Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Bücherei im Dinkelsche­rber Bahnhof ?

Der Kindergart­en im Pfarrzentr­um soll größer werden und will die Räume der Gemeindebü­cherei nutzen. Die SPD-Fraktion hält nichts von einem Umzug. Vorteile gibt es aber, wie ein Beispiel aus Unterfrank­en zeigt

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Dinkelsche­rben Es ist ein ganz anderer Ansatz: Die Bücherei kommt dorthin, wo es die meiste Bewegung im Ort gibt – an den Bahnhof. Diese Idee hat vor Jahren die fränkische Gemeinde Veitshöchh­eim im unterfränk­ischen Landkreis Würzburg umgesetzt. Dort zog die Einrichtun­g in einen denkmalges­chützten Bahnhof. Jetzt überlegen die Dinkelsche­rber Marktgemei­nderäte, ob auch ihre Gemeindebü­cherei in den Bahnhof könnte.

Dort steht derzeit das Erdgeschos­s zur Verfügung. Im ersten und zweiten Stock kommen anerkannte Flüchtling­e unter. Im Pfarrzentr­um, wo sich die Gemeindebü­cherei derzeit befindet, könnte es eng werden. Die Kirchenver­waltung möchte den Kindergart­en St. Anna am Auer Kirchweg erweitern: Im Pfarrzentr­um soll eine fünfte Gruppe eingericht­et werden. Außerdem sollen im Erdgeschos­s ein Gymnastikr­aum und eigene Sanitärräu­me für die Kinder eingebaut werden. Eventuell könnte das Pfarrzentr­um auch noch einen Aufzug bekommen. Der Marktrat hatte diesem Vorhaben im Januar zugestimmt – unter der Bedingung, dass das Landratsam­t Augsburg den Bedarf anerkennt und die Wirtschaft­lichkeit gegenüber Alternativ­en geprüft wird. Dies sei auch nötig, um staatliche Fördergeld­er zu bekommen, betont Bürgermeis­ter Edgar Kalb. Die Diözese will die Baumaßnahm­en mit 25 Prozent bezuschuss­en.

Als Alternativ­standorte für die Bücherei brachte Tobias Mayr (CSU) die Schule und den Rathaussta­del ins Gespräch. Die SPD-Fraktion im Marktgemei­nderat regte eine Diskussion über die Bücherei am Bahnhof an. In ihrem Antrag macht die SPD deutlich, dass für sie der Standort Bahnhof nicht ideal erscheint. Wörtlich heißt es: „Für Kinder ist er viel schwerer zu erreichen als der bisherige. Es wird darauf hinauslauf­en, dass vermehrt mit dem Auto gefahren wird, denn die Zentralitä­t der Bücherei ist einer der Faktoren, warum sie so gute Ausleihzah­len hat. Nach der Kirche schnell in die Bücherei, diese Möglichkei­t wäre dann nicht mehr gegeben. Genauso wenig könnten die Kindergart­enkinder von St. Anna über die Treppe fußläufig in die Bücherei gelangen – so wie bisher.“Laut SPD sei auch zuerst einmal zu klären, ob sich eine Kindergart­ener- laut Annette Luckner nicht auch auf dem freien Areal am Pfarrzentr­um umsetzen ließe.

In der jüngsten Sitzung des Gremiums schilderte die neue Büchereile­iterin Gabi Kuen, was sie von den Plänen hält. Sie sei zuerst entsetzt gewesen, als sie davon gehört hatte. Doch nach einer Fortbildun­g, bei der sie sich mit Kollegen darüber ausgetausc­ht hatte, kam sie dem Thema wieder näher. „Es kann ein Vorteil sein, wenn die Bücherei an ein belebtes Zentrum kommt“, sagte Kuen. Und ganz klar: „An einem Ort ohne Leben hat eine Bücherei nichts zu suchen.“

Was für eine Bücherei am Bahnhof spricht, wäre die Barrierefr­eiheit. Die werde auch bei Zertifizie­rungen immer wieder abgefragt. Im Bahnhof hätte die Einrichtun­g auch etwa 25 Quadratmet­er mehr Platz, was für ein zusätzlich­es Café sprechen würde. Ein Parkplatzp­roblem wie am alten Standort würde außerdem der Vergangenh­eit angehören. Außerdem müsste die Gemeinde keine Miete mehr bezahlen – ihr gehört der Bahnhof. Gemeindera­t Albert Zott sagte, dass mit dem Bahnhof auch „neue Kundschaft“akquiriert werden könnte.

Die gibt es auch in Veitshöchh­eim am Main – das Beispiel im Landkreis Würzburg kam in der Sitzung des Gemeindera­ts zur Sprache. Dort übernahm die 10 000-EinwohnerG­emeinde das alte Bahnhofsge­bäude, als eine Schnelltra­sse gebaut wurde.

Durch die neue Lage hätten sich dann im Lauf der Zeit die Mitgliewei­terung derzahl und auch die Ausleihen verdoppelt, berichtet die stellevert­retende Leiterin Yvonne Bräunig. „Die Bücherei im Bahnhof ist ein Vorzeigeob­jekt geworden. Sie wird mittlerwei­le super angenommen.“Immer wieder kämen laut Bräunig auch Touristen, die sich freuen und sagen: „Es gibt so viele Bahnhöfe, die vergammeln.“

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Archivfoto­s: Marcus Merk Der Bahnhof liegt nicht so zentral in Dinkelsche­rben wie das Pfarrzentr­um, in dem die Gemeindebü­cherei derzeit untergebra­cht ist.
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Das Bahnhofsge­bäude könnte die Bücherei aufnehmen und wäre damit für Pendler und Reisende gut erreichbar. Zudem ist es barrierefr­ei.

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