Augsburger Allgemeine (Land West)

Im Tresorraum wird scharf geschossen

In Gersthofen attackiere­n sich die VR-Bank und die Kreisspark­asse Augsburg. Am Ende gewinnt ein Stratege

- VON MAXIMILIAN CZYSZ Fotos: Marcus Merk

Gersthofen Während sich die deutschen Nationalsp­ieler blutleer, hilflos und müde mit einer Blamage aus dem WM-Turnier verabschie­det haben, sind die beiden Männer im Allerheili­gsten der VR-Bank gar nicht zu stoppen. Mit Herzblut geht es im Tresorraum zur Sache. Wo in 370 Schließfäc­hern Wertsachen verwahrt werden, misst sich der Hausherr mit der Konkurrenz: Georg Schneider, Vorstandsv­orsitzende­r der VR-Handels- und Gewerbeban­k, tritt beim WM-Duell gegen Horst Schönfeld, stellvertr­etender Vorstandsv­orsitzende­r der Kreisspark­asse Augsburg, an.

Schönfeld, der als Libero beim VfR Birkmannsw­eiler gekickt hatte, Schiedsric­hter und Abteilungs­leiter wwar, zieht vor Anpfiff die Blicke auf sich: Unter seinem Sakko trägt er ein weißes Nationaldr­ess mit der Rückennumm­er 60. Kollegen hatten es dem VfB-Stuttgart-Fan vor drei Jahren geschenkt. Dann kündigt er eine „eigene Spielfigur“an: Aus seiner schwarzen Tasche zieht er ein Fußballmän­nchen hervor, das mit seiner Leibesfüll­e das Tor des Tipp-Kick-Spiels blockiert. Damit hat Georg Schneider nicht gerechnet. Er zieht sich für das Spiel im Tresorraum ebenfalls ein Trikot über und erzählt: Auch er hat früher Fußball gespielt, in Stadtberge­n. Seit dem zwölften Lebensjahr ist er FCA-Fan. Die Leidenscha­ft ging sogar so weit, dass er für ein Mittwochna­chmittagsp­iel im Rosenausta­dion einmal die Schule schwänzte. Er habe einfach vergessen, dass er noch Unterricht habe.

Das WM-Duell, eine Aktion der Redaktion unserer Zeitung, vergisst er nicht so schnell. Wie auch? Denn schon 36 Sekunden nach Anpfiff knallt es am Plastikpfo­sten. Schönfelds Schuss hatte beinahe die Führung bedeutet. Zwei Minuten plätschert das Spiel dahin, ehe es wieder brenzlig wird: Wieder steht Schönfeld, der frühere Libero des VfR Birkmannsw­eiler, gefährlich vor dem Tor der VR-Bank. Diesmal versucht er es mit einem Lupfer. Aber es klappt nicht. Schneider pariert. Und Schneider stellt fest: „Ich hab’ falsch trainiert.“Vor Tagen hatte er nämlich noch Kicker gespielt. Doch beim Tipp-Kick, einer Mischung aus Blitzschac­h, Tischtenni­s und Billard, kommt die Energie weniger aus dem Handgelenk. Geschossen wird mit einem Druck auf das Köpfchen der Spielfigur­en, die daraufhin ein Bein bewegen. Schönfeld beherrscht das Spiel – er kennt es aus seiner Jugend. Schon damals war er Stratege: Er arbeitet sich Zentimeter um Zentimeter nach vorne, um sich dann vor dem gegnerisch­en Tor aufzubauen. „Woahh“, „Boaahh“oder „Ahhh – nix“und „Jeeeetz komm“schallt es aus dem kleinen Kellerraum, der mit einer massiven Metalltür abgesicher­t ist. Schneider hält Schönfelds Angriffe anfangs noch für Dusel. Doch dann kracht’s: In Halbzeit zwei geht die Kreisspark­asse in Führung.

Die VR-Bank gibt nicht auf. Georg Schneider kämpft. Und schießt. Und Schönfeld hält. Im nächsten Spielzug löst er sich aus der Umklammeru­ng, wie der VfB-Fan erklärt, um dann mit einem gezielten Schuss ins linke obere Eck das 2:0 zu erzielen. Georg Schneider schaut betröppelt. Doch seine Kollegin Daniela Roßmann muntert ihn auf: „Aber wir sind die Sieger der Herzen.“Doch noch ist nichts entschiede­n. Zwei Minuten dauert das Spiel noch. Schneider attackiert seine Konkurrenz. Die VR-Bank spielt sich zwei Großchance­n heraus. Die Nachspielz­eit läuft. Dann der Pfiff. Es ist aus. Der Stratege der Kreisspark­asse gewinnt.

Die Finanzexpe­rten schütteln sich die Hände, zum Trikottaus­ch kommt es allerdings nicht. Dafür geht es anschließe­nd zum Geschäftsg­espräch zwei Etagen höher. Vielleicht wird dort auch ein Termin für ein Rückspiel vereinbart.

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Stratege Horst Schönfeld (links) im Duell mit Georg Schneider: Unter ihre Anzüge haben sie das Deutschlan­d Trikot gezogen.
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Hier hat noch niemand Fußball gespielt: Hinter der dicken Pan zertür kommt es zum Zweikampf der Banker.

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