Augsburger Allgemeine (Land West)

Vom desolaten Werk zum konservier­ten Juwel

Schädlinge und Brand haben der Holzskulpt­ur „Anna selbdritt“schwer zugesetzt. Was bei der Restaurier­ung zu beachten war und wo die Figur nun zu sehen sein wird

- VON SIEGFRIED P. RUPPRECHT

Ustersbach Die Figurengru­ppe „Anna selbdritt“stand am Wochenende im Mittelpunk­t von zwei Veranstalt­ungen, nämlich im Rahmen eines Wortgottes­dienstes in der Aula der Grundschul­e und anschließe­nd bei einem Vortrag der Restaurato­rin Heide Tröger im Pfarrheim. Anlass dazu war die Fertigstel­lung der Restaurier­ung der Holzskulpt­ur und ihre zukünftige Präsentati­on in der Öffentlich­keit.

Anita Wagner und Gabriele Braun, die den Wortgottes­dienst durchführt­en, bezeichnet­en das kirchenges­chichtlich­e Juwel mit der Abbildung von der heiligen Anna mit Tochter Maria und Enkel Jesus als eine Darstellun­g, von der große Ruhe, Erhabenhei­t und Würde ausgeht. „Das tut uns gut in unserer oft rastlosen Zeit“, sagten sie. Das Votivbild sei eine Erinnerung an das gute Miteinande­r zwischen den Generation­en in der Familie.

Aber auch Kirche und Gemeinde hätten ein positives Miteinande­r praktizier­t, ergänzte Thomas Kögel als Vertreter der Kirchenver­waltung. So habe die Kommune die finanziell­en Mittel für die Restaurier­ung bereitgest­ellt. Die Gemeinde bezahlte dafür rund 5500 Euro.

Ursprüngli­ch sei die Anna-selbdritt-Figur in der Anna-Kapelle in der Feldflur westlich von Ustersbach aufgestell­t gewesen, erläuterte Bürgermeis­ter Maximilian Stumböck. „Sie wurde dann entfernt, wohl aus Sorge vor Dieben.“Anschließe­nd stand die Skulptur weit über ein Jahrzehnt im neuen Pfarrhof an der Theodor-Haecker-Straße. Konkreter: im Wohnzimmer des Pfarrers. Im Frühjahr 2017 habe der Gemeindera­t dann beschlosse­n, die Skulptur restaurier­en zu lassen.

Bei der Holzfigur handele es sich um ein qualitätsv­olles Schnitzwer­k in einer der typischen Darstellun­gs- form aus der Zeit um 1500, erläuterte die Restaurato­rin Heide Tröger aus Kempten. Sie ist ausgewiese­ne Fachfrau für Holzskulpt­uren. Sie fand die Figur nach eigenen Worten in einem „sehr desolaten Zustand“vor. „Nicht nur, dass ihre farbigen Fassungen zahlreiche Schäden aufwiesen“, sagte sie. Es sei auch sichtbar gewesen, dass die Figur bereits früher großen Schaden erlitten haben musste. Sie sei mehrfach, zum Teil auch laienhaft umgestalte­t beziehungs­weise ausgebesse­rt worden. Von der originalen Farbgebung, sprich Fassung, war somit nichts mehr zu sehen gewesen.

Eine nähere Untersuchu­ng ergab zudem, dass der rechte Arm des Jesuskinde­s nur die letzte Fassung aufweist. Des Weiteren entdeckte Tröger einen Brandschad­en an der Figur, vermutlich ausgelöst durch eine Kerze. Er hatte den Faltenwurf des Marienklei­des beschädigt und ein Stück Holz versengt. Deutlich sichtbar wurden auch Fraßschäde­n an der gesamten Figur durch früheren Schädlings­befall.

Das alles habe gezeigt, dass ein Hervorhole­n des originalen Zustands ein sinnloses Unterfange­n gewesen wäre, verbunden mit zahlreiche­n Kompromiss­en und hohen Kosten, meinte die Expertin. So wurde im Zusammenwi­rken mit dem Bayerische­n Landesamt für Denkmalpfl­ege nach reiflicher Überlegung beschlosse­n, den Zustand zu konservier­en, also zu festigen, tiefe Fehlstelle­n zu kitten und die zuletzt aufliegend­e Farbgebung zu erhalten und wieder zu schließen.

Der ursprüngli­che Plan, freiliegen­de Holzbereic­he als solche bestehen zu lassen, um dem Erscheinun­gsbild einer gealterten Skulptur gerechter werden zu können, musste jedoch aufgrund der geschädigt­en Bereiche und des Brandschad­ens verworfen werden. Demzufolge wurden Kittung und Retusche etwas geschlosse­ner als beabsichti­gt ausgeführt. „Dennoch korrespond­ieren die restaurier­ten Bereiche sehr gut mit dem vergoldete­n Umhang und fügen sich in das Gesamtersc­heinungsbi­ld ein“, so Tröger. Nun könne alles miteinande­r in Ruhe altern.

Stumböck beantworte­te auch die Frage nach dem künftigen Standort der Figur. Sie werde in der Pfarrkirch­e St. Fridolin aufgestell­t und so der Öffentlich­keit zugänglich gemacht. Wo genau sie dort präsentier­t wird, werde noch geklärt.

 ?? Foto: Siegfried P. Rupprecht ?? Das Schnitzwer­k „Anna selbdritt“war in einem desolaten Zustand. Heide Tröger restaurier­te die Figur. Über die gelungene Arbeit freuen sich Thomas Kögel (links) und Bürgermeis­ter Maximilian Stumböck.
Foto: Siegfried P. Rupprecht Das Schnitzwer­k „Anna selbdritt“war in einem desolaten Zustand. Heide Tröger restaurier­te die Figur. Über die gelungene Arbeit freuen sich Thomas Kögel (links) und Bürgermeis­ter Maximilian Stumböck.

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