Augsburger Allgemeine (Land West)

Brasilien beginnt erst spät zu zaubern

Lange sieht es gegen Costa Rica nach einem weiteren Unentschie­den aus. Dann schlägt der Rekordwelt­meister zweimal in der Nachspielz­eit zu. Nach dem Abpfiff weint Neymar

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St. Petersburg Neymar fiel auf die Knie, schlug die Hände vors Gesicht und vergoss Freudenträ­nen. Das hart erkämpfte 2:0 (0:0) über Costa Rica sorgte beim Star des RekordWelt­meisters aus Brasilien nach dem Schlusspfi­ff für große Erleichter­ung. Dank später Tore von Philippe Coutinho und Neymar in der ersten und siebten Minute der Nachspielz­eit feierte die eine Halbzeit phlegmatis­ch agierende, dann aber aufdrehend­e Seleção vor 64 468 Zuschauern in St. Petersburg am Freitag ihren ersten Sieg und das Happy End einer echten Nervenprob­e.

Nach dem neunten Erfolg in Serie gegen Costa Rica seit 1960 haben die Brasiliane­r mit vier Punkten das Achtelfina­le in der Gruppe E wieder fest im Blick. Costa Rica, vor vier Jahren noch Viertelfin­alist, ist dagegen nach der zweiten Niederlage und noch ohne Tor vorzeitig ausgeschie­den. „Es waren unglaublic­h große Gefühle nach einem solchen Spiel. Wir sind für unsere Geduld belohnt worden“, kommentier­te Torschütze Coutinho vom FC Barcelona sichtlich gelöst. Dagegen machte Costa Ricas Nationaltr­ainer Oscar Ramirez aus seinem Frust keinen Hehl: „Wir haben Brasilien lange Zeit seiner Stärken beraubt. Leider haben wir es nicht bis zum Ende durchgezog­en.“Zwar übernahmen die Brasiliane­r von Beginn an die Regie, taten sich aber beim Herausspie­len von Torchancen erneut lange Zeit schwer. Der Viertelfin­alist der vergangene­n WM verlegte sich aufs Kontern und war bei einer Möglichkei­t von Celso Borges (13.) gar dem 1:0 nahe.

Erst nach 25 Minuten fand der fünfmalige Weltmeiste­r besser in die Partie. Inspiriert durch einen Abseitstre­ffer von Manchester-CityStürme­r Gabriel Jesus (26.) wurde der Druck auf die gegnerisch­e Abwehr erhöht. Gleichwohl blieben die Brasiliane­r weiter hinter ihren Ansprüchen zurück. Bereits nach 30 Minuten bekundeten die eigenen Fans im Stadion ihren Unmut mit ersten lautstarke­n Pfiffen. Vor allem Neymar trat zunächst kaum in Erscheinun­g, gab in der ersten Halbzeit keinen Torschuss ab und hatte die schwächste Passquote aller Brasiliane­r.

Erst nach der Pause erwachte das Team von Trainer Tite aus der Lethargie. Ein Kopfball von Gabriel Jesus an die Latte und ein im letzten Moment abgeblockt­er Schuss von Philippe Coutinho vom FC Liverpool in der 49. Minute eröffneten den Sturmlauf. Doch vor allem die Klasse von Navas hielt Costa Rica im Spiel. Bei Schüssen von Neymar (56.) und Coutinho (58.) war der Keeper von Champions-LeagueSieg­er Real Madrid zur Stelle, der schon vor vier Jahren einige Stürmer verzweifel­n ließ. Große Aufregung gab es dann in der 78. Minute: Für ein angebliche­s Foul an Neymar zeigte Schiedsric­hter Björn Kuipers zunächst auf den Elfmeterpu­nkt, diese Entscheidu­ng nahm der Niederländ­er aber nach einer Überprüfun­g durch den Videoschie­dsrichter wieder zurück – sehr zum Unmut Neymars. Immer wieder ließ sich der Superstar der Brasiliane­r auf Diskussion­en mit dem Unparteiis­chen ein, fühlte sich ungerecht behandelt, schlug wütend den Ball auf den Boden. Dafür zeigte ihm Kuipers zu Recht die Gelbe Karte. Es deutete nicht mehr vieles darauf hin, dass der fünfmalige Weltmeiste­r noch den Erfolg schaffen würde – zu zerfahren, zu verzweifel­t waren die Angriffsbe­mühungen der Südamerika­ner in der Schlusspha­se. Erst in der Nachspielz­eit sorgten Coutinho und Neymar für die Erlösung.

Tore 1:0 Philippe Coutinho (90.+1), 2:0 Neymar (90.+7) Zuschauer 64 468 (aus verkauft)

„Es waren unglaublic­h große Gefühle nach einem solchen Spiel. Wir sind für unsere Ge duld belohnt worden.“

Philippe Coutinho, Torschütze zum 1:0

 ??  ?? Der mit dem Ball tanzt: Brasiliens Neymar mit einem der wenigen Kunststück­e in einer lange Zeit heftig umkämpften Partie gegen Costa Rica.
Der mit dem Ball tanzt: Brasiliens Neymar mit einem der wenigen Kunststück­e in einer lange Zeit heftig umkämpften Partie gegen Costa Rica.
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