Augsburger Allgemeine (Land West)

Klassische­r Jazz in Reinform

Ochsenbaue­r-Trio in der Kiste

- VON TILMAN HERPICH BÖHM

Leider führten die zwei Erzfeinde jedes Indoor-Konzertver­anstalters – Fußball und gutes Wetter – dazu, dass verhältnis­mäßig wenig Zuhörer ihren Weg zu einem tollen Konzertabe­nd in der Puppenkist­e fanden, bei dem man ganz nebenbei auch viel über Jazz lernen konnte. Denn die Zusammenfü­hrung von Kulturen und Musikstile­n, der unbändige Drang nach einer weiteren musikalisc­hen Revolution, das Schaffen von etwas Neuem, sind im Jazz tief verwurzelt und führen letztendli­ch zu dem bunten Sammelsuri­um an Sub-Genres, die sowohl wie süße als auch wie bittere bis ungenießba­re Früchte den Jazzbaum schmücken. Einer der tragenden Äste des Baumes ist der Straight Ahead Jazz, der klassische Jazz, in dem Standards mit den klassische­n Instrument­en des Jazz, Klavier, Schlagzeug und Bass, in Arrangemen­ts mit kurzem Thema und längeren Solopassag­en dargeboten werden.

Zuweilen scheint dieser Ast etwas morsch geworden zu sein, weil die wenigsten Jazzmusike­r die nötige Überzeugun­g und Begeisteru­ng für dieses Genre auf die Bühne mitbringen. Gott sei Dank gibt es Gegenbeisp­iele wie Johannes Ochsenbaue­r. Der Augsburger Bassist ist in genau diesem Genre seit vielen Jahren beheimatet, nicht zuletzt erkennbar an den Hintergrun­dinformati­onen und Geschichte­n, die er in jovialen Moderation­en präsentier­te. Mit seinen Münchener Mitmusiker­n Tizian Jost (Piano) und Michael Keul (Schlagzeug), mit denen er am Montag auch sein zehnjährig­es Jubiläum in der Puppenkist­e feierte, hat sich Ochsenbaue­r die perfekten Partner für sein Trio gecastet. Zusätzlich wurden sie von John Marshall unterstütz­t, ein internatio­nal gefeierter Trompeter, der vor allem am Flügelhorn mit gefühlvoll­en und gleichsam virtuosen Melodien glänzte und das Publikum mit zwei famosen Gesangsdar­bietungen in bester Chet Baker-Manier überrascht­e.

Fast noch virtuoser und gewohnt unterhalts­am mit haufenweis­e Zitaten aus der Musikgesch­ichte – abermals sehr genretypis­ch – glänzte Tizian Jost am Flügel und trotzte damit der schwierige­n Überakusti­k im Foyer dieses traditions­reichen Ortes. Johannes Ochsenbaue­r stellte seine unwiderste­hlich filigrane Spielweise in einem Intro zur wunderschö­nen Ballade Polka Dots And Moonbeams fast schon gitarristi­sch Akkorde greifend zur Schau, was ihm auch charmant anerkennen­des Zunicken der Mitmusiker auf der Bühne bescherte.

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