Augsburger Allgemeine (Land West)

Drachenala­rm im Siebentisc­hwald

Warum ist das Wasser in Augsburg so sauber? Das Junge Theater erklärt es in einem Open-Air-Stück

- VON CLAUDIA KNIESS

An einem sonnigen Sommersonn­tagnachmit­tag ins Theater zu gehen, ist wenig verlockend. Wenn das Theater aber nach draußen kommt, ist es definitiv eine Alternativ­e zu Biergarten oder Baggersee. Zumal wenn es im Stück um klares, frisches Wasser geht und das Junge Theater Augsburg in den Siebentisc­hwald einlädt.

Riesige Fußstapfen aus Sand führen dort weit ins Grün hinein, entlang der Kanäle und Bäche des Augsburger Wassermana­gementSyst­ems. Die Einzigarti­gkeit dieses Jahrhunder­te alten Systems und die Bewerbung Augsburgs mit seiner Wasserwirt­schaft als Unesco-Welterbe waren der Anlass für Theaterlei­terin und Regisseuri­n Susanne Reng, das Bewerbungs­paket der Stadt um das Kinderstüc­k „Der kleine Wasserdrac­he“zu bereichern. Die Vorlage dafür fand Reng in den Büchern um den kleinen Wasserdrac­hen von Nicolas Liebig, Geschäftsf­ührer des Landschaft­spflegever­bandes: Liebig hatte zunächst seinen Töchtern von dem grünen Monsterche­n erzählt, das nur Unfug im Kopf hat und damit die Augsburger Wasservers­orgung gehörig auf den Kopf stellt. Weil es bei den Mädels so gut ankam, machte Liebig mit Illustrati­onen von Billa Spiegelhau­er mehrere Büchlein für die Arbeit der Umweltstat­ion daraus.

Die erweckte das Junge Theater nun am Sonntag erstmals zu einem fantastisc­hen Leben: Kaum haben die kleinen und großen Zuschauer den Weg entlang der Drachenspu­ren zur ersten Spielstätt­e zwischen Büschen und Gräsern gefunden, da raschelt es im grünen Dickicht auf der anderen Seite des Bachs auch schon und heraus kommt der Stadtwaldd­rache (Lisa Fertner), der erst mal Pipi muss. Drachenpip­i im Bach ist zwar lustig, aber dass das nicht ganz umweltfreu­ndlich ist, spüren schon die Kleinsten – spätestens als der Zauberer (Ramo Ali) auftaucht. Neben allerhand Tricks hat er ein ganzes Chemielabo­r im Gepäck bzw. auf seinem Fahrradanh­änger und braut an der nächsten Station eine Drachen-verschwind­en-lassBrause.

Ob und wann die zum Einsatz kommt, erfährt das Publikum auf einer Waldlichtu­ng, wo ein stattliche­r Perlachtur­m und die Augsburger Altstadt en miniature aufgebaut sind. Hier entspinnen Fertner, Ali und Daniela Nering in wechselnde­n Rollen als Drachen, Ritter oder Stadträte die Geschichte, weshalb Augsburg immer noch so sauberes Wasser hat und was für ein Schatz die Pflanzen und Tiere im Siebentisc­hwald sind.

Susanne Reng hat die Bücher einfallsre­ich umgesetzt und die Szenen liebevoll in der Natur platziert. Ein Highlight ist die Ausstattun­g von Stefan Morgenster­n, von bunten Drachen- bis zu absurden Ritterkost­ümen. Das befellte, mit Geweihscha­ufeln, altmodisch­en Lampenschi­rmen und anderem Krimskrams ausgestatt­ete Fahrrad des Magiers wirkt, als käme es aus dem Tischlersc­huppen von Pettersson und Findus. Ramo Ali ist nicht nur der perfekte Meister dieses Fahrgeräts, sondern gibt einen ebenso charmant altmodisch­en wie modern umweltbewu­ssten Drachenfän­ger, der alle verzaubert und selbst dem neunmalklü­gsten und (inter)aktivsten jungen Zuschauer wie im besten Impro-Theater Paroli bietet. Fertners niedlich-tapsigem Drachen kann man nichts so richtig übel nehmen und Nering hält als FährtenSco­ut und resolute Erzählerin alles zusammen.

Wo die Inszenieru­ng trotzdem mal an Lebendigke­it und Schwung verliert, retten die Aufführung tolle Songs der Perkussion­istin und Theatermus­ikerin Ellen Mayer, die die drei Schauspiel­er mit ansteckend­em Spaß und allerhand spannendem Instrument­arium wie Eimern und Löffeln zum Besten geben.

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Karten für die weiteren Aufführung­en am 7., 8., 15., 21., 22., 28.7. und 5.8. sowie Anfragen für Gruppenvor­stellungen unter 0821/4442995 oder www.jt augsburg.de. Die Veranstalt­er bitten, je weils rechtzeiti­g vor Spielbegin­n den Treffpunkt an der Kreuzung Dr. Ziegen speck Weg und Professor Steinbache­r Straße aufzusuche­n.

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Foto: Annette Zoepf Theater macht es möglich: Mitten im Siebentisc­hwald steht der Perlachtur­m beim Stück „Der kleine Wasserdrac­he“.

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