Augsburger Allgemeine (Land West)
In Dinkelscherben muss Wasser abgekocht werden
Im Netz Oberschöneberg und Dinkelscherben beginnt die Desinfektion. Muss jetzt nicht mehr abgekocht werden? Wir geben Antworten auf die wichtigsten Fragen
Oberschöneberg/Dinkelscherben Heute beginnt im Netz Oberschöneberg die Chlorung des Trinkwassers. Das Netz Dinkelscherben ist eine Woche später dran. Wir geben Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Was hat das Gesundheitsamt im Trinkwasser festgestellt?
Coliforme Keime: Sie können bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem, Senioren und Kleinkindern Durchfallerkrankungen auslösen. Gelangt das Wasser in offene Wunden, kann es Infektionen geben.
Wenn jetzt das Wasser gechlort wird, muss man dann nicht mehr abkochen?
Vorerst schon noch. Es dauert nämlich, bis im Leitungsnetz die richtige Chlorkonzentration herrscht. Wenn die Abkochanordnung aufgehoben wird, gibt es eine Information.
Ist Chlor im Trinkwasser ungesund?
Experten betonen übereinstimmend, dass bei Einhaltung der in Deutschland geltenden Grenzwerte, die niedriger sind als im Ausland, eine Gesundheitsgefährdung so gut wie ausgeschlossen ist. Ausnahme seien Menschen mit einer Chlorallergie. Tatsächlich wird landesweit immer wieder Chlor beigemischt, wenn Keime gefunden wurden. In Teilen Gessertshausens wurden rund 800 Haushalte monatelang mit gechlortem Wasser versorgt. Dort gab es Klagen über Geschmack und allergische Reaktionen. In Aquarien sollte man kein gechlortes Wasser geben.
Ist es nicht komisch, dass bei Proben eines Labors im Auftrag der Gemeinde zuletzt keine Keime gefunden wurden?
Nein sagt das Gesundheitsamt. Die Keime seien nicht gleichmäßig im Wasser verteilt. Deshalb kann es durchaus auch saubere Proben geben.
Begründet wird die vom Gesundheitsamt angeordnete Chlorung mit dem Zustand des Dinkelscherber Netzes. Was genau kritisiert die Behörde?
Drei wichtige Punkte sind Verbin- dungen vom Nichttrinkwasser- zum Trinkwassersystem, eine hohe Zahl von Totleitungen im Untergrund sowie eine fehlende Risikoanalyse.
Ist Dinkelscherben mit diesen Problemen allein?
Vermutlich nicht. Voraussichtlich bis Jahresende sollen die mehr als 30 öffentlichen Wassernetze im Kreis untersucht worden sein. Dann weiß man es genauer. Dass immer wieder Probleme auftreten, ist bekannt. So muss auch in Bobingen seit dem Wochenende das Trinkwasser abgekocht werden.
Die Probleme der Dinkelscherbener Wasserversorgung sind seit Längerem bekannt. Was hat die Gemeinde unternommen?
Sie hat im Schmeller Forst neue Brunnen bohren lassen. Für die Sanierung und den Neubau des Netzes sind sechs Millionen Euro kalkuliert. Das Projekt läuft, aber es dauert eben. Zudem wurden laut Bürgermeister Kalb zahlreiche kleinere Verbesserungen vorgenommen, die das Gesundheitsamt gefordert hatte.
Warum ist die Behörde immer noch nicht zufrieden?
Sie sagt, dass beim momentanen Zustand der Wasserversorgung in Dinkelscherben eine Gesundheitsgefährdung nicht auszuschließen sei. Deshalb sei sie gesetzlich verpflichtet zu handeln. Zudem wirft sie der Gemeindeverwaltung vor, Verbesserungen, die bereits im Jahr 2016 gefordert worden seien, nicht vorgenommen zu haben. Rathauschef Kalb bestreitet diese Darstellung. Er hält die Chlorungsanordnung für überzogen und will das Vorgehen des Gesundheitsamtes vor dem Verwaltungsgericht überprüfen lassen.
Wer bezahlt die Chlorung?
Nach Gemeindeangaben ist mit Kosten von 10000 Euro in der Woche zu rechnen, die auf die Wassergebühren umgelegt werden.
Wie lange muss gechlort werden?
Das lässt sich nicht vorhersagen. Sehr viel hängt von den Aussagen einer Risikoanalyse ab, mit der die Gemeinde Ende Mai die Stadtwerke Augsburg beauftragt hat. Die Analyse soll bis Jahresende vorliegen. So lange wird nach derzeitigem Kenntnisstand sicher gechlort.