Augsburger Allgemeine (Land West)

Vorhang auf unter freiem Himmel

Seit über 30 Jahren gibt es das griechisch­e Theater in Heretsried. Was ist die besondere Faszinatio­n dabei?

- VON TOBIAS KARRER

Heretsried Um die Akustik in seinem griechisch­en Theater zu präsentier­en, stellt sich Sebastian Bernhard in die Mitte der Bühne und rezitiert einen Max Raabe Song. Seine Stimme klingt laut und deutlich bis hoch auf die oberste Stufe des Theaters. „Nachts klingt es noch besser“, sagt Bernhard. Anschließe­nd demonstrie­rt er noch, wie klar und deutlich die eigene Stimme von den Rängen schallt, wenn man etwa in der Mitte des Halbkreise­s steht. Das griechisch­e Theater im Garten in Heretsried ist ein Traum, den sich Marlies und Sebastian Bernhard Mitte der 80er Jahre erfüllt haben.

Die tolle Akustik im Freiluftth­eater ist für Sebastian Bernhard einer der Vorteile der Freiluftbü­hne. Für Marlies Bernhard macht den Reiz eines Freiluftth­eaters „die Symbiose zwischen der Natur und dem, was auf der Bühne gespielt wird“aus. Oft vermische sich die Musik mit dem Gezwitsche­r der Vögel, erklärt sie. Einmal sei während einer Aufführung von Shakespear­es „Der Sturm“tatsächlic­h ein Gewitter aufgezogen, es habe aber nur kurz geregnet und die Zuschauer hätten tapfer ausgeharrt. Das Gewitter habe zur Stimmung im Stück beigetrage­n, erzählt Marlies Bernhard.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist für beide Theaterbes­itzer: „Auf unserer Bühne ist man hautnah dabei.“Es komme oft zur Interaktio­n zwischen Künstlern und Publikum. „Viele Kabarettis­ten spielen gerne mit dem Publikum“, verdeutlic­ht Sebastian Bernhard. Einige Künstler hätten ihnen gesagt, dass das Publikum auf anderen Bühnen nur eine schwarze Masse sei. Nicht so auf der Freilichtb­ühne.

Seit über 30 Jahren betreibt das Paar aus Heretsried die griechisch­e Theaterbüh­ne im eigenen Garten. Mittlerwei­le haben sie also viel Er- Am Tag des Gespräches mit dem Reporter steht Sebastian Bernhard im Garten. Um seine Bühne richtig präsentier­en zu können hat er vor dem Termin extra die Rückwand aufgebaut. Mit einem Blick in den Himmel betont er: „Heute sieht es nach Gewitter aus.“Oft seien sie bis 18 Uhr am Zweifeln: In den Holzwinkel­saal in Welden umziehen oder doch unter freiem Himmel spielen, erklärt Bernhard.

Alles in allem „ist das Wetter die größte Belastung“, sagt Marlies Bernhard. Es sei „sehr stressig“den ganzen Tag die Vorhersage­n zu verfolgen und zu bangen, ob das Wetter hält. Auch das Umziehen in den Holzwinkel­saal sei ein Kraftakt, betonen beide. Alle Getränke, das vorfahrung. bereitete Essen – meist gibt es Gyros – und natürlich die Bühnentech­nik in den Saal zu schaffen sei anstrengen­d, obwohl der nur etwa sieben Kilometer entfernt ist.

„Wenn wir uns entschiede­n haben, dann veröffentl­ichen wir das im Internet“, erklärt Marlies Bernhard das Vorgehen. Außerdem müsse einer ihrer Helfer am Telefon sitzen und die Fragen der Gäste beantworte­n. Ohne die etwa 30 Helfer, die den Bernhards regelmäßig zur Hand gehen, wäre das griechisch­e Theater in Heretsried kaum möglich. Bei jeder Vorstellun­g helfen außerdem sechs Mann von der freiwillig­en Feuerwehr. „Wir erwarten 280 Gäste, also mindestens 140 Autos. Die haben in unserer Straße keinen Platz“, sagt Sebastian Bernhard. Die Feuerwehrl­er verteilen die Autos der Gäste dann über den ganzen Ort, den Sportplatz und die umliegende­n Feldwege.

Die Bernhards sind sichtlich zufrieden, dass die Vorstellun­gen mittlerwei­le regelmäßig ausverkauf­t sind. Auch in diesem Jahr ist der Andrang wieder groß: Schon seit einigen Wochen ist das „Wunschkonz­ert“des Kabarettis­ten Lars Reichow und der Auftritt des Münchner Sommerthea­ters ausverkauf­t. Beide Veranstalt­ungen sind Teil des Kult(o)ursommers im Holzwinkel. Und all das, obwohl Marlies Bernhard betont: „Wir hatten ursprüngli­ch nicht vor, eine so große Bühne zu eröffnen.“Das griechisch­e Theater in Heretsried habe sich einfach so entwickelt.

Familiär geht es bei den Veranstalt­ungen trotzdem zu. Viele Besucher, aber auch Künstler kämen immer wieder gerne nach Heretsried, sagen die Theaterbes­itzer. Das sei genau in ihrem Sinn, sagt Sebastian Bernhard: „Wir wollten schon immer ein Fest unter freiem Himmel, mit einem hochwertig­en kulturelle­n Angebot.“

 ?? Archivfoto: Simone Kuchenbaur ?? Das griechisch­e Theater in Heretsried bietet eine tolle Kulisse für vielfältig­e Veran staltungen.
Archivfoto: Simone Kuchenbaur Das griechisch­e Theater in Heretsried bietet eine tolle Kulisse für vielfältig­e Veran staltungen.

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