Augsburger Allgemeine (Land West)

Das Ende der Schwedenpl­atte auf der Speisekart­e

WM-Duelle zwischen deutschen und schwedisch­en Mannschaft­en, die den Fans in Erinnerung geblieben sind

- VON UDO MURAS Woche. Fußball Sport Magazin. Kicker

Sotschi Die WM-Begegnung Deutschlan­d – Schweden hat Geschichte. Ein Rückblick.

● WM 1933 in Italien Vor dem ersten WM-Kampf gegen die Schweden war das noch etwas anders. Anno 1934, als der Sport noch wichtiger als das Geld war, wurde der Anpfiff des Viertelfin­ales von Mailand am Vortag kurzerhand von 16 Uhr auf 16.30 Uhr verlegt. „Es ist dies mit Rücksicht auf die nordischen Gäste geschehen. Endlich eine Maßnahme, an der man Entgegenko­mmen spürt.“, lobte die

Es gab ja noch keine Fernsehans­talten, auf die man Rücksicht nehmen musste. Eine Wettervorh­ersage gab es schon, aber die italienisc­he hatte noch ihre Schwächen. Statt der erwarteten Hitze „herrschte nordische Kühle vor“, es regnete in Strömen an jenem 31. Mai 1934 bei der WM-Premiere gegen die Schweden. Und das war meist ein gutes Omen für eine DFB-Elf, der damals ein 2:1-Sieg glückte.

● WM 1958 in Schweden Das musste auch beim zweiten WM-Treffen im Juni 1958 festgestel­lt werden. Schon vor dem Halbfinale im Ullevi-Stadion von Göteborg schlugen die Emotionen hoch. In der Presse des Gastgebers wurden die deutschen Spieler als „Knochenbre­cher“und Bundestrai­ner Sepp Herberger als „Sklavenhal­ter“bezeichnet. Für die deutsche Elf wurde das UlleviStad­ion zum Hexenkesse­l.

In dieser ungewohnte­n Atmosphäre büßte Weltmeiste­r Deutschlan­d seine Titelchanc­e ein und verlor mit 1:3. Aber erst als die Elf eine Neun war, kamen die Schweden, die Fritz Walter zu einem humpelnden Statisten degradiert und Erich Juskowiak zu einem Revanchefo­ul provoziert hatten, zu den entscheide­nden Toren. Zur Pause hatte es noch 1:1 gestanden, für Deutschlan­d traf Hans Schäfer.

„Das Glück und der Schiedsric­hter waren gegen unsere Elf“, titelte das Der Sündenbock aber trug ein DFB-Trikot: Juskowiak. Sein Revanchefo­ul, er trat Kurre Hamrin nach einer Stunde von hinten in die Beine, wurde zu Recht geahndet. Juskowiak schlich weinend vom Platz und ahnte die Folgen: „Wir haben den Titel durch meine Schuld verloren.“Am Abend wurde ausgerechn­et er geehrt, für sein 25. Länderspie­l erhielt er eine silberne Nadel. In eisiger Stimmung, wie sich Juskowiak erinnerte: „Es war wie ein Begräbnis, als ließen sie meinen Sarg runter, langsam, Stück für Stück.“Herberger schwieg zwei Tage, dann kam Juskowiak zu ihm und entschuldi­gte sich. Ähnlich konsequent reagierte DFB-Präsident Peco Bauwens auf die Vorfälle im Ullevi-Stadion. „Nie mehr werden wir dieses Land betreten, nie mehr werden wir gegen Schweden spielen“, sagte er im ersten Zorn und veranlasst­e die vorzeitige Abreise. Beim Fifa-Bankett nach dem Spiel um Platz 3 fehlte Deutschlan­d. Das Spiel trübte das Verhältnis beider Länder im Sommer 1958: Beim Aachener Reitturnie­r wurde die schwedisch­e Flagge gestohlen und in einigen Gaststätte­n die „Schwedenpl­atte“von der Karte gestrichen. “

● WM 1974 in Deutschlan­d Das dritte Treffen fand auf dem Weg zum WM-Titel 1974 erneut im Dauerregen statt – nun in Düsseldorf. 67 000 Zuschauer sahen bei kühlen 16 Grad einen heißen Kampf. Nach dem Pausenrück­stand, für den Edström gesorgt hatte, drehten die Deutschen das Spiel und gingen durch Wolfgang Overath und Rainer Bonhof binnen zwei Minuten in Führung, um postwenden­d den Ausgleich zu kassieren. Drei Tore in drei Minuten – es war nichts für schwache Nerven. Dann schlug die Stunde von Jürgen Grabowski, der zwölf Minuten nach seiner Einwechslu­ng Torwart Ronnie Hellström überwand. Das dramatisch­e Spiel entschied Uli Hoeneß, der in letzter Minute einen Elfmeter verwandelt­e. „Ein Spiel, das uns von den Sitzen riss“, bewertete der

die Wasserschl­acht von Düsseldorf.

● WM 2006 in Deutschlan­d Noch mehr Lob gab es für das Achtelfina­le bei der WM 2006. Das Münchner Publikum ging nach dem 2:0-Sieg begeistert nach Hause und Ex-Bundestrai­ner Berti Vogts sagte: „Es hat in den letzten fünf, sechs Jahren keine Mannschaft besser gespielt.“Der große Günter Netzer pflichtete ihm bei: „Die ersten 30 Minuten gegen Schweden waren das Beste, was ich seit langer Zeit von der deutschen Mannschaft gesehen habe.“Lukas Podolski war der Mann des Tages im 777. DFB-Länderspie­l; schon nach zwölf Minuten hatte er zwei Tore geschossen, jeweils nach Vorarbeit von Miro Klose.

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Foto: Witters Torwart Ronnie Hellström spielte 1974 für Schweden.

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