Augsburger Allgemeine (Land West)
Improvisieren? Kein Problem
Roberta Valentini bekommt in „Herz aus Gold“als Sibylla die Ältere viel Applaus. Anfangs bereitete ihr die Figur aber Schwierigkeiten
Ihre Szenen im Fugger-Musical „Herz aus Gold“gehören zu den packendsten des Abends. Wenn Roberta Valentini als Sibylla die Ältere auf der Freilichtbühne singt, steht da eine zerrissene Frau. Hingezogen zu ihrer frühen Liebe Jakob Fugger, durch Konvention und Anstand an der Erfüllung des Wunschtraums gehindert. Nein, sie kann den Mann, den sie statt Jakob Fugger geheiratet hat, nicht einfach verlassen. Nein, sie kann sich auch nach dem Tod dieses Manns nicht einfach in die Arme Jakob Fuggers werfen. Dafür macht sie ihm ein anderes Angebot: Sie gibt ihm ihre Tochter Sibylla die Jüngere zur Frau. Aber dadurch potenziert sie das Unglück, weil nun auch ihre Tochter zur Familienund Liebes-Tragödie verdammt ist – an der Seite des reichsten Manns der Welt.
Diese Entscheidung von Sibylla zu verstehen und glaubhaft auf der Bühne darzustellen, fiel Valentini anfangs gar nicht so leicht. „Ich hätte das selbst nie gemacht“, sagt die Musicalsängerin. Also musste sie sich etwas zurechtlegen, von wo anders her Emotionen anzapfen. „Jetzt ist das zu 100 Prozent Roberta.“
Für Valentini war es etwas Besonderes, als das Theater Augsburg sie gefragt hat, in der Uraufführung mitzuwirken. „Sonst gibt es ja immer schon Inszenierungen, kann man sich ein Bild von der Rolle machen“, erzählt sie. Hier in Augsburg war die Partie Neuland, gab es keine Vorbilder. Das passiere ihr nicht so oft.
Allerdings hätte es beinahe nicht mit der Premiere geklappt. Am Tag vor der Generalprobe war sie essen – und musste dann wegen einer Salmonellenvergiftung die Probe absa- gen. Eine Regie-Assistentin sprang dort für sie ein, für die Premiere fühlte sich die 36-jährige Musicalsängerin aus Nürnberg wieder fit.
Von 21 Aufführungen des Fuggermusicals haben nun bereits 16 stattgefunden. Ein paar Mal waren Valentini und ihre Kollegen zum Improvisieren gezwungen, wie sie erzählt, weil die Drehbühne nicht richtig funktionierte. Sie stand auch schon an einem Regentag auf der Bühne und hat sich da auch noch einen Schnupfen eingefangen. Aber als Profi ist sie trotz des Handicaps aufgetreten. „Ich musste technisch ein bisschen anders singen, gemerkt hat man es nicht“, sagt sie.
Überhaupt hat Valentini es gelernt, dem stimmlichen Kraftakt zu trotzen, wenn innerhalb von sieben Tagen sechs Aufführungen anstehen. Sie wissen, wann sie sich schonen müsse. „Dann rede ich einen Nachmittag nicht und schreibe nur.“Seit elf Jahren steht sie als Musicalsängerin auf der Bühne – in Augsburg tritt sie das erste Mal auf. Sie erzählt, dass sie in einem Ensemblemitglied einen guten Freund gefunden und schon einiges in der Stadt unternommen habe. Und sie schwärmt von der Freilichtbühne, diesem besonderen Flair. Neulich war es ein spektakulärer Sonnenuntergang, manchmal ist es der Wind, der die Blätter rauschen lässt, alles fühle sich dann noch lebendiger an. Hinzu kommt für ihr Wohlbefinden auf der Bühne im Fugger-Musical wahrscheinlich auch noch, dass ihre Sibylla dem Applaus nach beim Publikum gut ankommt.
Nach der Freilichtbühnen-Saison stehen bei Valentini die nächsten Auftritte an – zusammen mit Pino Barone (ihrem Entdecker und Mentor) drei Konzerte, in denen Valentini auch italienische Hits singt. Im Anschluss beginnen Proben zu „Evita“in Mannheim. Kurz nach der Premiere dort am 13. September folgen Proben in Hamburg für „Ghost“. Erst im Januar 2019 kann sie wieder ein bisschen zu Hause in Nürnberg Kraft schöpfen. Und dann kann es sein, dass man sie dort auch bedienen sieht. „Als Tochter von Gastronomen motzt man nicht rum, wenn es etwas zu tun gibt, sondern hilft einfach.“
OTermine Das Fugger Musical „Herz aus Gold“ist am heutigen Dienstag, sowie am 25., 26., 27. und zum letzten Mal am 28. Juli zu sehen. Der Beginn ist jeweils um 20.30 Uhr. Noch gibt es für alle Vorstellungen Karten.