen-Stadtrat Paul Reisbacher gar nicht im Sinn: Ihm schwebt vielmehr eine Immissionsschutzverordnung vor, die auch auf Geruchsbelästigungen eingeht. „Das ist rechtlich eine schwierige Sache“, sagte Ordnungsamtsleiter Voh, auch wenn er das Ärgernis nachvollziehen kann: „Wenn jemand jeden Tag auf dem Balkon eines Mehrfamilienhauses grillt, dann wird das den Nachbarn irgendwann zu viel.“Ganz und gar nicht schmeckte CSU-Stadtrat Norbert Knoblich die Diskussion. „Verbieten wir bald alles“, fragte er und sagte provokativ: „Dass wir noch leben dürfen, gleicht einem Wunder.“Knoblich war der Meinung, dass viele Menschen gar nicht wüssten, was verboten ist und was nicht. Sein Kollege Tobias Schmidt sagte, dass oft auch Unachtsamkeit die Wurzeln des Übels sei. Er regte an, im Internet für mehr gegenseitige Rücksichtnahme zu werben. In jedem Fall soll das Ordnungsamt jetzt die Lärmschutzverordnung überarbeiten und dann einen entsprechenden Satzungsentwurf vorlegen.
Doch wie sieht es in anderen Gemeinden des Landkreises aus? In Meitingen gibt es beispielsweise keine gemeindeeigene Lärmschutzverordnung. Laut Achim Zwick vom Ordnungsamt orientiere man sich an der entsprechenden Bundesverordnung rund um Geräte- und Maschinenlärm. Diese besagt, dass ein Privatmann werktags zwischen 7 und 20 Uhr seinen Rasen mähen darf. „Eine Mittagsruhe ist da nicht vorgesehen“, erklärt Zwick. Allerdings appellieren er und seine Kollegen an die Gartenbesitzer, in der Zeit von 13 bis 15 Uhr die Knatterkisten nicht anzustellen. Eine Mittagsruhe sei dagegen einzuhalten, wenn man mit sogenannten Hochtönern wie Kantentrimmern oder Ähnlichem hantiert.
Zwick würde sich wünschen, dass die Leute einfach wieder mehr miteinander reden würden, wenn etwas nicht passt. Wenn beispielsweise ein älterer Mensch seinem Nachbarn erklärt, dass er einfach seinen Mittagsschlaf brauche, stoße dieser damit meist auf Verständnis.
Eine ähnliche Sichtweise vertritt auch ein Sprecher der Polizeiinspektion Zusmarshausen. Dieser erklärt, dass sich die Beschwerden über Lärmbelästigungen noch in Grenzen halten würde. Er vermutet, dass man im ländlichen Raum derartige Konflikte noch eher über ein nachbarschaftliches Gespräch regeln kann.