Augsburger Allgemeine (Land West)
Im Tresorraum wird scharf geschossen
In Gersthofen attackieren sich die VR-Bank und die Kreissparkasse Augsburg. Am Ende gewinnt ein Stratege
Gersthofen Während sich die deutschen Nationalspieler blutleer, hilflos und müde mit einer Blamage aus dem WM-Turnier verabschiedet haben, sind die beiden Männer im Allerheiligsten der VR-Bank gar nicht zu stoppen. Mit Herzblut geht es im Tresorraum zur Sache. Wo in 370 Schließfächern Wertsachen verwahrt werden, misst sich der Hausherr mit der Konkurrenz: Georg Schneider, Vorstandsvorsitzender der VR-Handels- und Gewerbebank, tritt beim WM-Duell gegen Horst Schönfeld, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Augsburg, an.
Schönfeld, der als Libero beim VfR Birkmannsweiler gekickt hatte, Schiedsrichter und Abteilungsleiter wwar, zieht vor Anpfiff die Blicke auf sich: Unter seinem Sakko trägt er ein weißes Nationaldress mit der Rückennummer 60. Kollegen hatten es dem VfB-Stuttgart-Fan vor drei Jahren geschenkt. Dann kündigt er eine „eigene Spielfigur“an: Aus seiner schwarzen Tasche zieht er ein Fußballmännchen hervor, das mit seiner Leibesfülle das Tor des Tipp-Kick-Spiels blockiert. Damit hat Georg Schneider nicht gerechnet. Er zieht sich für das Spiel im Tresorraum ebenfalls ein Trikot über und erzählt: Auch er hat früher Fußball gespielt, in Stadtbergen. Seit dem zwölften Lebensjahr ist er FCA-Fan. Die Leidenschaft ging sogar so weit, dass er für ein Mittwochnachmittagspiel im Rosenaustadion einmal die Schule schwänzte. Er habe einfach vergessen, dass er noch Unterricht habe.
Das WM-Duell, eine Aktion der Redaktion unserer Zeitung, vergisst er nicht so schnell. Wie auch? Denn schon 36 Sekunden nach Anpfiff knallt es am Plastikpfosten. Schönfelds Schuss hatte beinahe die Führung bedeutet. Zwei Minuten plätschert das Spiel dahin, ehe es wieder brenzlig wird: Wieder steht Schönfeld, der frühere Libero des VfR Birkmannsweiler, gefährlich vor dem Tor der VR-Bank. Diesmal versucht er es mit einem Lupfer. Aber es klappt nicht. Schneider pariert. Und Schneider stellt fest: „Ich hab’ falsch trainiert.“Vor Tagen hatte er nämlich noch Kicker gespielt. Doch beim Tipp-Kick, einer Mischung aus Blitzschach, Tischtennis und Billard, kommt die Energie weniger aus dem Handgelenk. Geschossen wird mit einem Druck auf das Köpfchen der Spielfiguren, die daraufhin ein Bein bewegen. Schönfeld beherrscht das Spiel – er kennt es aus seiner Jugend. Schon damals war er Stratege: Er arbeitet sich Zentimeter um Zentimeter nach vorne, um sich dann vor dem gegnerischen Tor aufzubauen. „Woahh“, „Boaahh“oder „Ahhh – nix“und „Jeeeetz komm“schallt es aus dem kleinen Kellerraum, der mit einer massiven Metalltür abgesichert ist. Schneider hält Schönfelds Angriffe anfangs noch für Dusel. Doch dann kracht’s: In Halbzeit zwei geht die Kreissparkasse in Führung.
Die VR-Bank gibt nicht auf. Georg Schneider kämpft. Und schießt. Und Schönfeld hält. Im nächsten Spielzug löst er sich aus der Umklammerung, wie der VfB-Fan erklärt, um dann mit einem gezielten Schuss ins linke obere Eck das 2:0 zu erzielen. Georg Schneider schaut betröppelt. Doch seine Kollegin Daniela Roßmann muntert ihn auf: „Aber wir sind die Sieger der Herzen.“Doch noch ist nichts entschieden. Zwei Minuten dauert das Spiel noch. Schneider attackiert seine Konkurrenz. Die VR-Bank spielt sich zwei Großchancen heraus. Die Nachspielzeit läuft. Dann der Pfiff. Es ist aus. Der Stratege der Kreissparkasse gewinnt.
Die Finanzexperten schütteln sich die Hände, zum Trikottausch kommt es allerdings nicht. Dafür geht es anschließend zum Geschäftsgespräch zwei Etagen höher. Vielleicht wird dort auch ein Termin für ein Rückspiel vereinbart.