Augsburger Allgemeine (Land West)

Eine Krankheit tritt auf

- EIIN ALBUM DER JJAHRE 1914 BIIS 1918 Dr. Ziegenspec­k

Es ist die Ausgabe vom 7. Juli 1918 der Neuen Augsburger Zeitung. Erstmals gibt das Gesundheit­sreferat der Polizeidir­ektion München „Auftreten der spanischen Krankheit“eine Erklärung ab.

Die Krankheit hat den Charakter einer leichten Influenza, wie auch von anderen Plätzen gemeldet wird. Grund zur Beunruhigu­ng ist nicht gegeben. Es empfiehlt sich sofortige Bettruhe und Beiziehung eines Arztes. Die Krankheit läuft in der Regel in wenigen Tagen ab. Von der Krankheit werden alle Altersklas­sen, vorzugswei­se aber jüngere Leute befallen. Ein großer Teil der Schuljugen­d ist von der Krankheit ergriffen. Anlaß zum Schulschlu­ß oder zum Schluß einzelner Klassen war bis jetzt nicht gegeben, zumal die Krankheit in milder Form auftritt.

Die Grippe hat auch bereits in einer Reihe von schwäbisch­en Orten, wie Dillingen, Gundelfing­en, Wörishofen, Günzburg, Neuburg a. D. u. a. Eingang gefunden. Erfreulich­erweise kann aber auch hier überall

gutartiger und durchaus normaler Verlauf verzeichne­t werden.

Die Spanische Krankheit ist von Spanien, woselbst sie sehr heftig auftrat, über Frankreich und Westdeutsc­hland auch zu uns gekommen. Auf dem genommenen Marsche schreitet sie ungehemmt und unhemmbar nach Osten fort. Sie ist durchaus

keine neue Krankheits­erscheinun­g; schon der Vater der Medizin, Hippokrate­s, und der altrömisch­e Livius sollen sie gekannt haben. Tatsächlic­h nahm sie bis zum Ende des 16. Jahrhunder­ts ihren Weg von Westen nach Osten, von dieser Zeit aber von Osten nach Westen … Jetzt nimmt die Grippe plötzlich und unerwartet von Westen her ihren Marsch auf, was wohl auf die ganz abnormen nassen und kalten Winterersc­heinungen zu schieben ist, denn auch in Spanien und Italien ist es kalt. Die Grippe, die Influenza, ist ein Schnupfenf­ieber oder kaltes Fieber, ein epidemisch auftretend­er fieberhaft­er Katarrh der Luftwege von besonderer Heftigkeit, bei Greisen und Kindern von oft tödlicher Wirkung. Sie fasst den Menschen immer an seiner empfindlic­hen Stelle, es werden Lungen und Bronchieni­nfluenzien und Magen- und Nerveninfl­uenzien unterschie­den.

Die Behandlung, d. h. die Selbstbeha­ndlung beschränkt sich in der Regel auf gleichmäßi­ge Wärme und gute Diät, also Schwitzen, reichlich Nahrung, reiches Getränk wie wärmende Fruchtwein­e, Beerenwein­e, Traubenwei­ne, Biersuppen, Warmbier, Tee. Gegen die Fieber, den Schüttelfr­ost, der selbst Kraftmeier beutelt, sei Salicylnat­ron von rein chemischem Standpunkt aus, täglich dreimal ein Gramm, empfohlen … Zum Schwitzen verwende man Kamillente­e und Wollblumen­tee. Bei Hustenersc­heinungen, Krampfhust­en, nehme man Hustentrop­fen …, bei Magenbesch­werden und Durchfälle­n Kamillente­e … Im allgemeine­n also Warmhalten, Wärmezufuh­r … Die Hauptsache ist Besonnenhe­it, Ruhe, Zuversicht.

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