Augsburger Allgemeine (Land West)
Der Teufelsgeiger lässt die Violinensaiten glühen
Emotionales Jazzfrühstück mit Sandro Roy. Das Ausnahmetalent überzeugt nicht nur mit seiner Bühnenpräsenz
Neusäß Bereits schon vor der offiziellen Einlasszeit füllte sich der Biergarten auf dem Jugendhaus-Gelände rasch mit neugierigen Besuchern – teilweise auch angelockt durch einen vielversprechenden Soundcheck auf der Bühne, der schlichtweg Lust auf das folgende Konzertprogramm machte.
Begleitend zum Neusässer Musiksommer präsentierte das Stereoton mit City Sound ein Drei-Tages-Festival, zu dessen Höhepunkten das Ausnahmetalent Sandro Roy gehörte, den viele Musikliebhaber respektvoll den Teufelsgeiger nennen.
Dies kommt nicht von ungefähr, denn auch auf dem Neusässer Open Air war mit sämtlichen Sinnen zu erleben, welch angenehme Emotionen man mit einer professionellen Saitenkunst und einer durchweg sympathischen Bühnenpräsenz her- vorrufen kann. Um sein Violinenspiel stimmungsvoll zu ergänzen, hat der Vollblutmusiker – der sich in den klassischen Gefilden eines Wolfgang Amadeus Mozart ebenso wohlzufühlen scheint wie in den Genres des Jazz – diesmal zwei hochkarätige Begleitmusiker mit ins Boot geholt: Thomas Stützel mit seinem Kontrabass sowie den eigenen Vater Timo Roy, der mit seiner Gitarre in der legendären Gibson-LesPaul-Optik bereits schon äußerlich an die große Zeit von Django Reinhardt denken ließ.
Mit einem Abstecher in die beschwingte Caféhauskultur begann schließlich ein sinnliches Streicherfeuerwerk, das seine Energie aus spannenden Kontrasten schöpfte und sich in verführerischer Weise immer wieder neue Charakterzüge einverleibte: Unauffällige Hintergrundmusik entwickelte sich bald zu einer berauschenden Jazzsinfonie, die mit ihren impulsiven StakkatoKlängen auch vor etwas psychedelischeren Passagen nicht haltmachte, während temperamentvolle Zigeunerweisen nach und nach in die unvergessenen Riffs des Gitarrengottes Django Reinhardt überleiteten. Es dauerte nicht sehr lange, bis Roys Finger wie prasselnde Regentropfen auf den Geigensteg einhämmerten und die dynamischen Bogenstriche beinahe die Saiten der Violine zum Glühen brachten.
Gleichzeitig vollbrachte er das Kunststück, niemals allzu plakativ zu wirken, sondern vielmehr die sommerliche Open-Air-Atmosphäre mit kongenialen Klängen in stimmungsvoller Weise zu bereichern. Mal präsentierte der Neusässer Musiker einen französischen Bolero, der mit spanischen Flamencoklängen angereichert war, ein anderes Mal betörte er die Zuhörer mit wehklagenden Gipsy-Melodien.
Roy gelang es ihm immer wieder spielerisch, kleine „Störer“in seine Musik mit einzuweben, eingängige Grundthemen in komplexe Variationen aufzufächern oder den Zuhörer mit unverhofften Stilwechseln augenzwinkernd in die Irre zu führen.
Alles in allem zeigte sich bei diesem Jazzfrühstück ein höchst niveauvolles wie auch äußerst abwechslungsreiches Violinenkonzert, das sich wunderbar in das ausgelassene Treiben auf der Wiese einfügte und welches man auch sicherlich nicht alle Tage miterleben darf.