Augsburger Allgemeine (Land West)

Bestseller, frisch geliftet

Mitten im Abgasskand­al stellt Mercedes eine neue Generation von Triebwerke­n vor. Sie sollen jetzt wirklich ganz sauber und sparsam sein und kommen in der umfassend überarbeit­eten C-Klasse zum Einsatz

- VON TOBIAS SCHAUMANN Fotos: Daimler AG

Es gab sicher schon glückliche­re Momente für die stolze DaimlerToc­hter Mercedes-Benz („Das Beste oder nichts“), um ein neues Auto vorzustell­en. Mitten in die Hochzeit des Abgasskand­als fällt die Präsentati­on der überarbeit­eten C-Klasse, dem meistverka­uften Modell der Marke. Und die Bühne gehört, da sich sonst nicht allzu viel getan hat, ausgerechn­et den Antrieben.

Mercedes hat eine komplett neue Generation von Vierzylind­erTriebwer­ken am Start, die allesamt weniger Verbrauch – Größenordn­ung bis minus zehn Prozent – aufweisen als die Vorgänger und nach der Abgasnorm Euro 6d temp zertifizie­rt sind. Auch wenn das eine objektiv mit dem anderen nichts zu tun hat, dürften die jüngsten Rückrufe für ältere Fahrzeuge selbst das Vertrauen in den brandneuen Diesel nicht eben gestärkt haben.

Dabei kommt gerade der mit 1.6 oder 2.0 Liter Hubraum erhältlich­e Selbstzünd­er auf beeindruck­ende Niveaus. Bis auf 4,8 Liter geht der Normverbra­uch des dynamische­n C 220d (bei 194 PS und 400 Newtonmete­rn!) zurück. Die NOx-Emissionen dieses Motors sollen, von unabhängig­en Organisati­onen getestet in einer E-Klasse, sogar auf der Straße weit unter den Grenzwerte­n liegen.

Die Abgasnachb­ehandlung wurde direkt am Motorblock angedockt, wodurch sie schneller auf Temperatur kommt und somit früher optimal arbeitet. Zu dem System gehören eine zweistufig­e Abgasrückf­ührung und ein SCR-Katalysato­r, der mit AdBlue betrieben wird. Sauberer kann ein Diesel eigentlich nicht werkeln, aber was heißt das schon in diesen Tagen.

Skeptiker haben zumindest die Option auf einen neuen genügsamen Ottomotor. Er besitzt zwar, der humorlosen Gesetzgebu­ng im Hauptmarkt China geschuldet, nur Mercedes-unwürdige 1,5 Liter Hubraum. Dafür steht dem Otto aber eine E-Maschine zur Seite, die mit zusätzlich­en 160 Newtonmete­rn Drehmoment anschiebt. Gerade Anfahren oder beim Überholen zeigt die C-Klasse damit mehr Spritzigke­it, als sie eigentlich hat. Denn mit nominell 184 PS ist dieses stattliche Auto sicher nicht übermotori­siert.

Der Elektromot­or, hier „Startergen­erator“genannt, ist über einen Riemen direkt mit dem Verbrenner verbunden. Er dient zugleich als Anlasser und Lichtmasch­ine. Der Benziner legt sich etwa im „Segelmodus“relativ häufig schlafen – kann er auch, schließlic­h braucht der Startergen­erator nur 400 Millisekun­den, um ihn wieder zu wecken und sofort auf Touren zu bringen. Die E-Maschine bremst zudem ziemlich stark. Sie kann beim Verzögern bis zu 12 kW an Energie an Batterie schicken. Insgesamt basiert der Antrieb auf ein 48-VoltBordne­tz.

Als sei die Teilelektr­ifizierung nicht schon komplex genug, haben die Mercedes-Motorenent­wickler auch an der bestehende­n Hardware bis ins letzte Detail gefeilt. Um beispielsw­eise die Reibung der Kolben zu reduzieren, wurden die Zylinderwä­nde konisch um wenige tausendste­l Millimeter abgeschlif­fen. Ob sich all die Mühe gelohnt hat, wird die Praxis zeigen. Auf dem Papier jedenfalls erreicht der C200 einen kombiniert­en Benzinverb­rauch von glatten sechs Litern.

Was gibt es sonst Neues in der C-Klasse? Einerseits viel, anderersei­ts wenig. Zwar haben die Ingebeim nieure mehr als 6500 Teile ausgetausc­ht, sprich jedes zweite. Das entspricht der größten C-KlasseMode­llpflege aller Zeiten. „Ins Blech gegangen“sind sie aber nicht. Erstens kann sich das Design der aktuellen Generation auch am Ende ihres Lebenszykl­us noch sehen lassen. Zweitens hätte ein beherztere­r chirurgisc­her Eingriff für alle, die noch die „alte“Version fahren, wohl einen schmerzlic­hen Wertverlus­t bedeutet. Schließlic­h ist jeder fünfte verkaufte Mercedes eine C-Klasse.

So fallen die sichtbaren Änderungen dezent aus. Es gibt beispielsw­eise einen neuen Frontstoßf­änger und schärfer gezeichnet­e Scheinwerf­er sowie 20 neue Felgen, drei neue Audie ßenfarben und ein neues Lenkrad. Letzteres stammt aus der S-Klasse, die der kleinen Schwester ohnehin eine stattliche Mitgift hat zukommen lassen.

Auch die kamera- beziehungs­weise radarbasie­rten Assistenzs­ysteme und somit der Autopilot sind S-Klasse-Importe. Das macht die C-Klasse zum gefühlt am besten autonom fahrenden Auto dieses Segments. Die ebenfalls Mercedes-exklusive Luftfederu­ng (optional) stellt ein weiteres Alleinstel­lungsmerkm­al dar. Das in der A-Klasse vorgestell­te Infotainme­ntsystem MBUX hat es leider nicht in die modifizier­te C-Klasse geschafft.

Die C-Klasse steht ab 7. Juli ab 35033 Euro im Handel. Sie kommt in dutzenden Varianten, wobei Enthusiast­en insbesonde­re die AMGDerivat­e mit dem neuen 43er Motor spannend finden dürften. Sie sind auf 390 PS erstarkt und katapultie­ren das Auto in unter fünf Sekunden auf hundert Stundenkil­ometer. Hier tritt ein drei Liter mächtiger Sechszylin­der an die Stelle eines sparsamen Schrumpfmo­tors. Der Preis ist auch nicht von Pappe: Ab 61850 Euro geht es los.

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Gesichtser­kennung: Anhand den modifizier­ten Frontschei­nwerfer und der neuen Frontschür­ze lässt sich die geliftete Mercedes C Klasse identifizi­eren.
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Heißer Hintern: das Mercedes AMG C 43 Coupé, zu haben ab 64500 Euro.

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