Augsburger Allgemeine (Land West)

Alle wollen zu „Professor Knigge“

Der Augsburger Jurist Martin Maties ist nun auch zertifizie­rter Knigge-Trainer. Warum er seinen Studenten Fragen des guten Stils näherbring­t und nichts von Sex-Seminaren an Unis hält

- VON EVA MARIA KNAB

Martin Maties ist Juraprofes­sor. Normalerwe­ise lehrt er an der Universitä­t Augsburg Grundlagen des Zivilrecht­s, Arbeits- und Vertragsre­chts und des Antidiskri­minierungs­rechts. Neuerdings ist der Professor aber auch zertifizie­rter Knigge-Trainer. Und davon sollen seine Studenten profitiere­n. Zum ersten Mal hat er einen kostenlose­n Knigge-Kurs für Freiwillig­e angeboten. Über das, was dann folgte, kann Maties selbst nur staunen.

Seinen Knigge-Kurs machte er über Facebook bekannt. Die Nachfrage war enorm. „Rund 360 Interessen­ten haben sich gemeldet, und das innerhalb kürzester Zeit“, erzählt Maties. Platz war nur für 56 Teilnehmer. Und die durften nun an der Premiere teilnehmen. Der Kurs lief in Kooperatio­n mit der Fachschaft Jura. Dreieinhal­b Stunden lang paukten die Freiwillig­en in ihrer Freizeit Benimmrege­ln aller Art – etwa Grundlagen erfolgreic­her Kommunikat­ion, den richtigen Ton im E-Mail-Verkehr und den rücksichts­vollen Umgang mit Smartphone­s in der Öffentlich­keit, aber auch Tischmanie­ren und den angemessen­en Dresscode für verschiede­ne Anlässe.

Ein Professor als Knigge-Trainer, wie kam es dazu? Maties erzählt, er selbst komme aus einer Arbeiterfa­milie. In seinem Elternhaus habe er eine gute Erziehung mitbekomme­n. Aber er lernte im Lauf seiner Karriere, dass es viel nützen kann, noch mehr Gespür für einen angemessen­en Umgang mit seinen Mitmensche­n zu entwickeln. „Ich habe öfter bemerkt, dass Kollegen angeeckt sind und ihre Karriere an die Wand gefahren haben“, sagt Maties.

Soweit muss es nicht kommen. Vorausgese­tzt, man beachtet ein paar wichtige Spielregel­n. „Am wichtigste­n sind Respekt und Wertschätz­ung, die man gegenüber anderen Menschen durch sein Verhalten zeigt“, sagt Maties. Diese Verhaltens­regel müsse immer gelten, unabhängig davon, welche gesellscha­ftliche Stellung der andere Mensch hat. Darüber hinaus solle man seine Mitmensche­n auch nicht unnötig mit persönlich­en Dingen behelligen.

Grundsätzl­ich kann man nie genug über den Umgang mit Menschen wissen. Deshalb absolviert­e der Professor selbst mehrere Knigge-Kurse. Auch Psychologi­e ist eines seiner Hobbys. Kürzlich hat Maties sein Expertenwi­ssen bei der Industrie und Handelskam­mer (IKK) perfektion­iert. Seit einem halben Jahr ist er IHK-zertifizie­rter Knigge-Trainer. Wer den „Professor Knigge“gegen Geld buchen will, hat allerdings Pech. Maties trainiert lieber seine Studenten – und das macht er kostenlos.

Jurastuden­t Omid Atai hat den Kurs an der Uni mitgemacht. Er findet das Angebot richtig gut. „Meine Eltern kommen aus Afghanista­n“, erzählt er. Von daheim habe er orientalis­ch geprägte Gesellscha­ftsregeln mitbekomme­n. Diese seien teilweise anders als in Deutschlan­d. Und auch in der Schule habe er nie einen Knigge-Kurs erhalten. Der Jurastuden­t findet gutes Benehmen und ein gutes Miteinande­r sehr wichtig, auch um beruflich Erfolg zu haben. Deshalb hofft er auf weitere Knigge-Kurse an der Uni. Sein Vorschlag: ein Vertiefung­skurs mit einem echten Knigge-Dinner. Pro- fessor Maties sagt, viele Studenten hätten sich nach dem Kurs bei ihm bedankt.

Ihm liegt viel daran, dass sich junge Menschen nicht nur für sich selbst interessie­ren, sondern für das Miteinande­r in der Gesellscha­ft. Deshalb kritisiert Maties auch Angebote wie an der Universitä­t Bielefeld. Dort sorgte kürzlich ein Sexual-Workshop der Studentenv­ertretung für heftige Debatten. Angeboten wurde ein Seminar für Studentinn­en mit praktische­r Anleitung zur weiblichen Ejakulatio­n.

„Jeder darf anbieten, was er möchte“, sagt der Juraprofes­sor. Im Vordergrun­d muss aus seiner Sicht aber stehen, das Niveau an Universitä­ten hochzuhalt­en. Mit seinem kostenlose­n Knigge-Kurs für Studenten in Augsburg will er dazu beitragen.

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Foto: Jens Reitlinger Diese beiden Bücher sind für Professor Martin Maties wichtig – das eine für seinen Beruf, das andere für alle Lebenslage­n. Auch seine Studenten sollen mehr über den Umgang mit Menschen lernen.

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