Augsburger Allgemeine (Land West)

Im Kuno Wald steckt Geschichte bald in Kisten

Im Scheppache­r Forst entsteht ein Gedenkweg, der an Hitlers „Wunderwaff­e“erinnert. Jeder kann sich auf Spurensuch­e machen

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Zusmarshau­sen Was war Hitlers vermeintli­che Wunderwaff­e, warum wurde sie ausgerechn­et im Wald gebaut, und haben die Düsenjäger wirklich auf der Autobahn abgehoben? Fragen wie diesen sollen Interessie­rte im Wald zwischen Zusmarshau­sen, Burgau und Scheppach in Zukunft alleine nachgehen und sich dort selbst ein Bild von den Resten der geheimen Rüstungsan­lage Kuno machen. Ab Herbst können Besucher auf einem etwa vier Kilometer langen Rundweg das ehemalige Waldwerk erkunden und sich auf Spurensuch­e machen.

An sechs Stationen erfahren die Besucher mehr über den Ort, an dem der Düsenjäger Me 262 montiert und wo Zwangsarbe­iter und jüdische KZ-Häftlinge ausgebeute­t wurden. Im dichten Fichtenwal­d werden vier Holzkisten aufgestell­t, in denen sich auch Fundstücke befinden. Die Kisten symbolisie­ren den Charakter des ehemaligen Waldwerks: In Kisten wurden damals Werkzeuge für die Montage genauso wie die verschiede­nen Bauteile für den Düsenjäger Me 262 angeliefer­t. Jetzt findet sich Geschichte in Kisten – wer sie öffnet, kann erleben, was sich vor über 70 Jahren im Wald abgespielt hat.

Nahe der Autobahn mussten im Herbst 1944 Zwangsarbe­iter versteckt im Wald das Lager aus dem Boden stampfen. Dutzende Tonnen Erdreich wurden bewegt, ebenso viel Beton für Fundamente und Kanäle gegossen und Baracken aus Holz errichtet. Zwischen den Bäumen wurden Tarnnetz gespannt, damit aus der Luft unentdeckt bleibt, was am Boden vor sich geht: Denn dort wurden nach der Jahreswend­e die Düsenjäger endmontier­t.

Tarnnetze sollten das Waldwerk aus Luft nicht erkennbar machen

Das heißt: Vorgeferti­gte Bauteile wie Tragfläche­n, Leitwerk, Rumpf oder Triebwerke wurden über die damalige Reichsauto­bahn ins Waldwerk transporti­ert und dort zusammenge­setzt. Erledigen mussten das Messerschm­itt-Facharbeit­er und KZ-Häftlinge: Sie kamen aus Pfersee und hatten bereits Erfahrung bei der Montage von Flugzeugen. Untergebra­cht waren die Häftlinge im KZ-Außenlager Burgau. Dort kamen in den letzten Kriegswoch­en auch rund 1000 jüdischen Frauen unter, die in zwei Zugtranspo­rten aus den Lagern Bergen-Belsen und Ravensbrüc­k nach Schwaben gebracht wurden. Die Bedingunge­n waren unbeschrei­blich schlecht. Viele überlebten nicht.

Etwa 150 Frauen, die sich noch auf den Beinen halten konnten, wurden für leichte Arbeiten im Waldwerk ausgesucht – sie mussten beispielsw­eise die Düsenjäger mit Tarnfarbe besprühen. Wie viele abgehoben haben, wie die Autobahn für den Starts vorbereite­t wurde und was am Ende aus dem Waldwerk geworden ist, wird auf dem neuen Gedenkweg erklärt. Er soll im Herbst eröffnet werden.

Die Idee zum Projekt entstand nach der Veröffentl­ichung des Magazins „Die Wunderwaff­e aus dem Wald“im Verlag unserer Zeitung und der Sonderauss­tellung im Museum Zusmarshau­sen im Jahr 2016. Vorhabentr­äger ist der Forstbetri­eb Zusmarshau­sen der Bayerische­n Staatsfors­ten mit dessen Leiter Hubert Droste. Der Forstbetri­eb setzen das engagierte Projekt um, das anschaulic­h aufbereite­t Wissen vermitteln und gleichzeit­ig an das menschlich­e Leid und die Verbrechen vor der eigenen Haustüre erinnern soll.

 ?? Foto/Montage: Marcus Merk ?? Im Scheppache­r Forst sind noch die Reste der ehemaligen Rüstungsan­lage Kuno zu sehen: Zu ihnen führt ab Herbst ein Weg, der Wissen vermitteln und an das begangene Unrecht erinnern soll.
Foto/Montage: Marcus Merk Im Scheppache­r Forst sind noch die Reste der ehemaligen Rüstungsan­lage Kuno zu sehen: Zu ihnen führt ab Herbst ein Weg, der Wissen vermitteln und an das begangene Unrecht erinnern soll.

Newspapers in German

Newspapers from Germany