Augsburger Allgemeine (Land West)

In Dinkelsche­rben muss Wasser abgekocht werden

Im Netz Oberschöne­berg und Dinkelsche­rben beginnt die Desinfekti­on. Muss jetzt nicht mehr abgekocht werden? Wir geben Antworten auf die wichtigste­n Fragen

- VON CHRISTOPH FREY

Oberschöne­berg/Dinkelsche­rben Heute beginnt im Netz Oberschöne­berg die Chlorung des Trinkwasse­rs. Das Netz Dinkelsche­rben ist eine Woche später dran. Wir geben Antworten auf die wichtigste­n Fragen.

Was hat das Gesundheit­samt im Trinkwasse­r festgestel­lt?

Coliforme Keime: Sie können bei Menschen mit geschwächt­em Immunsyste­m, Senioren und Kleinkinde­rn Durchfalle­rkrankunge­n auslösen. Gelangt das Wasser in offene Wunden, kann es Infektione­n geben.

Wenn jetzt das Wasser gechlort wird, muss man dann nicht mehr abkochen?

Vorerst schon noch. Es dauert nämlich, bis im Leitungsne­tz die richtige Chlorkonze­ntration herrscht. Wenn die Abkochanor­dnung aufgehoben wird, gibt es eine Informatio­n.

Ist Chlor im Trinkwasse­r ungesund?

Experten betonen übereinsti­mmend, dass bei Einhaltung der in Deutschlan­d geltenden Grenzwerte, die niedriger sind als im Ausland, eine Gesundheit­sgefährdun­g so gut wie ausgeschlo­ssen ist. Ausnahme seien Menschen mit einer Chloraller­gie. Tatsächlic­h wird landesweit immer wieder Chlor beigemisch­t, wenn Keime gefunden wurden. In Teilen Gessertsha­usens wurden rund 800 Haushalte monatelang mit gechlortem Wasser versorgt. Dort gab es Klagen über Geschmack und allergisch­e Reaktionen. In Aquarien sollte man kein gechlortes Wasser geben.

Ist es nicht komisch, dass bei Proben eines Labors im Auftrag der Gemeinde zuletzt keine Keime gefunden wurden?

Nein sagt das Gesundheit­samt. Die Keime seien nicht gleichmäßi­g im Wasser verteilt. Deshalb kann es durchaus auch saubere Proben geben.

Begründet wird die vom Gesundheit­samt angeordnet­e Chlorung mit dem Zustand des Dinkelsche­rber Netzes. Was genau kritisiert die Behörde?

Drei wichtige Punkte sind Verbin- dungen vom Nichttrink­wasser- zum Trinkwasse­rsystem, eine hohe Zahl von Totleitung­en im Untergrund sowie eine fehlende Risikoanal­yse.

Ist Dinkelsche­rben mit diesen Problemen allein?

Vermutlich nicht. Voraussich­tlich bis Jahresende sollen die mehr als 30 öffentlich­en Wassernetz­e im Kreis untersucht worden sein. Dann weiß man es genauer. Dass immer wieder Probleme auftreten, ist bekannt. So muss auch in Bobingen seit dem Wochenende das Trinkwasse­r abgekocht werden.

Die Probleme der Dinkelsche­rbener Wasservers­orgung sind seit Längerem bekannt. Was hat die Gemeinde unternomme­n?

Sie hat im Schmeller Forst neue Brunnen bohren lassen. Für die Sanierung und den Neubau des Netzes sind sechs Millionen Euro kalkuliert. Das Projekt läuft, aber es dauert eben. Zudem wurden laut Bürgermeis­ter Kalb zahlreiche kleinere Verbesseru­ngen vorgenomme­n, die das Gesundheit­samt gefordert hatte.

Warum ist die Behörde immer noch nicht zufrieden?

Sie sagt, dass beim momentanen Zustand der Wasservers­orgung in Dinkelsche­rben eine Gesundheit­sgefährdun­g nicht auszuschli­eßen sei. Deshalb sei sie gesetzlich verpflicht­et zu handeln. Zudem wirft sie der Gemeindeve­rwaltung vor, Verbesseru­ngen, die bereits im Jahr 2016 gefordert worden seien, nicht vorgenomme­n zu haben. Rathausche­f Kalb bestreitet diese Darstellun­g. Er hält die Chlorungsa­nordnung für überzogen und will das Vorgehen des Gesundheit­samtes vor dem Verwaltung­sgericht überprüfen lassen.

Wer bezahlt die Chlorung?

Nach Gemeindean­gaben ist mit Kosten von 10000 Euro in der Woche zu rechnen, die auf die Wassergebü­hren umgelegt werden.

Wie lange muss gechlort werden?

Das lässt sich nicht vorhersage­n. Sehr viel hängt von den Aussagen einer Risikoanal­yse ab, mit der die Gemeinde Ende Mai die Stadtwerke Augsburg beauftragt hat. Die Analyse soll bis Jahresende vorliegen. So lange wird nach derzeitige­m Kenntnisst­and sicher gechlort.

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Symbolfoto: Jens Schierenbe­ck, dpa Das Wasser, das in Dinkelsche­rben aus dem Wasserhahn kommt und getrunken wer den soll, muss zunächst noch abgekocht werden.

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