Augsburger Allgemeine (Land West)
Kessler hat ausgedruckt
Das Bobinger Traditionsunternehmen Kessler Druck + Medien schließt den Betrieb endgültig. Der Gläubiger-Ausschuss hat sich gegen die Fortführung entschieden. Nun werden rund 150 Mitarbeiter entlassen
Bobingen Die Firma „Kessler Druck + Medien“stellt den Betrieb ein – und zwar mit sofortiger Wirkung. Das teilte der Geschäftsführer Torsten Voß am Montagnachmittag mit. Vor acht Wochen hatte das Unternehmen Insolvenz beantragt, nun verlieren 150 Mitarbeiter in Bobingen ihren Job. Nachdem die Angestellten informiert wurden, räumten diese noch gestern ihre Spinde aus und meldeten sich arbeitslos.
„Es ist kein Geld im Unternehmen“, lautet die Begründung des Geschäftsführers für diesen endgültigen Schritt. Es sei der Firma nicht möglich gewesen, seit Mai genug an finanzieller Masse zu gewinnen. Die Zeit sei nicht ausreichend gewesen, um die nötigen Mittel für das Insolvenzverfahren zu verdienen. Deshalb habe sich der Gläubigerausschuss gegen den Fortbetrieb entschieden. Der Ausschuss tagte zu Beginn der vergangenen Woche, die Gespräche gingen am Freitag weiter, am gestrigen Montag fiel die Entscheidung. Voß spricht von einer finanziellen „Deckungslücke“, es habe keine Aussicht mehr auf Tilgung der Schulden gegeben. Rund 200000 Euro haben laut Aussagen von Mitarbeitern gefehlt, um das Unternehmen zu retten.
Die Aufträge seien seit Mai um rund 60 Prozent pro Monat eingebrochen. Lieferverzögerungen und fehlende Liefertreue von Kunden seien die Gründe für das Aus von Kessler. „Der Markt ist total offen, die Aufträge sind uns davongelaufen“, sagt der Geschäftsführer. Noch vor wenigen Wochen sprach Insolvenzverwalter Albert Wolff von einer „beträchtlichen Menge an Aufträgen“. Doch das ist Vergangenheit. Jetzt schließt das 1960 gegründete und vor zwei Jahren von der Dresdner Astov-Gruppe übernommene Traditionsunternehmen seine Pforten.
Hinter den Kulissen hatte sich diese Entwicklung schon abgezeichnet. Mitarbeiter bemerkten, dass die Produktion in den vergangenen Wochen immer schleppender lief. Die relativ gute Auftragslage habe sich „in Luft aufgelöst“, sagt ein Kessler-Mitarbeiter. Die Produktion sei „zäh und langwierig“geworden. Nun liegen noch drei, vier Aufträge bei Kessler, die am Dienstag abgewickelt werden. „Die Spinde mussten geleert werden, morgen kommt niemand mehr herein“, sagte ein Angestellter des Unternehmens. Insolvenzverwalter Wolff gab am Montag das Aus bekannt, Geschäftsführer Voß habe sich laut Mitarbeitern bei der Verkündung nicht sehen lassen.
Die Stadt war Kunde bei Kessler und ließ dort ihren Stadtboten produzieren. „Nun werden wir uns nach einer neuen Druckerei umsehen müssen“, sagt Bürgermeister Bernd Müller. Die Schließung sei „absolut bitter, eine Katastrophe für die Mitarbeiter und ärgerlich für den Wirtschaftsstandort Bobingen“.
Dabei war es nicht die erste Insolvenz in Bobingen: Trevira habe ein Insolvenzverfahren durchlaufen, sei aber gestärkt aus dem Verfahren wieder herausgekommen. Auch die Druckerei Giro Com. Bühler und die Druckerei Kaltner meldeten in der Vergangenheit Insolvenz an.
Noch vorige Woche habe es laut Müller Gespräche zwischen Stadt und Kessler gegeben, dabei habe die Geschäftsführung noch signalisiert, dass der Betrieb „mindestens bis August“weitergehen würde. Um die entlassenen Mitarbeiter aufzufangen, will Müller die Wirtschaftsförderung des Landkreises bemühen. Die Kontakte hierzu seien bereits geknüpft.