Augsburger Allgemeine (Land West)
Im Dreck wühlen lohnt sich
Unsere Autorin erzählt, wie sie es als blutige Anfängerin geschafft hat, ihr eigenes Biogemüse großzuziehen
Ob ich einen grünen Daumen habe? Früher hätte ich diese Frage auf jeden Fall mit Nein beantwortet; bei mir sind sogar Kakteen eingegangen. Heutzutage grünt und wächst es auf fast 100 m². Ich habe „Urban Gardening“für mich entdeckt.
Die Plastikflut nimmt in Supermärkten leider immer mehr überhand, vor allem auch bei Obst und Gemüse. Dazu kommt, dass sehr viele Produkte weder regional noch saisonal angeboten werden – Erdbeeren im Winter oder Tomaten aus Spanien sind da nur zwei Beispiele. Da keimte in mir der Wunsch auf, mein eigenes Gemüse produzieren zu wollen, ganz ohne Plastikmüll oder Pestizide. Gesagt, getan. Ich pachtete 90 m² Ackerland in Augsburgs näherem Umfeld und los ging es. Völlig ohne praktische Vorkenntnisse, nur mit angelesenem Wissen aus dem Internet startete ich Mitte Mai etwas verspätet in die Gartensaison.
Am Anfang kam mir die Größe des Gartens ungeheuer vor, doch nach und nach füllte sich alles und zu meinen (Anfänger-)Glück wächst tatsächlich alles so, wie ich es mir vorgestellt habe. Natürlich ist es vor allem am Anfang ein bisschen Arbeit, bis die Parzelle in kleinere Areale unterteilt und der Boden vorbereitet ist. Doch die Arbeit an der frischen Luft in der Sonne ist für mich ein wahrer Segen, da ich sonst bei der Arbeit und im Studium immer nur am Schreibtisch sitze. Ich liebe es, die Erde zwischen meinen Fingern zu spüren und mal so richtig im Dreck zu wühlen. Für mich ist mein Garten zu meinem liebsten Hobby geworden, was ich am Anfang selbst nicht vermutete. Ich wollte nur Gemüse in Bioqualität und ohne Plastik und nun verbringe ich etwa fünf Stunden die Woche in meinem Garten und schaue nach dem Rechten.
Nachdem dann noch alle Pflänzchen und Samen ihren Platz gefunden haben, heißt es Abwarten. Warten darauf, dass sich endlich was tut und man sieht, dass die Mühe nicht umsonst war. Bei mir hat es sich gelohnt. Sehr sogar! Seit ein paar Wochen gibt es bei uns nur noch Salat aus eigenem Anbau, wir ertrinken in Spinat und Mangold und auch die ersten Gurken haben den Weg auf unsere Teller gefunden. Alles, was wir nicht sofort verwerten können, mache ich so haltbar, dass wir im Winter auch noch was davon haben. Spinat und Mangold werden einge- froren, Zucchini eingelegt. So kann ich gewährleisten, dass wir auch im Winter noch selbst produzierte Vitamine verfügbar haben, ohne auf Supermarkt-Gemüse zurückgreifen zu müssen, das vom anderen Ende der Welt kommt. Zudem verschwende ich ungern Lebensmittel.
Auch Gemüse, das hier nicht heimisch ist, versuche ich anzubauen. Ich liebe beispielsweise Süßkartoffeln, doch leider ist es sehr schwer, welche zu bekommen, die regional produziert wurden, Sommer wie Winter. Deshalb habe ich einen Versuch gestartet, selbst welche anzubauen. Alles, was ich dieses Jahr nicht ganz richtig oder umständlich mache, notiere ich mir, damit ich die Fehler im nächsten Jahr nicht wiederhole. Noch dazu produziere ich ganz nebenbei noch mein eigenes Saatgut, das ich im nächsten Jahr wieder verwenden kann, denn ich erlaube einigen Pflanzen jeder Sorte zu blühen und Samen auszubilden.
Zusätzlich zu meinem Garten habe ich auch noch meinen Balkon bepflanzt. Dort habe ich fünf verschiedene Tomatensorten, da ich Tomaten liebe und sie für alles mögliche verwende. Auch hier möchte ich den Überschuss verwenden, um die Versorgung im Winter zu sichern. Tomatensoße kann man prima selbst machen und heiß in Gläser abgefüllt hält sie beinahe so lange wie die gekaufte aus dem Tetrapack. So habe ich wieder Verpackung eingespart und keine Lebensmittel verschwendet.
Egal ob Balkon, eigener Garten oder gepachteter Acker, ich kann jedem nur empfehlen, sein eigenes Gemüse anzubauen. Man ist nicht nur an der frischen Luft und sieht, dass seine Arbeit Früchte trägt, sondern man weiß auch ganz genau, wo sein Gemüse herkommt.
Lea, 23 Jahre alt, ist von der Chemielaborantin zur Naturliebhaberin geworden und versucht nun ihr Le ben möglichst naturnah zu verbringen. Wenn sie nicht gerade in ihrem Garten arbeitet, engagiert sie sich ehrenamtlich beim Forum plastikfreies Augsburg und Cradle to Cradle.