Augsburger Allgemeine (Land West)
Neusäß springt auf den Zug der Uniklinik auf
Augsburgs kleiner Nachbar will die Uniklinik zu seinem Vorteil nutzen. Dafür will er passende Gewerbeflächen anbieten
Als Gesundheitsstadt – so sieht Bürgermeister Richard Greiner die Zukunft für Neusäß. Wie das klappen soll:
Eine Stadt erfindet sich neu: Neusäß sieht seine Zukunft als Gesundheitsstandort – so zumindest kann sich das Bürgermeister Richard Greiner vorstellen. Forschungsund Diagnoselabors, Büros, aber auch weitere niedergelassene Ärzte oder Dienstleister aus dem Gesundheitsbereich – all diese könnten sich im Umfeld der Uniklinik in der Stadt ansiedeln. Das hat Richard Greiner im Gespräch mit der Augsburger Allgemeinen erläutert. Ein möglicher Standort für dieses Vorhaben: das zentrale Gewerbegebiet Neusäß-Mitte. Und Greiner geht noch weiter: Reha, Freizeit und Erholung – auch dafür könnte Neusäß in Zukunft noch viel stärker stehen, sagt er mit Blick auf die hohe Anzahl von Physiotherapeuten in der Stadt. Eine wichtige Rolle könnte dabei auch die vielen Sport- und Fitnessstudios der Stadt, der Erholungswert des Schmuttertals und vor allem das Titania spielen. Hier könnten sich die Patienten der Uniklinik oder auch anderer Kliniken in der Region zwischen zwei Klinikaufenthalten oder im Anschluss erholen. Praktisch dabei: Beim Titania befinden sich im Flächennutzungsplan bereits ausgewiesene Sondernutzungsflächen für eine mögliche Erweiterung.
Einen ersten Hinweis, wie das „neue“Neusäß auch Wirklichkeit werden kann, soll der Zwischenbericht des Büros Cima Beratung und Management am heutigen Donnerstagabend im Planungs- und Umweltausschuss geben. Die Stadträte hatten das Büro beauftragt, ein Entwicklungskonzept für die Gewerbeflächen in der Stadt anzufertigen. Nun könnte der Auftrag dahin ausgeweitet werden, dass speziell der mögliche Bedarf im Gesundheitsbereich und das, was Neusäß anbieten könnte, untersucht wird. Immerhin spricht ein Gutachten davon, dass im Umfeld der neuen Uniklinik mehr als 6000 hochwertige Arbeitsplätze entstehen könnten.
Gewerbegebiete sind in der Stadt, die aus acht ehemals eigenständigen Gemeinden besteht, ungleich verteilt. Das weitaus größte Gewerbegebiet, Neusäß-Mitte, liegt ausgerechnet ganz zentral im Ortskern. Dort hatten sich im Laufe der vergangenen Monate immer wieder Gewerbetreibende zu Wort gemel- und deutlich gemacht, dass das Gewerbegebiet nicht mehr einem modernen Standard entspreche. Einer von ihnen ist Geschäftsführer Edwin Ferhadbegovic. Er hat bereits angekündigt, dass sein Unternehmen, RS Anlagenbau, mittelfristig das Zentrum von Neusäß verlassen werde. Eines der großen Probleme dort sei die verkehrliche Anbindung: Die Straßen sind für große Transporter einfach zu eng und zu klein. Platz für eine Vergrößerung der Firmen gibt es ohnehin kaum noch.
Während Ferhadbegovic und anderen Grundstückseigentümern vor allem eine Nutzung für Wohngebäude an dieser Stelle vorschwebt, hat sein Nachbar und Immobilienfachmann Maurizio Siniscalchi bereits vor Monaten angesprochen, was jetzt auch Bürgermeister Richard Greiner vorschwebt: Büros und Labors aus dem Medizinbereich könnten sich als Dienstleistungsbetriebe leicht mit einer Wohnbebauung vereinbaren lassen. Der Vorteil für den Immobilienfachmann: Beide Nutzungen stören sich gegenseitig nicht.
Inzwischen holt der Geschäftssinn der Neusässer dabei wohl die Planungen schon ein: Vor wenigen Tagen hat sich der Bauausschuss der Stadt mit dem Neubau von drei Bürogebäuden beschäftigt. Der private Investor will dafür mitten im Gedet werbegebiet Alt-Neusäß in der Gutenbergstraße auf einem Grundstück alte Hallen abreißen. Hier sei bereits mit Nutzern aus dem Gesundheitsbereich geplant, so der Bürgermeister. Gleiches gelte für ein Gebäude am Rande des Gewerbegebiets, das ab Oktober entstehen soll.
Im Zuge der Neuaufstellung des Flächennutzungsplans überlegen die Stadträte von Neusäß im Moment ohnehin, wo sie weiteren Platz für Gewerbe schaffen könnten. Gerade darüber könnte das Gutachten des Beratungsbüros Aufschluss geben. Vor allem westlich und östlich der Autobahnanschlussstelle Neusäß könnte dieser Platz zu finden sein. Und auch hierbei möchte Bürgermeister Richard Greiner neue Wege gehen: Wenn im westlichen Teil, wie angestrebt, der Kies abgebaut ist, dann soll die Abbaufläche nicht wieder umständlich und zeitaufwendig verfüllt werden. Stattdessen könnte gemeinsam mit dem Grundstückseigentümer ein „tiefergelegtes“Gewerbegebiet entstehen. So könnte ein neuer Platz für Gewerbe schneller zur Verfügung stehen.