Augsburger Allgemeine (Land West)

Innenminis­ter lobt „seine“Polizei…

…und die Polizei lobt die Organisato­ren der Gegenkundg­ebungen. Eine Bilanz des Wochenende­s

- VON JÖRG HEINZLE

Jetzt geht alles ganz schnell. Ein halbes Jahr lang hatte sich die Augsburger Polizei auf den Großeinsat­z am AfD-Parteitags-Wochenende vorbereite­t. Nun, am Tag nach Einsatz, herrscht im Präsidium an der Gögginger Straße fast wieder Normalbetr­ieb. Berichte werden jetzt noch geschriebe­n. Und es dauert nur noch wenige Tage, bis alles abgebaut ist. Auf dem Messegelän­de wird die in einer Halle 4 eingericht­ete Gefangenen-Sammelstel­le aufgelöst. Sie wurde gar nicht benötigt, es gab am Wochenende keine einzige Festnahme.

Auch Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) dürfte erleichter­t sein, dass „seine“Polizei im Jahr der Landtagswa­hl ein gutes Bild abgegeben hat. Er lobt die Strategie der Augsburger Polizei als „ausgezeich­netes Einsatzkon­zept“. Der Innenminis­ter sagt, eine Reihe von linksextre­mistischen Gruppierun­gen habe vor dem AfD-Parteitag vor allem in den sozialen Netzwerken im Internet „massiv zu gewalttäti­gen Aktionen und Ausschreit­ungen in Augsburg aufgerufen“. Dazu kam es allerdings nicht.

Bei den kleineren Zwischenfä­llen hätten die Beamten „immer den richtigen Weg gefunden, die emotional aufgeladen­en Situatione­n zu beruhigen“. Sein Fazit: „Polizeiviz­epräsident Norbert Zink als Einsatzlei­ter und seine hoch motivierte Mannschaft haben profession­elle Arbeit geleistet.“Die Augsburger Polizei hat in ihrer Bilanz zudem die Organisato­ren der Proteste gelobt – und linksauton­omen Gruppen Respekt dafür gezollt, dass auch sie durch ihr Verhalten nicht zu einer Eskalation beigetrage­n hätten. Nach Angaben von Polizeispr­echer Siegfried Hartmann waren es rund 400 potenziell gewaltbere­ite Aktivisten, die am Samstag zu den Anti-AfDProtest­en nach Augsburg gekommen sind. Burkhard Körner, Präsident des bayerische­n Landesamts für Verfassung­sschutz, hatte im Vorfeld eine Zahl von bis zu 1000 Linksextre­misten genannt.

In dieser Szene bewertet man das Ergebnis der Proteste unterschie­dlich. Auf einer Internetse­ite heißt es: „Natürlich ist es etwas schade, dass die AfDler*innen nicht mehr in ihrer exklusiven Bundespart­eitagsfeie­rei gestört oder behindert wurden...“Die Würfe mit Eiern, Tomaten und Plastikfla­schen nach OB Kurt Gribl (CSU) werden auf derselben Seite als ein „Lichtblick“bezeichnet. Die Aktivisten halten aber auch den „Bullen“zugute, dass sie „weitestgeh­end zurückhalt­end und entspannt“gewesen seien. Für die Hilfsorgan­isationen war es am Wochenende der dritte Großeinsat­z innerhalb kurzer Zeit – nach den Sommernäch­ten und dem Modular-Festival. Die Rettungskr­äfte hätten während den Demonstrat­ionen nur drei Patienten ambulant behandeln müssen, sagt Raphael Doderer, Medienbeau­ftragter der Arbeitsgem­einschaft der Augsburger Hilfsorgan­isationen. Die zusätzlich­en Besatzunge­n von Rettungswa­gen und Notarztfah­rzeugen hatten dennoch kein ruhiges Wochenende, da etliche Notfallpat­ienten – etwa wegen Hitzekolla­ps – in der Innenstadt behandelt werden mussten.

Die Hilfsorgan­isationen – Rotes Kreuz, DLRG, Johanniter und Malteser – stellten mehrere Sanitätswa­chdienste, darunter bei den Demonstrat­ionen und der Kundgebung am Rathauspla­tz. Aufgrund der größeren Teilnehmer­zahl von bis zu 6000 Menschen sowie wegen des warmen Wetters seien kurzfristi­g zusätzlich­e ehrenamtli­che Teams zum Rathauspla­tz gerufen worden.

 ?? Foto: Wyszengrad ?? Die Polizei baute gestern ihre Computer im Messezentr­um ab.
Foto: Wyszengrad Die Polizei baute gestern ihre Computer im Messezentr­um ab.

Newspapers in German

Newspapers from Germany