Augsburger Allgemeine (Land West)

Die wahren Verlierer der Fußball WM

Das Vorrunden-Aus der Deutschen ist nicht nur für Sportler und Fans eine Enttäuschu­ng. Es ist auch eine Pleite für Public Viewings, Gaststätte­n, Trikotverk­äufer und die Adelsriede­r Deutschlan­d-Marmelade

- VON MARIA HEINRICH

Landkreis Augsburg Das war es mit der Fußballwel­tmeistersc­haft. Und mit der Marmelade. Karin Wurm aus Adelsried rührt in ihrer Küche jetzt keine schwarz-rot-goldene Deutschlan­d-Konfitüre mehr an (wir berichtete­n). Auch wenn die Marmelade bei ihrer Familie, den Nachbarn und Freunden ein Erfolg war, sagt sie: „Nach dem Zeitungsar­tikel habe ich noch mal 30 Gläser gekocht und verschenkt. Doch jetzt ist Schluss.“Zusammen mit ihrer Tochter hat sie am Mittwochab­end Jogis Jungs angefeuert. Aber nach der 0:2 Pleite gegen Südkorea und dem Aus in der Vorrunde der Fußballwel­tmeistersc­haft ist der Adelsriede­rin die Lust am Einkochen vergangen. „Enttäuscht war ich eigentlich nicht. Ich habe es irgendwie gewusst, dass sie ausscheide­n.“

Dass die deutschen Fußballer nicht über die Vorrunde hinauskomm­en, hatte auch Philipp Krebs vom Sportgesch­äft Krebs in Zusmarshau­sen im Gefühl. „Mit den Trikotnach­bestellung­en waren wir erst mal vorsichtig. Wir haben damit bis zum Ende des Spiels gewartet. Das hat sich bewährt.“Ungefähr 100 Deutschlan­d-Trikots hat das Geschäft bisher verkauft, sechs Stück hängen jetzt noch im Laden. „Ich bin froh, wenn ich die überhaupt noch losbekomme.“Auch wenn die deutsche Nationalma­nnschaft noch ein Jahr im aktuellen Trikot spielen wird, sagt Philipp Krebs: „Ich glaube, dass die meisten jetzt eher die neuen Vereinstri­kots kaufen werden.“

Enttäuscht, aber nicht überrascht über das WM-Aus der Deutschen ist auch Jürgen Bouska, Inhaber des Wirtshause­s am Sportplatz des TSV Gersthofen. „Es war ja irgendwie zu erwarten. Aber ich biete kein Public Viewing mehr an.“Zwar hat Bouska in seiner Gaststätte sowieso eine Leinwand, auf der Fußballspi­ele übertragen werden. „Draußen mache ich keine Veranstalt­ungen mehr. Erst wieder in zwei Jahren zur Europameis­terschaft.“Mit Umsatzeinb­ußen muss der WirtshausI­nhaber aber nicht rechnen, er hat keine Vorräte und Bierkästen für die Fans eingelager­t. „Gott sei Dank. Ich habe immer nur ganz sporadisch für die Spiele eingekauft.“

Auch in Thierhaupt­en ist die WM-Party vorbei. Dort wird in den nächsten Tagen das 15 auf 15 Meter große Zelt auf dem Festplatz abgebaut, in dem alle Fußballbeg­eisterten mit Jogis Elf mitfiebern konnten. Das Public Viewing, das es in dieser Form seit 2008 gibt, war vom Kolping-Jugendtref­f und der Jungen Union (JU) organisier­t worden. Andreas Rasilier, der Vorsitzend­e des Jugendtref­fs und stellvertr­etender JU-Ortsvorsit­zender, erklärt: „Das war heuer ein Draufzahlg­eschäft.“Aus Erfahrung wisse man, dass erst ab dem Viertelfin­ale schwarze Zahlen geschriebe­n werden. Dass heuer bei der Weltmeiste­rschaft das Aus für die deutsche Mannschaft schon so früh kommen sollte, damit habe niemand gerechnet, sagt Rasilier.

In Westendorf wird dagegen noch länger gemeinsam Fußball geschaut. Der Verein SV Bunker hatte für die Dorfgemein­schaft in einer ausgeräumt­en Maschinenh­alle ein Public Viewing organisier­t. Der Vorsitzend­e Norbert Behringer erklärt: „Wir werden noch das eine oder andere Spiel zeigen. Das werden wir dann kurzfristi­g bekannt geben.“

Die Saison ist für die Brauerei Schwarzbrä­u in Zusmarshau­sen auch noch nicht vorbei. Sprecher Peter Spanrunft sagt: „Wir rechnen zwar damit, dass die Fußballfan­s jetzt weniger Bier trinken. Aber Umsatzeinb­ußen drohen uns voraussich­tlich keine.“Auch wenn die meisten Public Viewings nach dem WM-Aus der Deutschen geschlosse­n werden. „Der Sommer ist noch lang und schön. Die Leute trinken dann eben zu anderen Anlässen ihr Bier. Zum Beispiel zum Grillen.“

Was eine Enttäuschu­ng für alle Fußballbeg­eisterten ist, ist für das Kino Cineplex in Meitingen eher ein Grund zur Freude. Pressespre­cherin Susanne Greger erklärt: „Während der Fußball-Weltmeiste­rschaft und besonders zu den Deutschlan­dSpielen haben wir gemerkt, dass nur noch wenige Besucher zu uns kommen.“Dabei sei der Sommer für die Kinos ohnehin eine schwierige Zeit. Denn die meisten Besucher verbringen ihre Abende mit Eis und Popcorn nur bei schlechtem Wetter im Cineplex. Nach dem WM-Aus der Deutschen ist Susanne Greger wieder zuversicht­lich: „Ich denke schon, dass jetzt mehr Leute zu uns kommen.“

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Fotos: Marcus Merk Mit dem WM Aus der deutschen Nationalma­nnschaft schließen Wirtshäuse­r und Veranstalt­er ihre Public Viewings. Manche Be treiber hatten schon mit dem Ausscheide­n in der Vorrunde gerechnet.
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Ob Flaggen oder Trikots – die Fanartikel in Schwarz Rot Gold müssen jetzt aus den Geschäften. Ladenbesit­zer hoffen, dass sie nicht auf ihrer Ware sitzen bleiben.
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