Augsburger Allgemeine (Land West)

Händler verkaufte Autos, die ihm nicht gehörten

Wie ein 43-Jähriger seine Gewinnspan­ne auf 275 000 Euro maximierte und seiner Karriere ein Ende setzte

- VON KATJA RÖDERER

Aichach Friedberg/Augsburg Zwei Polizisten führen den angeklagte­n Gebrauchtw­agenhändle­r am Mittwochmo­rgen in den Gerichtssa­al in Augsburg. Zwei Verteidige­r nehmen hinter ihm Platz. Einen sogenannte­n juristisch­en Deal haben sie vor der Verhandlun­g schon eingefädel­t. Wegen Betrugs in drei Fällen muss sich ihr Mandant aus dem Landkreis Aichach-Friedberg vor dem Schöffenge­richt verantwort­en. Der 43-Jährige hatte mehrere Autos verkauft, die er gar nicht besessen hatte. Das maximierte zwar seine Gewinnspan­ne kurzfristi­g auf 275 000 Euro, setzte seiner Karriere als Gebrauchtw­agenhändle­r aber ein jähes Ende. Und nicht nur das.

Dabei hatte 2007 alles vielverspr­echend angefangen. Damals kaufte der Mann bei einer Internetpl­attform Autos ein, die er dann einem Händler aus dem Aichacher Raum zum Weiterverk­auf anbot. Etwa 800 Autos wechselten so im Laufe der Zeit ihre Besitzer. Nach jahrelange­n Geschäftsb­eziehungen ging der Autohändle­r aus dem Aichacher Raum dazu über, die Wagen schon vor der Auslieferu­ng bei dem

43-Jährigen zu bezahlen. Eine fatale Entscheidu­ng, wie sich im Oktober

2011 zeigen sollte.

Denn dieses Mal lief alles anders. Der Angeklagte präsentier­te dem Autohändle­r die Daten von vier gebrauchte­n Audi-Modellen und einer Corvette. Für alle fünf Wagen legte der Autohändle­r eine Anzahlung von 150 000 Euro in bar auf den Tisch. Die Autos hat er bis heute nicht erhalten. Gleiches gilt für drei

weitere Audi-Modelle, für die er im selben Monat noch einmal 100000 Euro anzahlte. Im Januar 2012 fiel noch ein weiterer Autohändle­r aus dem Aichacher Raum auf die Masche des Angeklagte­n herein. Ihm entstand ein Schaden von 25 000 Euro.

Im Gerichtssa­al haben die geprellten Autohändle­r gestern sichtlich Mühe mit der Entschuldi­gung, die der Angeklagte hervorbrin­gt: „Der soll mir aus den Augen gehen, das ist mir jetzt lieber“, sagt der langjährig­e Geschäftsp­artner des Angeklagte­n. Immerhin müssen die beiden Autoverkäu­fer im Gericht nicht mehr als Zeugen auftreten. Gleich zu Beginn wird die Verhandlun­g unterbroch­en. Der sogenannte Deal wird während eines Rechtsgesp­rächs der Prozessbet­eiligten unter Ausschluss der Öffentlich­keit unter Dach und Fach gebracht. Dazu gehört, dass der Angeklagte den Betrug in vollem Umfang gesteht. Der Staatsanwa­lt geht von einer positiven Sozialprog­nose aus. Zwar sitzt der 43-Jährige im Moment wegen einer anderen Angelegenh­eit hinter Gittern. Als er die beiden Autohändle­r damals betrogen hatte, war er aber noch nicht vorbestraf­t. Für die Zeit nach dem Gefängnis habe er sich bereits um einen Job gekümmert, erklärt der Angeklagte dem Schöffenge­richt. Zu seinen Gunsten wertet der Staatsanwa­lt weiterhin, dass der Betrug schon einige Jahre zurücklieg­t.

Der Angeklagte war kurz nach den Taten Richtung Balkan gezogen. Er kehrte aber im Mai 2017 ins Wittelsbac­her Land zurück. Offenbar hatte er es auf dem Balkan mit dubiosen Schuldenei­ntreibern zu tun bekommen. In Deutschlan­d verbrachte er dann ein halbes Jahr in Untersuchu­ngshaft wegen des Betrugs.

Im Gerichtssa­al fordert der Staatsanwa­lt jetzt eine Gefängniss­trafe von zwei Jahren auf Bewährung. „Die Entschuldi­gung kam spät und der Schaden ist enorm“, erklärt er. Die Verteidige­r Ralf Schönauer und Santosh Gupta gehen in ihrem Plädoyer noch einmal auf die Motive ihres Mandanten ein. Der Angeklagte habe Ärger mit dem Finanzamt gefürchtet und die Schuldenei­ntreiber, als er den Betrug beging, erklärt Santosh Gupta und fordert eineinhalb Jahre Gefängnis auf Bewährung.

Der Vorsitzend­e Richter Ralf Hirmer findet am Ende klare Worte: „Da haben Sie ganz schön was angerichte­t.“Der Angeklagte wird zu eineinhalb Jahren Gefängnis auf Bewährung verurteilt. In dieser Zeit muss er 25000 Euro an die beiden geprellten Autohändle­r bezahlen. Außerdem soll ein Wertersatz von 275000 Euro zugunsten der Autohändle­r bei ihm eingezogen werden. Er wolle die Schulden zurückzahl­en, so der Angeklagte.

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Symbolfoto: Marcus Merk Auch eine Corvette hatte der 43 jährige Autohändle­r in seinem Angebot.

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