Augsburger Allgemeine (Land West)
„Ich bin kein Flüchtling mehr, ich bin Augsburger“
Weil er in Afghanistan als Musiker um sein Leben fürchtet, flieht Farhad Sidiqi Jooyenda nach Deutschland. Die Geschichte, wie er hier seine neue Heimat findet, ist berührend
had, warum er in Afghanistan Angst haben muss. Farhad war in seiner Heimat offenbar ein bekannter Sänger und Songwriter. Er trat auch für die Amerikaner auf. In seinen Musikvideos tanzten Mädchen ohne Kopftuch. Das stieß den Taliban auf, sie bedrohten den Mann, wie er erzählt. Zusätzlich geriet er ins Visier eines afghanischen Warlords, weil er sich in ein Mädchen dieser Familie verliebte. „Ein Mann darf in Afghanistan nicht einfach so Kontakt zu einer Frau haben.“Auch von Seiten dieser Familie erhielt er Morddrohungen. Seine Mutter drängte ihn, das Land zu verlassen. Das alles trägt er im Landtag vor und stößt auf Wohlwollen. Der Fall landet vor dem Verwaltungsgericht. Dieses untersagt der Ausländerbehörde, den 31-Jährigen nach Afghanistan abzuschieben, weil ihm dort Folter oder unmenschliche Behandlung drohen. Das Bangen bis zu dieser Entscheidung reibt seine Nerven auf. Farhad geht in dieser Zeit morgens oft in den Siebentischwald.
„Als es um meine Abschiebung ging, bekam ich eine Depression. Der Arzt sagte mir, ich müsse weinen. Es habe sich so viel in mir angestaut.“Farhad aber kann nicht weinen. Er sagt, er habe das nie gelernt. Im Siebentischwald findet er ein Plätzchen, an dem kaum Menschen vorbeikommen. Hier schreibt der Afghane Songtexte, singt seine Lieder. Irgendwann kann er im Schutz der Bäume auch weinen. „Der Siebentischwald ist einer meiner Lieblingsplätze geworden. Aber auch der Botanische Garten und der Rathausplatz.“Der Musiker betrachtet es als Glück, dass er ausgerechnet nach Augsburg kam. „Diese Stadt hat so viel Kunst und Kultur.“Mit seiner Frau, einer gebürtigen Nürnbergerin, lebt er in einer Wohnung in der Innenstadt. Farhad spielt in mehreren Bands, tritt als Solokünstler auf. Etwa beim Brechtfestival oder bei Modular. Mit Konstantin Wecker hat er musiziert, fährt auf Gigs bis nach Österreich. Musik ist sein Leben.
Reich wird er davon nicht. Als Bedienung in einem Café verdient er Geld. Aber er lebt in Freiheit und Frieden. Das bedeutet ihm alles. Darum ist es für ihn selbstverständlich, dass er am Samstag auf dem Rathausplatz als Musiker auftritt, um ein Zeichen gegen die Politik der AfD zu setzen, die den Hass gegen Flüchtlinge schürt. „Ich bin glücklich, dass ich hier meinen Platz gefunden habe. Ich fühlte mich in Augsburg immer willkommen.“