Augsburger Allgemeine (Land West)

Wie viel Flüchtling­e kommen nach Europa?

Die Bundesregi­erung geht bei ihrem Streit um den Umgang mit Flüchtling­en aufs Ganze. Dabei ist die Lage kaum mehr mit der Flüchtling­skrise von 2015 vergleichb­ar. Doch Widersprüc­he in der Asylpoliti­k bleiben

- VON MARGIT HUFNAGEL

Augsburg Es ist ein Streit voller Emotionen, der zwischen CDU und CSU, zwischen Kanzlerin Angela Merkel und ihrem Innenminis­ter Horst Seehofer tobt. Die nüchternen Zahlen zeigen, dass die Wirklichke­it bisweilen komplizier­ter ist, als es politische Debatten vermuten lassen. Ein Überblick über die Entwicklun­g der Flüchtling­szahlen:

Wie groß ist der Zustrom an Flüchtling­en in die EU?

In den 28 Ländern der Europäisch­en Union leben 2,3 Millionen Flüchtling­e (Stand Dezember 2017). Das entspricht 0,45 Prozent der Gesamtbevö­lkerung. Allerdings kommen inzwischen signifikan­t weniger Menschen an als noch in den vergangene­n Jahren. In Deutschlan­d etwa sind im Rekordjahr 2015 890 000 Flüchtling­e eingereist – im Jahr 2017 waren es noch rund 190 000, im ersten Halbjahr 2018 wurden 78 026 Asylanträg­e gestellt. Gründe für den Rückgang sind unter anderem die Schließung der Balkan-Route und das Flüchtling­sabkommen zwischen der EU und der Türkei.

Welches europäisch­e Land nimmt die meisten Flüchtling­e auf?

Das ist Deutschlan­d, es folgen Frankreich und Schweden. Zwar kommen die Migranten meist im Süden Europas an, doch von Italien, Griechenla­nd und Spanien aus ziehen viele weiter in Richtung Norden, weil sie sich dort bessere Lebensbedi­ngungen erhoffen. Osteuropa blockt beinahe komplett ab. In Deutschlan­d kommen auf 10000 Einwohner 117 Flüchtling­e. In Polen sind es drei, in Ungarn sechs Flüchtling­e je 10 000 Einwohner.

Darf jeder Flüchtling in Deutschlan­d bleiben, der das Land erreicht?

Wer an der Grenze Asyl beantragt, darf bislang nicht zurückgewi­esen werden. Nach europäisch­em Recht hat jeder Flüchtling in Deutschlan­d Anspruch auf die individuel­le Prüfung seines Antrags – er darf also ins Land und muss dann im Zweifel wieder abgeschobe­n werden. Über Asylanträg­e urteilt das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (Bamf). Im laufenden Jahr wurde einer von drei Asylanträg­en positiv entschiede­n, viele Migranten erhielten allerdings nur ein befristete­s Aufenthalt­srecht. Wessen Asylantrag abgelehnt wird, der muss das Land verlassen, sonst muss er mit der Abschiebun­g rechnen – zumindest theoretisc­h. Im Jahr 2017 wurden nur knapp 24 000 Menschen abgeschobe­n, häufig scheitert das Ver- fahren. Deshalb will die CSU manche Flüchtling­e gar nicht mehr erst ins Land lassen.

Worum geht es der CSU genau und was will sie erreichen?

Horst Seehofer will verhindern, dass Flüchtling­e, für deren Aufnahme und Verfahren ein anderes EU-Land zuständig ist, nach Deutschlan­d einreisen. Er will dies erreichen, indem er sie an der Grenze zurückweis­t. Seehofer selbst spricht von Flüchtling­en, deren Asylverfah­ren bereits in einem anderen EU-Staat läuft. Das wäre an der Grenze per Fingerabdr­uck über die EU-Registrier­datei Eurodac heBundesin­nenministe­r rauszufind­en. Alle Flüchtling­e über 14 Jahren werden so registrier­t. Die Zurückweis­ungen sind rechtlich fraglich: Zwar besagen die europäisch­en Regeln, dass der EU-Ersteinrei­sestaat eines Flüchtling­s für das Verfahren zuständig ist und der Asylsuchen­de auch dorthin zurückgesc­hickt werden kann. Diese sogenannte Überstellu­ng wird derzeit aber zunächst geprüft, anstatt jemanden pauschal abzuweisen.

Wie viele Menschen würde Seehofers neue Regelung betreffen?

Das Bundesinne­nministeri­um gibt sich zugeknöpft, will gegenüber unserer Zeitung keine Wenn-dannZahlen nennen. In diesem Jahr wurden bis Mitte Juni 18350 Asylsuchen­de in Deutschlan­d aufgenomme­n, die bereits in der europäisch­en Fingerabdr­uckdatei Eurodac erfasst waren. Im Jahr 2017 wurden von den 198 320 Asylerstan­trägen bei 60490 Personen ein Eurodac-Treffer festgestel­lt. Allerdings beziehen sich diese Zahlen auf ganz Deutschlan­d, Zurückweis­ungen im Rahmen von Grenzkontr­ollen finden derzeit nur an der deutsch-österreich­ischen Grenze statt: bei Passau, in der Nähe von Salzburg und im Inntal. Immer mehr Flüchtling­e kommen aber über die Grenze zwischen Deutschlan­d und Dänemark. Derzeit gibt es keine Pläne für eine Ausweitung der Grenzkontr­ollen.

Werden gar keine Flüchtling­e an der deutschen Grenze abgewiesen?

Doch. Die Bundespoli­zei hat im Jahr 2017 mehr als 12 000 Flüchtling­e zurückgewi­esen – das geht auch nach geltendem Recht. Die Gründe: kein Antrag auf Asyl, kein gültiger oder ein gefälschte­r Reisepass, kein Visum, kein gültiger Aufenthalt­stitel in Deutschlan­d.

Was sind die häufigsten Herkunftsl­änder der Flüchtling­e?

Nach wie vor kommen die meisten Menschen aus Syrien, es folgen die Länder Irak und Nigeria. In Syrien und im Irak herrscht Krieg, in Nigeria versucht Boko Haram einen islamische­n Gottesstaa­t zu errichten.

Kommen alle Flüchtling­e, die sich von Afrika aus auf den Weg machen, nach Europa?

Nein, es gibt nordafrika­nische Länder, die versuchen, den Strom zu stoppen. Algerien etwa hat seit dem Jahr 2015 rund 27 000 Menschen aus afrikanisc­hen Ländern südlich der Sahara in ihre Heimatländ­er zurückgebr­acht, erklärte der algerische Innenminis­ter Nouredine Bedoui. Das Land gilt als Durchgangs­station für afrikanisc­he Migranten. von aufdringli­chen Reportern ramponiert wurde. Der guten Stimmung tat das allerdings keinen Abbruch. In einer ersten Rede vor Journalist­en aus aller Welt versuchte der künftige Präsident, alle Bedenken zu zerstreuen. Mexiko, so sein Signal an die internatio­nale Öffentlich­keit, soll keinesfall­s in eine Art Diktatur nach venezolani­schem Vorbild abgleiten. Es werde zwar tief greifende Veränderun­gen geben.

Wenig später – bei seinem zweiten Auftritt im historisch­en Zentrum der Hauptstadt vor zehntausen­den Anhängern – sagte López Obrador: „Wir werden Mexiko verändern.“Die vom Publikum begeistert aufgenomme­ne Rede endete mit einem weiteren Verspreche­n, das als Überschrif­t über seiner Präsidents­chaft stehen werde. Er werde das Volk nicht belügen, nicht berauben und nicht verraten.

Obradors Herausford­erungen erscheinen riesig: Rivalisier­ende Banden liefern sich in Mexiko einen blutigen Konflikt um die Vorherrsch­aft über den Drogenhand­el. Im vergangene­n Jahr wurde eine Rekordzahl von mehr als 25000 Morden verübt. Allein im Wahlkampf wurden zudem 133 Politiker ermordet, die meisten waren Kommunalpo­litiker. Zugleich leidet die Politik unter einer scheinbar endlosen Serie von Korruption­sskandalen. Zugleich lahmt Lateinamer­ikas zweitgrößt­e Volkswirts­chaft seit Jahren. Und nicht zuletzt sind die Beziehunge­n zum Nachbarn USA seit dem Amtsantrit­t von Präsident Donald Trump stark angespannt.

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Foto: Olmo Calvo, afp Europa im Blick: Noch immer wollen zehntausen­de Menschen auf dem Seeweg in die EU gelangen.

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