Augsburger Allgemeine (Land West)
Hochbegabt, aber kein Musterschüler
Richie Patel ist mit 16 Jahren einer der jüngsten Abiturienten
Königsbrunn Mein Kind ist seltsam, dachte Mama Heidi Patel schon sehr früh. Im zarten Alter von drei Jahren hatte sie ihrem Sohn zur Beschäftigung eine Magnettafel mit den dazugehörigen Zahlen geschenkt. 1 + 1 = 2, 1 + 2 = 3 rechnete der Dreikäsehoch, als sie das Kinderzimmer verließ. „Als ich kurze Zeit später zurückkam, war er bei
284 angelangt“, erinnert sich die Mutter lachend im Gespräch mit unserer Zeitung.
Damals war ihr und ihrem Mann Minesh gar nicht so zum Lachen zumute, denn neben seiner Hochbegabung im Bereich der Mathematik und allem, was sonst mit Zahlen zu tun hat, wie Informatik, wollte oder konnte Richie nicht schlafen. Um drei Uhr in der Früh war Schluss, und das war für die Eltern natürlich eine anstrengende Zeit. Zumal ja auch noch Schwester Nina (heute 15 Jahre) kurz nach ihm auf die Welt kam. Als die beiden klein waren, haben sie sich oft gestritten, heute verstehen sie sich gut, erzählen sie. Nina ist in der 9. Klasse im Gymnasium Königsbrunn und ihr Bruder hilft ihr auch mal in Mathematik. Das kann er ziemlich gut und locker. Obwohl er nur etwas über ein Jahr älter ist, hat er jetzt schon das Abitur in der Tasche und in Mathe, Englisch und Informatik jeweils 14 Punkte erreicht, was der Note 1 entspricht. Wobei ihn die Punktzahl in Informatik wirklich ärgert, denn da war er immer der Beste und hätte gerne auch im Abitur die Höchstpunktezahl 15 geschafft. „Da bin ich echt nicht so glücklich, sonst bin ich mit meinem Schnitt von 1,9 insgesamt schon sehr zufrieden“, sagt der
16-Jährige und grinst.
Im Interview wirkt er recht reif für sein Alter, sehr sympathisch und humorvoll, genau wie der Rest der Familie. Mama und Papa lachen denn auch gleich los, als die Reporterin über Richie staunt. Sie sagen: „Sie müssten mal sein Zimmer sehen, das schaut genauso aus wie bei allen anderen Jugendlichen auch, nur wenn die Freundin kommt, wird aufgeräumt.“Auch ein Musterschüler sei er nie gewesen.
Er habe dann in der ersten Klasse schnell die Lust verloren, mit dem Radiergummi gespielt, war abgelenkt und hat nicht mehr aufgepasst. „Wir hatten dann einige Gespräche wegen individueller Förderungen und einen Test im Josefinum, um den IQ von Richie zu messen“, erzählt Minesh Patel. Dabei kam heraus, dass dieser im mathematischen Bereich weit höher liegt als normal.
Bereits nach den Weihnachtsferien kam Richie dann in die 2. Klasse und ab da ging es aufwärts.
Dass er so jung ist, wissen viele Mitschüler wahrscheinlich gar nicht, auch dass seine Mutter Heidi Lehrerin am Gymnasium Königsbrunn ist, dürfte den meisten seiner Mitabiturienten nicht bewusst sein.
In der Abizeitung stoßen sie für ihn auf seine Zukunft an, da er ja selbst keinen Alkohol vertrage, und bescheinigen ihm eine durchaus sportliche Ader, obwohl er viel in seinem Keller am Computer hocke.
Die Familie ist stolz auf Richie, der seinen Weg ziemlich zielbewusst fortsetzen möchte. „Das noch recht neue Studienfach Medizinische Informatik an der Universität in Augsburg, das interessiert mich, da werde ich mich in den kommenden Tagen einschreiben.“
Am heutigen Freitag bekommt er zusammen mit seinen Abi-Kollegen 2018 die Abiturzeugnisse offiziell überreicht.