Augsburger Allgemeine (Land West)

„Das Haus ist der Star“

Kleinkunst, Theater, Tanz und Musik: 180 Veranstalt­ungen sind in der nächsten Spielzeit zu sehen. Und nicht nur die Zuschauer kommen auch wegen der prächtigen Architektu­r des Kurhauses in Göggingen

- Und dann kommen sicher auch viele wegen des besonderen architekto­nischen Erlebnisse­s, das sich im Parktheate­r bietet. Interview: Birgit Müller-Bardorff

Herr Weippert, ab Montag beginnt der Vorverkauf für die nächste Saison des Parktheate­rs. 180 Veranstalt­ungen gibt es. Was war Ihr Anspruch bei der Auswahl?

Stefan Weippert: Mein Anspruch war es, den Geschmack des Publikums zu treffen, dass sich die Zuschauer in dem Programm wiederfind­en und dass es inhaltlich abwechslun­gsreich gestaltet ist. Wir haben also wieder Theater, Kabarett und Kleinkunst, viele musikalisc­he Veranstalt­ungen unterschie­dlicher Art, ebenso Tanz und Multivisio­nsShows. Gleichzeit­ig habe ich aber den Anspruch, dass künstleris­che Qualität vorhanden ist. Ich will hinter jeder Veranstalt­ung stehen, die bei uns zu sehen ist. Aber wir sind ganz klar ein Unterhaltu­ngstheater, das dem Publikum auch ein Wohlfühler­lebnis bieten möchte. Damit grenzen wir uns zum Stadttheat­er ab.

Wie sieht es mit der Konkurrenz zu den Stadthalle­n im Umland aus?

Weippert: Die Konkurrenz ist natürlich da, sie belebt aber auch das Geschäft. Denn jede Veranstalt­ung in einem Theatersaa­l, immer vorausgese­tzt sie ist gelungen, ist Werbung für das Theater an sich. Insofern spricht auch nichts dagegen, wenn ein Stück zweimal in der Umgebung gespielt wird, weil sich durch Mundpropag­anda oder Kritiken in Medien herumgespr­ochen hat, dass es sehenswert ist. Die Stadt und das Umland sind dafür groß genug als Einzugsber­eich. Aber es ist wichtig, dass die Leiter der Häuser offen miteinande­r kommunizie­ren, manchmal sprechen wir uns sogar ab, was wir zeigen.

Was ist denn die große Herausford­erung, für ein Haus wie das Parktheate­r ein Programm zu gestalten?

Weippert: Die enorme Anzahl von Veranstalt­ungen auf einem hohen Niveau. Bei 50 bis 60 Veranstalt­ungen ist die Terminieru­ng kein Problem, da ist die Auswahl auf dem Veranstalt­ungs- und Tourneethe­atermarkt groß genug. Aber 180 Veranstalt­ungen sind sehr viel, da kann man nicht jedes Jahr alles neu machen. Diese schiere Masse ist wirklich eine Herausford­erung. Täuscht es oder zielen Sie mit Ihrer Programmge­staltung eher auf das Publikum 50+? Weippert: Es macht für uns wenig Sinn, einem jüngeren Publikum „hinterherz­ulaufen“. Es wird nicht zu uns kommen, weil Jugendlich­e und junge Erwachsene in der Familienph­ase andere Formate suchen und oft nicht das Geld und die Muße haben. Deshalb richten wir darauf nicht unseren Fokus, haben aber gerade im Kleinkunst-Bereich einzelne Termine, die sicher auch diese Zielgruppe ansprechen. Aber es ist uns wichtig, Veranstalt­ungen für Kinder zu bieten, um sie an das Live-Erlebnis Theater heranzufüh­ren und ihnen auch die Schönheit unseres Hauses zu zeigen. Vielleicht kommen sie so später wieder. Der Großteil unseres Programms richtet sich an Zuschauer, die die Familienph­ase weitestgeh­end abgeschlos­sen haben, die wieder mehr Zeit für sich haben und auch die finanziell­en Möglichkei­ten.

Es ist jetzt das zweite Programm, das Sie zusammenge­stellt haben. Welche Akzente haben Sie gegenüber Ihrem Vorgänger neu gesetzt?

Weippert: Das Parktheate­r gibt es ja seit über 20 Jahren und es macht keinen Sinn, alles auf den Kopf zu stellen und das Rad neu zu erfinden. Deshalb habe ich mir alles genau angesehen, wie das Haus funktionie­rt, welche Stücke gut ankommen, was man verändern kann. Nach wie vor sehe ich mir fast jede Veranstalt­ung an. So bekommt man ein Gefühl dafür, was geht. Ich habe versucht, die Veranstalt­ungen herauszufi­ltern, die gut ankommen und gleichzeit­ig einen künstleris­chen Anspruch erfüllen. Diese lassen wir natürlich weiden terlaufen. Ebenso die Formate, die sich als Marke etabliert haben. Dazu zähle ich die „Nacht der Clowns“, die „Nacht der Stimmen“oder das Salsa-Festival. Deshalb habe ich mich auch sehr gefreut, dass wir das Django-Reinhardt-Festival in Eigenregie weiterführ­en, nachdem der bisherige Veranstalt­er nicht mehr zur Verfügung stand. Aber es gibt auch Neues. Im nächsten Jahr haben wir zum Beispiel eine witzige Science-Show mit Konrad Stöckel, der Physik sehr anschaulic­h erklärt.

Haben Sie festgestel­lt, dass im Parktheate­r bestimmte Veranstalt­ungen gar nicht funktionie­ren?

Weippert: Ja, Kammerkonz­erte haben sich als sehr schwierig erwiesen – aber dafür ein Publikum zu finden, ist insgesamt schwer, weil es eine hohe Aufmerksam­keit erfordert. Auch klassische Schauspiel­stücke sind nicht gefragt. Das finde ich nicht schlimm, denn dieses Publikum ist ja im Stadttheat­er beheimatet. Bei uns ist es eher so, dass man sich auf bekannte Schauspiel­ernamen fokussiert und sich sagt: „Den möchte ich jetzt einmal live erleben“. Die Zuschauer kommen also weniger wegen des Stücks, sondern wegen der bekannten Darsteller wie Tom Gerhard, Ingolf Lück oder Herbert Herrmann. Unser Publikum hat eine andere Herangehen­sweise an das Theater. Weippert: Das ist natürlich eine sehr glückliche Situation. Denn es ist wirklich so, dass man viele Künstler auch woanders sehen kann, aber nicht in diesem außergewöh­nlichen Theaterrau­m. Bei uns ist tatsächlic­h auch das Haus der Star. Aber das Parktheate­r hat nicht nur auf die Zuschauer, sondern auch auf die Künstler eine fulminante Wirkung. Es gibt tatsächlic­h Künstler, die in größeren Hallen auftreten könnten, aber zu uns kommen, weil sie das Ambiente so inspiriere­nd finden. Götz Alsmann hat uns nach seinem Auftritt im vergangene­n Jahr geschriebe­n, dass sein Konzert im Parktheate­r so unglaublic­h war, dass er und seine Band einen Tag später in München besonders beseelt und begeistert gespielt haben.

OInformati­onen sowie Tickets (ab Montag, 9. Juli) unter www.parkthea ter.de oder Tel. 0821/9062222.

● Stefan Weippert, 53, ist seit

2016 Geschäftsf­ührer des Park theaters. Zuvor leitete er 14 Jahre das Kulturhaus in Lüdenschei­d. Weip pert studierte Musik (Kontrabass) und Betriebswi­rtschaft.

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Ein Theater mit besonderer Atmosphäre ist das Parktheate­r im Kurhaus Göggingen. Das Gebäude von Jean Keller, erbaut 1886, gilt als architekto­nisches Juwel.
Foto: Ulrich Wagner Ein Theater mit besonderer Atmosphäre ist das Parktheate­r im Kurhaus Göggingen. Das Gebäude von Jean Keller, erbaut 1886, gilt als architekto­nisches Juwel.
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Stefan Weippert

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