Augsburger Allgemeine (Land West)
AfD Spitze übernachtet in Gersthofen
Unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen trafen bis gestern Abend einige der umstrittensten deutschen Politiker in der Stadt ein. Bürgermeister Wörle: „Man kann sich seine Gäste nicht immer aussuchen“
Gersthofen/Augsburg Die Auswirkungen des AfD-Parteitags in der Augsburger Schwabenhalle sind auch in Gersthofen zu spüren. Am Freitagnachmittag fuhren starke Polizeikräfte vor einem Hotel in der Stadt auf. Dort sollen nach Informationen unserer Zeitung Spitzenkräfte der AfD logieren, die als besonders gefährdet gelten. Auch am Wochenende ist rund um das Hotel mit Polizeikontrollen zu rechnen. Betroffen ist vor allem ein Parkplatz vor dem Haus.
Bei den Gästen soll es sich um jene Spitzenfunktionäre handeln, die ursprünglich im Augsburger Hotel Holiday Inn Express unterkommen sollten, bis das Hotel elf AfD-Spitzenleute für unwillkommen erklärte. Begründet wurde dies mit öffentlichen Äußerungen dieser Spitzenleute, die sich gegen Menschen aufgrund ihrer Herkunft oder Abstammung gerichtet hätten. Im Augsburger Drei Mohren gab es Absagen an die AfD, weil das Hotel Sicherheitsbedenken hatte.
Wie mehrfach berichtet, hatten Unbekannte Augsburger Hotels mit Schreiben per Mail unter Druck gesetzt, keine AfD-Mitglieder aufzunehmen. Betroffene schalteten daraufhin die Polizei ein. Im sogenannten Krawallreiseführer für den AfD-Parteitag sind zahlreiche Hotels aufgeführt, die als Unterkünfte in Frage kämen, darunter auch Häuser in Gersthofen. Als weiteres mögliches Ziel im Umland für Attacken aus dem linksextremen Untergrund wird die Stadthalle Neusäß genannt, weil dort einmal ein AfDSpitzenpolitiker auftrat.
In dem Gersthofer MittelklasseHotel (etwa 90 Euro die Nacht) deutete am Freitagmittag noch wenig darauf hin, dass dort Gäste wie Alexander Gauland, Alice Weidel, Beatrix von Storch oder Jörg Meuthen logieren würden. Vor allem die ersten drei zählen zu den umstrittensten Politikern in Deutschland.
Am frühen Nachmittag aber war die Präsenz von Polizeibeamten ebenso wenig zu übersehen wie der Spürhund, mit dem ein Beamter der Bundespolizei das Gelände absuchte. Am späten Nachmittag dann war die Polizeipräsenz massiv: Beamte in Zivil und in Uniform sicherten das Gelände, gingen im Umfeld Streife und standen auf dem Hoteldach. Genau registriert wurde das von vielen Passanten, die sich fragten, was da vor sich geht?
Gegen 17.10 Uhr fuhr ein Polizeikonvoi mit Blaulicht durch Gersthofen. Er eskortierte einen schwarzen Mercedes mit Berliner Kennzeichen, in dem AfD-Fraktionschefin Alice Weidel saß. Die Politikerin verließ das Hotel etwa eine halbe Stunde später wieder. Begleitet von Leibwächtern brach sie Richtung Lech zu einem Spaziergang auf. Kurz vor 18.30 Uhr traf dann Alexander Gauland ein.
Wie die große Nachbarstadt Augsburg ist Gersthofen Teil eines Sicherheitskonzeptes, das im Bedarfsfall den Einsatz von Polizeikräften vorsieht. Auch die Feuerwehr und der städtische Bauhof sind in Alarmbereitschaft. Um keine militanten AfD-Gegner anzulocken, wurde der Übernachtungsort so lange wie möglich geheimgehalten.
Am Freitag aber war die verstärkte Polizeipräsenz ab der Mittagszeit in der 22 000-EinwohnerStadt an vielen Orten spürbar. Den- noch sei die Ankunft der AfD-Spitze vergleichsweise ruhig über die Bühne gegangen, so Bürgermeister Michael Wörle. Er gehe davon aus, dass die Sicherheitskräfte gut vorbereitet seien. Wörle glaubt: „Die Bürger müssen sich keine Sorgen machen.“Zur AfD sagte er: „Man kann sich als Stadt seine Gäste nicht immer aussuchen.“
Gersthofen selbst hat ein entspanntes kulturelles Wochenende geplant: Im Ballonmuseum können Kunstinteressierte ihre Stimme für den Publikumswettbewerb des Gersthofer Kunstpreises abgeben, zahlreiche Bands sollen den Innenstadtbereich am Sonntag in eine Jazzmeile verwandeln. Und: Für den Samstag hat die örtliche SPD zu einer Radeltour nach Augsburg aufgerufen, um sich dort den Kundgebungen gegen die AfD anzuschließen. Start ist um 8.30 Uhr bei der Polizei. Das Hotel läge sozusagen auf dem Weg der Demonstranten.