Augsburger Allgemeine (Land West)
Große Koalition einigt sich auf Asylpaket
Verfahren sollen schneller werden. Doch eine große Hürde bleibt
Berlin Es ist das Ende eines nervenzehrenden Asylstreits: Die Große Koalition hat sich am Donnerstagabend in Berlin auf ein Paket gegen illegale Migration geeinigt. Darauf hatte vor allem CSU-Chef und Innenminister Horst Seehofer gedrungen. Allerdings sollen an der Grenze zu Österreich deutlich weniger Migranten zurückgewiesen werden als von Seehofer ursprünglich geplant. Zudem setzte die SPD durch, dass noch in diesem Jahr ein Einwanderungsgesetz auf den Weg gebracht werden soll, das den Zuzug von ausländischen Arbeitskräften regelt.
Seehofer, der noch am Sonntag im unionsinternen Streit mit Rücktritt gedroht hatte, zeigte sich dennoch zufrieden: „Das ist alles von A bis Z so, wie man sich das als zuständiger Minister wünscht.“SPD-Chefin Andrea Nahles betonte: „Es wird keine nationalen Alleingänge geben.“Vizekanzler Olaf Scholz sagte, die SPD hoffe, dass das vorgezogene „Sommertheater“nun beendet sei.
Seehofer erreichte, dass Migranten, die in einem anderen EU-Staat einen Asylantrag gestellt haben, an der Grenze zu Österreich zurückgewiesen werden können. Die dazu nötigen Vereinbarungen mit anderen EU-Staaten müssen aber erst noch ausgehandelt werden, was vor allem im Falle Italiens schwierig werden dürfte. Die Bundespolizei soll bereits bestehende Einrichtungen an der Grenze für die Zurückweisungen nutzen. Von ursprünglich geplanten „Transitzentren“ist in dem Kompromisspapier aus Rücksicht auf die SPD nicht die Rede. Seehofer sprach stattdessen von „Transferzentren“, in dem Papier ist von „Transitverfahren“die Rede. Dort heißt es außerdem: „Die Bundespolizei nutzt für das Transitverfahren ihre bestehenden Einrichtungen in unmittelbarer Grenznähe, sofern die Personen nicht unmittelbar in die bestehende Unterbringungsmöglichkeit im Transitbereich des Flughafens München gebracht werden und von dort aus in den Erstaufnahmestaat zurückkehren können.“Für Familien werde es gesonderte Räume in den Unterkünften geben. Das Verfahren soll nur an der deutsch-österreichischen Grenze zum Einsatz kommen – damit es funktioniert, müssen bilaterale Abkommen vor allem mit Italien und Griechenland ausgehandelt werden, von wo die meisten Migranten kommen, die bereits Asyl beantragt haben. Beide Länder müssten sich einverstanden erklären, die Menschen auch zurückzunehmen. Bisher gibt es lediglich rund 150 Fälle im Monat in Bayern, auf die das Verfahren angewendet werden könnte.
Auf die Frage, ob sich der ganze Streit deswegen gelohnt habe, sagte
Keine Transitzentren mehr, sondern Transferzentren
Seehofer am Donnerstagabend: An der Grenze werde nun der Rechtsstaat durchgesetzt. „Da kommt’s nicht auf die Masse an.“Es soll zudem schneller geklärt werden, welches EU-Land für einen Asylbewerber zuständig ist. Außerdem sollen durch mehr Schleierfahndungen und „sonstige intelligente grenzpolizeiliche Handlungsansätze“deutlich mehr Migranten „grenznah erfasst und umgehend in die Ankerzentren gebracht werden“, die schon in einem anderen EU-Land registriert sind.
Weder Österreichs Kanzler Sebastian Kurz, den Seehofer am Donnerstag traf, noch Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán, der Kanzlerin Angela Merkel (CDU) besuchte, ließen sich zu Zugeständnissen bewegen bei der Rücknahme von Asylbewerbern, die an der deutsch-österreichischen Grenze zurückgewiesen werden sollen.
Wie unterschiedlich Seehofer und Merkel in der Asylpolitik vorgehen, erklärt Margit Hufnagel im Leitarti kel. Mehr zu Orbáns Besuch in Berlin und zu Seehofers Besuch in Wien erfahren Sie in der Politik.