Augsburger Allgemeine (Land West)
„Schlagbäume würden Firmen schaden“
Der frühere bayerische Wirtschaftsminister Otto Wiesheu sieht Grenzkontrollen in altem Stil kritisch. Warum er fordert, dass junge Flüchtlinge eine Berufsausbildung beenden können
Herr Wiesheu, Sie waren lange Jahre Wirtschafts- und Verkehrsminister in Bayern und sind jetzt Präsident des Wirtschaftsbeirats der Union. Können Sie sich vorstellen, dass es in Europa wieder Grenzkontrollen gibt?
Wiesheu: Ein Grenzregime wie in früheren Jahren mit Schlagbäumen und Passkontrollen an allen Übergängen wäre ein massiver Eingriff in den gesamten Verkehrsablauf. Das würde unseren Bürgern, Unternehmen und der Wirtschaft in Europa schaden. Aber solche Kontrollen sind von niemandem beabsichtigt. Es geht um stichprobenartige Kontrollen im fließenden Verkehr, um unberechtigt Einreisende festzustellen. Das passiert ja bereits jetzt. Damit kommen die Unternehmen im Wesentlichen zurecht. Weitaus ärgerlicher sind Blockabfertigungen wie jetzt vor dem Grenzübergang Kufstein. Das ist ein Riesenproblem. Wiesheu: Was die Österreicher da angedroht haben, ist nicht zu verstehen. Das Problem, dass Flüchtlinge aus Deutschland nach Österreich wollen, gibt es bisher nicht. Es will ja keiner raus aus Deutschland. Wiesheu: Das ist richtig. Der Brenner ist für den Warentransport von und nach Italien von zentraler Bedeutung. Aber auch hier kommt es da- rauf an, wie kontrolliert wird. Ein vernünftiges Grenzregime nach den Schengen-Regeln ist möglich. Die Österreicher sagen, sie wollen das, aber sie machen zu wenig. Das ist nicht in Ordnung.
Was könnte ein vernünftiges Grenzregime, wie Sie es nennen, bewirken?
Wiesheu: Zunächst ist festzustellen, dass der Missbrauch des Asylrechts in den vergangenen Jahren bereits massiv reduziert wurde. Die Maßnahmen, die da ergriffen wurden, haben Wirkung gezeigt. Strengere Kontrollen hätten einen zusätzlichen Effekt. Es gäbe sofort eine Signalwir- kung, damit an den EU-Außengrenzen mehr passiert. Das ist ja auch die Absicht. Die Staaten im Süden Europas müssen zu einem strengeren Grenzregime bereit sein und alle müssen kooperieren. Ohne Kooperation in Europa geht es nicht.
Aus der Sitzung des CSU-Vorstands vom Sonntag vergangener Woche hieß es, Sie hätten zu den Kritikern des Kurses von Horst Seehofer gehört. Stimmt das? Was haben Sie gesagt?
Wiesheu: Zunächst: Diese Sitzungen sind vertraulich. Aber so viel kann ich sagen: Zu den Kritikern der inhaltlichen Position Seehofers habe ich nicht gehört. Ich war nur der Meinung, dass es sinnvoll wäre, mit der CDU noch einmal in einer kleinen Verhandlungsgruppe zu reden, um eine Lösung in der strittigen Frage herbeizuführen, die CDU und CSU dann auch gemeinsam vertreten können. Letztendlich ist das dann tags darauf ja auch geschehen. Das war wichtig, weil wir uns dringend wieder mit anderen Themen beschäftigen müssen, die für unser Land von zentraler Bedeutung sind. Wenn ich sehe, was sich um uns herum in der Welt entwickelt, dann ist entscheidend, dass wir uns in der EU verständigen, um gemeinsam darauf reagieren zu können. Wiesheu: Eine funktionierende EU ist elementar für Wohlstand und Demokratie. Sie wird automatisch an Bedeutung gewinnen, weil wir ohne EU international ins Hintertreffen geraten. Zu glauben, dass nationale Alleingänge ein Ausweg wären, ist eine Illusion. Das gilt für die Digitalisierung, das gilt zunehmend für die militärische Sicherheit und für das Ost-West-Verhältnis. Eine Riesenherausforderung ist der um sich greifende Protektionismus. Für Deutschland ist die sichere, preiswerte und umweltfreundliche Energieversorgung ein wachsendes Problem. Und die mittel- und langfristige Finanzierung der sozialen Sicherung ist trotz momentan guter Finanzlage ein Zukunftsthema. Eine Verständigung in der Flüchtlingspolitik ist notwendig, damit sich Deutschland und die EU auf andere, lebenswichtige Themen konzentrieren können.
Es wird zur Zeit viel über eine Begrenzung der Zuwanderung gesprochen, aber kaum mehr über Integration. Sind Sie denn zufrieden, was die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt betrifft?
Wiesheu: In Bayern schon. Es ist meine ehrliche Überzeugung: Der Freistaat macht in dem Bereich so viel wie kein anderes Bundesland. Und in der bayerischen Wirtschaft wurden mehr Arbeits- und Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt als irgendwo sonst. Wir sind da vorbildlich. Das sollten wir ruhig mehr herausstellen. Wiesheu: Das habe ich auch schon mehrere Male gehört. Ich bin der Meinung, dass wir da mehr auf die Betriebe hören und mehr Flexibilität haben sollten. Die jungen Leute ihre Ausbildung fertig machen zu lassen, bevor sie das Land wieder verlassen müssen, ist auch eine sehr nützliche, sehr konkrete Form von Entwicklungshilfe, die nicht viel kostet. Augsburg Wenn das Geld kaum für den Lebensunterhalt reicht, dann werden ungeplante Reparaturen oder Neuanschaffungen oft zum unüberwindlichen Hindernis. Das erlebte vor kurzem auch der geschiedene Stefan K. aus dem Allgäu.
Der 53-Jährige ist seit einem Schlaganfall vor 13 Jahren zu 100 Prozent schwerbehindert und lebt von staatlicher Unterstützung. Stefan K. hat Pflegestufe drei und wird deshalb von ambulanten Kräften einer Einrichtung für betreutes Wohnen unterstützt. Besonders wichtig für seine Gesundheit ist es, dass der 53-Jährige strikt auf die Hygiene im Haushalt achtet.
Daher traf es ihn jetzt gleich doppelt, dass seine Waschmaschine streikte und sich auch nicht mehr reparieren ließ.
Die Kartei der Not springt hier kurzfristig in die Bresche und unterstützt Stefan K. bei der Anschaffung der dringend benötigten neuen Waschmaschine.
Möchten auch Sie Menschen aus der Region unterstützen? Die Spendenkonten der Kartei der Not:
● Kreissparkasse Augsburg
IBAN: DE54 7205 0101 0000 0070 70 BIC: BYLADEM1AUG
● Stadtsparkasse Augsburg
IBAN: DE97 7205 0000 0000 0020 30 BIC: AUGSDE77XXX
● Sparkasse Allgäu
IBAN: DE33 7335 0000 0000 0044 40 BIC: BYLADEM1ALGP
● Sparda Bank Augsburg
IBAN: DE42 7209 0500 0000 5555 55 BIC: GENODEF1S03
„Ohne Kooperation in Europa geht es nicht“
Aichach Friedberg/Augsburg Der Streit über ein Klassenfoto ist am Donnerstag vor dem Augsburger Verwaltungsgericht beigelegt worden. Die Eltern eines Schülers hatten geklagt, weil eine Aichacher Schule ein Klassenfoto mit ihrem Sohn in einem Jahresbericht abgedruckt hatte, obwohl die Eltern des Jungen jegliche Veröffentlichung von Bildern ihres Kindes zuvor ausdrücklich verweigert hatten.
Erlaubt hatten sie lediglich das Anfertigen eines Klassenfotos zur Erinnerung für die Mitschüler. Das Kind hätte auf dem Foto im Jahresbericht unkenntlich gemacht werden müssen, befand die dritte Kammer des Verwaltungsgerichts. Auch der Schulleiter hatte das schon festgestellt und sich schriftlich bei den Eltern entschuldigt.
Im Gerichtssaal musste er erneut zwei Sätze aus dieser Entschuldigung vorlesen, damit sie ins Protokoll aufgenommen und der Rechtsstreit beigelegt werden konnte. Außerdem wurde eine von den Eltern geforderte Einsicht in die Schulakten und in weitere Unterlagen vereinbart.