Augsburger Allgemeine (Land West)
Seehofers Streit sorgte an der Basis für Unmut
So bewerten Politiker aus dm Augsburger Land das Politik-Drama von Berlin
Landkreis Augsburg/Berlin Gestern hat der Bundestagsabgeordnete Hansjörg Durz (CSU) in Berlin eine Rede gehalten. Es ging um den Haushalt, es ging um Investitionen und Förderprogramme in Höhe von zehn Milliarden Euro für die digitale Zukunft des Landes: Riesige Summen, wichtiges Anliegen und doch in diesen Tagen nur eine Randnotiz im Politikbetrieb, wie der Neusässer Abgeordnete genau weiß: „Der Fokus liegt nur auf einem Thema.“
Der Streit zwischen CSU und CSU hielt die Republik in Atem und hat sich auch in zahlreichen Nachrichten niedergeschlagen, die Durz von der Basis in den Landkreisen Augsburg und Aichach-Friedberg erhielt. Deren Tenor: Im Asylstreit mit der CDU solle die CSU in der Sache konsequent bleiben, zugleich aber den Streit beenden. Vor allem die Art des Umgangs mit der Schwesterpartei und deren Chefin habe für Unmut gesorgt, sagt Durz – auch bei ihm. „Wir Abgeordneten haben deutlich gemacht, dass der Streit beendet werden muss.“Dass dieser am Sonntagabend mit der Rücktrittsdrohung Seehofers eskalierte, habe ihn überrascht, erzählt Durz, der bei der denkwürdigen Sitzung in Berlin dabei war.
Nun sei es wichtig, den vereinbarten Masterplan Asyl umzuset- zen, sagt Durz und räumt ein: „Da gibt es noch große Schwierigleiten.“Denn dazu müssten die SPD, die Bundesländer und die europäischen Partner erst einmal mitspielen. Im- merhin, das Bündnis zwischen CDU/CSU sei gerettet, glaubt Durz: „Das hält jetzt.“
In diesem Punkt pflichtet ihm der zweite Bundestagsabgeordnete aus dem Augsburger Land, Rainer Kraft von der AfD, sogar bei. Die Berliner Koalitionäre aus CDU/CSU und SPD hätten bei Neuwahlen viel zu viel zu verlieren. Die Einigung zwischen CDU und CSU, nach der Innenminister Horst Seehofer (CSU) den Rücktritt vom Rücktritt verkündete, ist in Krafts Augen eine „Polit-Show“, die dazu dienen solle, der CSU eine gute Nachricht für den Landtagswahlkampf zu liefern. Doch seine ursprünglichen Forderungen, mit denen die AfD ja sympathisiere, habe Seehofer nicht durchbekommen. Kraft: „Er hat nahezu nichts erreicht.“Und noch eins ist für den AfD-Abgeordneten klar: „Uns hat der Streit sehr geholfen.“
Das glaubt auch ein Politiker, der sein Wirkungsfeld vornehmlich im Landkreis Augsburg hat. Der Chef der schwäbischen Freien Wähler, Markus Brem, bezeichnet die Ereignisse in Berlin als „Förderprogramm für Politikverdrossenheit“. Die CSU, so Brems Verdacht, habe neben der Fußball-Weltmeisterschaft und dem AfD-Parteitag weiter wahrnehmbar bleiben wollen und deshalb den Streit eskalieren lassen. Dabei ist der Streitpunkt, bei dem es laut CSU-Mann Durz um rund 4000 Menschen im Jahr geht, in Brems Augen nicht so wichtig. Es gebe bedeutendere Aufgaben wie zum Beispiel die medizinische Versorgung. Und dass CSU im Asylstreit die Menschen, die im Mittelmeer ertrinken, offenbar gar nicht mehr erwähne, findet Brem nur noch „unerträglich“.
Hält die Angst vor Neuwahlen das Bündnis zusammen?