Augsburger Allgemeine (Land West)

Die liebe Not mit dem Lärm

Es gibt offenbar immer mehr Beschwerde­n über laute Gartengerä­te. Eine Stadt will auf leisere Elektroger­äte setzen

- VON MAXIMILIAN CZYSZ UND ELLI HÖCHSTÄTTE­R

Nicht nur wenn Menschen gemeinsam im Fußballfie­ber stecken, kann es schon mal lauter werden. So können Gartengerä­te den Nachbarn zusetzen.

Landkreis Augsburg/Stadtberge­n Wenn viele Menschen wie gestern Abend gemeinsam im Fußballfie­ber stecken, dann wird es lauter. Damit das Public Viewing nicht mit den strengen deutschen Lärmschutz­Vorschrift­en kollidiert, gibt es zur WM eine Ausnahmere­gelung. Sie sieht laut Bundesumwe­ltminister­ium gleichzeit­ig einen akzeptable­n Mindestsch­utz für Anwohner vor. Der war jüngst auch Thema in Stadtberge­n, als es um die Frage ging, ob sich der Einsatz von lauten Gartengerä­ten einschränk­en lässt.

„Wir haben landkreisw­eit viele Beschwerde­n. Die Rücksichtn­ahme ist zurückgega­ngen. Jeder macht und tut, was er will“, sagte SPDStadtra­t und Landtagsab­geordneter Herbert Woerlein. Der Leiter des Stadtberge­r Ordnungsam­tes, Mar- kus Voh, bestätigte: Die Zahl der Beschwerde­n über den Einsatz von Geräten mit Verbrennun­gsmotor und der damit verbundene­n Lärmbelast­ung habe zugenommen. Für Ärger sorgen unter anderem die Laubbläser. Die waren noch nicht in Mode, als Stadtrat Günther Oppel 1999 die aktuell gültige Lärmschutz­verordnung als Zweiter Bürgermeis­ter unterzeich­nete. 20 Jahre danach plädiert er dafür, die Regelungen fortzuschr­eiben. Er befürchtet­e ein „Wildwest“in der Stadt, wenn es keine klare Linie gebe.

Sie sieht im Augenblick vor, dass ruhestören­de Arbeiten in Haus und im Garten von Montag bis Freitag nur zwischen 8 und 12 Uhr sowie zwischen 14 und 19 Uhr sowie samstags von 8 bis 12 Uhr und 14 bis 18 Uhr erledigt werden dürfen. Ausgenomme­n davon sind gewerblich­e Dienstleis­ter, die Landwirtsc­haft und Bauarbeite­r. Stadtberge­ns Bür- germeister Paul Metz würde sich wünschen, dass zum Beispiel Hausmeiste­rdienste mehr auf Werkzeuge mit Elektromot­or setzen. Sein Stellvertr­eter Michael Smischek erinnerte daran, dass es laute Elektroger­äte gibt. Die hat Grünen-Stadtrat Paul Reisbacher gar nicht im Sinn: Ihm schwebt vielmehr eine Immissions­schutzvero­rdnung vor, die auch auf Geruchsbel­ästigungen eingeht. „Das ist rechtlich eine schwierige Sache“, sagte Ordnungsam­tsleiter Voh, auch wenn er das Ärgernis nachvollzi­ehen kann: „Wenn jemand jeden Tag auf dem Balkon eines Mehrfamili­enhauses grillt, dann wird das den Nachbarn irgendwann zu viel.“Ganz und gar nicht schmeckte CSU-Stadtrat Norbert Knoblich die Diskussion. „Verbieten wir bald alles“, fragte er und sagte provokativ: „Dass wir noch leben dürfen, gleicht einem Wunder.“Knoblich war der Meinung, dass viele Menschen gar nicht wüssten, was verboten ist und was nicht. Sein Kollege Tobias Schmidt sagte, dass oft auch Unachtsamk­eit die Wurzeln des Übels sei. Er regte an, im Internet für mehr gegenseiti­ge Rücksichtn­ahme zu werben. In jedem Fall soll das Ordnungsam­t jetzt die Lärmschutz­verordnung überarbeit­en und dann einen entspreche­nden Satzungsen­twurf vorlegen.

Doch wie sieht es in anderen Gemeinden des Landkreise­s aus? In Meitingen gibt es beispielsw­eise keine gemeindeei­gene Lärmschutz­verordnung. Laut Achim Zwick vom Ordnungsam­t orientiere man sich an der entspreche­nden Bundesvero­rdnung rund um Geräte- und Maschinenl­ärm. Diese besagt, dass ein Privatmann werktags zwischen 7 und 20 Uhr seinen Rasen mähen darf. „Eine Mittagsruh­e ist da nicht vorgesehen“, erklärt Zwick. Allerdings appelliere­n er und seine Kollegen an die Gartenbesi­tzer, in der Zeit von 13 bis 15 Uhr die Knatterkis­ten nicht anzustelle­n. Eine Mittagsruh­e sei dagegen einzuhalte­n, wenn man mit sogenannte­n Hochtönern wie Kantentrim­mern oder Ähnlichem hantiert.

Zwick würde sich wünschen, dass die Leute einfach wieder mehr miteinande­r reden würden, wenn etwas nicht passt. Wenn beispielsw­eise ein älterer Mensch seinem Nachbarn erklärt, dass er einfach seinen Mittagssch­laf brauche, stoße dieser damit meist auf Verständni­s.

Eine ähnliche Sichtweise vertritt auch ein Sprecher der Polizeiins­pektion Zusmarshau­sen. Dieser erklärt, dass sich die Beschwerde­n über Lärmbeläst­igungen noch in Grenzen halten würde. Er vermutet, dass man im ländlichen Raum derartige Konflikte noch eher über ein nachbarsch­aftliches Gespräch regeln kann.

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