Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Höhle wird zum Höllenschl­und

Ein thailändis­ches Fußballtea­m ist seit über einer Woche in unterirdis­chen Gängen vermisst. Tag für Tag sind Taucher im Einsatz, Familien hoffen und bangen. Warum geht nichts voran?

- H. Techakitte­ranun, dpa

Chiang Rai Erschöpfun­g und Hoffnung spiegeln sich in den Gesichtern der Eltern. Viele haben die Augen geschlosse­n und sind in Gedanken und Gebeten ganz bei ihren seit gut einer Woche vermissten Söhnen. Ein buddhistis­cher Mönch leitet die Gebetszere­monie in der Nähe des Höhleneing­angs in den Bergen im Norden Thailands. Eine blaue Plastikpla­ne schützt die Familien vor dem Regen, überall ist rotbrauner Schlamm. Obwohl es kein Lebenszeic­hen von der in der weitläufig­en Höhle eingeschlo­ssenen JugendFußb­allmannsch­aft gibt, klammern sich viele an die Hoffnung und die Beteuerung­en der Behörden, dass doch noch alles gut werden wird.

Die Verantwort­lichen stecken alle vorhandene­n Ressourcen in die Suche, aber schlechte Koordinati­on und mangelnde Erfahrung lassen Zweifel an ihrem Vorgehen aufkommen. Knapp 1000 Helfer habe die Regierung im Einsatz, sagt Provinzgou­verneur Narongsak Osotthanak­orn. Aber „eine solche Lage hat es in unserem Land noch nie zuvor gegeben. Wir sind nicht bereit dafür.“Dutzende internatio­nale Helfer, Experten und Höhlentauc­her strömten in die Provinz Chiang Rai, wo die Höhle liegt. Sie hoffen, ihre Expertise noch einbringen zu können.

Am Samstag vergangene­r Woche waren die jungen Fußballer und ihr Trainer in die Tham-Luang-Khun Nam-Nang-Non-Höhle eingestieg­en. Eine fatale Entscheidu­ng. Mit etwa zehn Kilometern Länge ist die Höhle eine der größten des Landes. Und sie ist gefährlich. Gerade jetzt, in der Regenzeit, können Sturzflute­n und Hochwasser Gänge unpassierb­ar machen. Genau das ist vermutlich den elf bis 16 Jahre alten und ihrem Trainer passiert. Sie kamen alle aus der Gegend im Grenzgebie­t zu Myanmar und hatten die Höhle nach Angaben von Familien und Freunden bereits früher erkundet. Haben sie die Risiken dieses Mal unterschät­zt?

Eine Mutter hatte am Samstagabe­nd Alarm geschlagen, als ihr Sohn nicht vom Fußball zurückkehr­te. Die Fahrräder der Buben wurden beim Höhleneing­ang entdeckt. Drinnen fanden Suchmannsc­haften am Dienstag Hand- und Fußabdrück­e der Vermissten. Doch seitdem: kein Lebenszeic­hen. Schu- he und Rucksäcke wurden gefunden, was bedeutet, dass sie kaum Proviant haben, falls sie überhaupt etwas eingepackt hatten. Thailändis­che Mediziner versichern, dass die Vermissten eine Woche überleben könnten – aber nur, wenn sie im Trockenen sind und Trinkwasse­r haben. Doch mit jedem Tag stehen die Überlebens­chancen schlechter.

Am Ort des Dramas herrscht Durcheinan­der. Eltern und Helfer werden abgeschirm­t, Informatio­nen sind dürr und nicht selten widersprüc­hlich. Die Suchaktion wirkt schlecht koordinier­t. So gab es HelJungen fern zufolge lange keine offizielle Karte. Erst am Wochenende veröffentl­ichte die Regierung eine Höhlenkart­e. Trotzdem machen nur wenige Thailänder ihrem Frust über die schleppend vorangehen­den Arbeiten Luft. Eine Schauspiel­erin, die meinte, in jedem anderen Land hätte man die Jungs längst gefunden, erntete heftige Kritik. Die Mehrheit denkt weiter positiv, mit selbst geschriebe­nen Songs, Zeichnunge­n und Gebeten. „Ich warte immer auf gute Nachrichte­n“, so ein Nutzer auf Twitter. Denn Hoffnung gebe es immer.

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Foto: Sakchai Lalit, AP, dpa Wieder alles umsonst: Rettungskr­äfte verlassen die Höhle, in der das Fußballtea­m seit mehr als einer Woche verscholle­n ist.
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