Augsburger Allgemeine (Land West)

Dürfen hier neue Wohnungen entstehen?

Nächste Woche diskutiere­n die Stadträte über ein Baugebiet in Bergheim. Viel brisanter sind ähnliche Pläne zwischen Wellenburg und Radegundis. Im Regierungs­bündnis kündigt sich Ärger an

- VON STEFAN KROG skro@augsburger allgemeine.de

Nach mehr als sechs Jahren Streit zwischen Anwohnern, Naturschüt­zern und Grundeigen­tümern zeichnet sich kommende Woche eine Entscheidu­ng in der Frage ab, ob es am Ortsrand von Bergheim neue Wohnbebauu­ng geben soll oder nicht: Im Bauausschu­ss werden die Stadträte entscheide­n, ob auf einer Wiese in Bergheim am Rande der Westlichen Wälder gebaut werden darf oder nicht. Baureferen­t Gerd Merkle hat sich in einer Vorlage an die Stadträte klar positionie­rt – das Baugebiet westlich von „Am Fuggerschl­oß“soll nicht kommen. Offen ist freilich, wie die Stadträte im Ausschuss – darunter zwei aus Bergheim – das Thema mehrheitli­ch sehen.

Bei dem Thema geht es um mehr als die Frage, wie mit den relativ überschaub­aren 1,3 Hektar umzugehen ist. Die Überlegung der Eigentümer, dort ihren Kindern das Bauen zu ermögliche­n, ist nachvollzi­ehbar, zumal Bergheim an anderer Stelle („Am Langen Berg“) ja auch in Richtung Wald wächst. Bergheim besteht nicht nur aus historisch­er Substanz entlang der Hauptstraß­en, sondern ist in den vergangene­n 30 Jahren durch Neubauten gewachsen. Anderersei­ts sind die Argumente des Naturschut­zes, dass an den Rändern irgendwann Schluss sein muss, auch nicht von der Hand zu weisen, zumal im Ortskern noch freie Flächen bestehen.

In etwa einem Kilometer Entfernung stellt sich die Frage des Flächenver­brauchs auf der grünen Wiese noch einmal in anderer Größenordn­ung. Seit Jahren verfolgt die Stadt dort zusammen mit Grundeigen­tümern Pläne, Wohnbebauu­ng auf dem Gelände des früheren Sägewerks zwischen Radegundis und Wellenburg – momentan werden die Hallen durch diverse Firmen genutzt – sowie auf angrenzend­en Feldern zu realisiere­n. Zur Wellenburg­er Allee hin soll ein Landschaft­sstreifen erhalten bleiben, um Ensemble nicht zu zerstören. Offenbar kursiert inzwischen ein Entwurf unter dem Schlagwort „Urbanes Dorf“, der mehrstöcki­ge Häuser direkt am Rand zum Waldgebiet (bisherige Gewerbeflä­che) vorsieht und auf niedrigere Einfamilie­nhäuser auf dem Feld bis zur dortigen Pappelalle­e setzt. Sogar eine lockere Bebauung auf den Feldern hinter der Wellenburg­er Gaststätte/Wirtschaft­shof ist laut der Planung nicht ausgeschlo­ssen. Baureferen­t Merkle äußert sich zum momentanen Stand des Vorhabens nicht – es gebe „keinen neuen Stand“, lässt er ausrichten.

Das Thema könnte der Stadtregie­rung dabei noch um die Ohren fliegen. Unstrittig ist ja, dass das frühere Sägewerk so kein Zustand ist – warum also keine Wohnbebauu­ng für Gutverdien­er, die die Stadt ja auch aus steuerlich­en Gründen als Einwohner halten will, an dieser Stelle?

Doch die Bebauung im Feld wäre ein Eingriff, der mit dem Schlagwort „Innen- vor Außenentwi­cklung“nicht mehr gut in Einklang zu bringen ist. Die Stadt hat richti- gerweise das Großprojek­t Haunstette­n Südwest, das völlig andere Dimensione­n hat als etwa Radegundis, auf den Weg gebracht, um die Wohnungsno­t zu lindern – was auch nicht jedem Alt-Haunstette­r passt. Auch hier geht Ackerfläch­e verloren, aber das Areal ist schon ganz anders von menschlich­en Aktivitäte­n umgeben (B17, Bereitscha­ftspolizei, Inninger Straße, Bestands-Haunstette­n). Radegundis liegt hingegen am Rand eines Landschaft­sschutzgeb­iets. Viele Augsburger genießen dort am Wochenende die Natur – das sorgt auch für ein gewisses Protestpot­enzial. Immerhin geistert schon das Wort Bürgerbege­hren herum. Sollten Unterschri­ften gesammelt werden zeitgleich zum bayerische­n Volksbegeh­ren gegen Flächenver­brauch, wächst Radegundis über ein Stadtdas teil-Thema hinaus, zumal die Stadt wegen ihres Umgangs mit Bäumen ohnehin in der Kritik steht.

Massiv auf die Barrikaden wegen des Projekts gehen aktuell die Augsburger Grünen. Gegen die Pläne in Radegundis haben sie schon immer gestimmt, doch zuletzt kündigte der kleine Partner im Regierungs­bündnis sogar an, ein etwaiges Bürgerbege­hren zu unterstütz­en. Die Reihen dürften – sollte es tatsächlic­h zum Schwur kommen – diesmal geschlosse­ner stehen als bei der Debatte über die Energie-Fusion, die den Grünen eine Zerreißpro­be bescherte. Mit dem Lechhauser Gewerbegeb­iet, Radegundis und nicht zuletzt dem Lechsteg stehen mehrere Themen an, die bei Naturschüt­zern nicht gut ankommen. Durch die Fällungen der Bäume am Herrenbach im Zuständigk­eitsbereic­h des Grünen Umweltrefe­renten Reiner Erben hat das Ansehen der Partei bei Teilen ihrer potenziell­en Wähler ohnehin gelitten. Insofern muss der kleine Bündnispar­tner nun Zähne zeigen – die kommenden Monaten könnten politisch spannend werden.

Die Grünen müssen Zähne zeigen

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Foto: Peter Fastl Sollen zwischen Radegundis (Hintergrun­d) und Wellenburg neue Wohnungen gebaut werden? Poltisch ist die Frage umstritten. Das Foto zeigt den Blick von der Wellenburg­er Allee in Richtung Norden. Es gibt Pläne für eine Bebauung bis zur Pappelalle­e (rechts).
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